Bier Verkostung

CRAFT BEER VERKOSTUNG: „Alle Sinne auf ON!“

Holger Hahn

Holger Hahn ist Biersommelier, Bierbotschafter, Dozent an der Deutschen Bierakademie und Candidate of the Institute ‚Masters of Beer‘. Er führt Profis und nicht-professionelle aber dafür um so leidenschaftlichere Bierfreunde durch Verkostungen und Seminare- und für Hopfenhelden hat er einmal aufgeschrieben, wie das eigentlich geht: Wie geht eine Craft Beer Verkostung? Wie funktioniert das perfekte Bier-Tasting? 

Vor dem ersten Schluck:
  • Erster Schritt: Das Bier muss ins Glas. Man selbst sollte Ruhe und Zeit haben und das Programm „Schön gemütlich und lecker Bierchen“ eingestellt haben. Alle Sinne sind im „ON-Modus“.
    Zapfen oder einschütten: die Zapfanlage muss sauber sein und der Betriebsdruck muss stimmen. Das ist die Sache der Wirte. Leider wird oft vieles falsch gemacht. Der Spruch: „der Brauer braut’s, der Wirt versaut’s“ trifft zu.
    Einschütten aus der Flasche: Das Glas sollte nur eine leichte Schräglage haben und das Bier sollte mit Schwung über den Glasrand fließen. Bier sollte beim einschütten Sauerstoff aufnehmen. Das verstärkt den Geschmack.
  • Das richtige Glas: ….muss richtig gereinigt sein, vor allem muss das Glas fettfrei sein. Am besten von Hand mit einem Glasspülmittel und dann mit klarem Wasser nachspülen. Wenn Ihr die Gläser poliert, dann mit einem richtigen Glastuch.
    Faustregel: Je schlanker das Bier, desto schlanker das Glas. (Stark-) Biere mit viel Körper verlangen nach einem breitem Glas. Ein gutes Beispiel sind die Trappistengläser.
  • Die richtige Temperatur: Ganz wichtig ist: das Bier sollte nicht zu kalt sein. 7-9 Grad Celsius ist bei vielen Bieren genau richtig.
    Faustformel: je mehr Alkohol desto mehr Temperatur. Ein schöner Eisbock darf auch mal bei 12-14 Grad verkostet werden. Erst dann sind die Aromen voll da. Im Zweifel lieber etwas wärmer als zu kalt.
Craft Beer Verkostung

Augen auf. Immer, immer, immer der erste Schritt bei der Craft Beer Verkosgtung. (Foto StP)

Jetzt gilt’s: Craft Beer Verkostung beginnt
  • Der Geschmack: Alle Sinne einsetzen! Schon die Farbe wirkt (das Auge isst mit), der Schaum sagt auch viel. Er sollte Feinporig und haltbar sein, es gibt aber Ausnahmen in den Bierstilen. Es geht um die „Sexiness im Glas“.
    Auf die Nase kommt es an. Am besten mit leicht geöffnetem Mund den Duft und die Aromen durch die Nase einziehen. Durch die Nase wieder ausatmen (aber nicht ins Glas). Deine volle Wahrnehmung ist gefragt.
    Jetzt! Der erste Schluck. Konzentriere Dich zunächst auf das Mundgefühl. Das bezeichnen wir als den Körper des Bieres. Samtig weich, vollmundig, schaumig oder moussierend ?
    Schließe die Augen und nimm den Geschmack intensiv wahr. Die Zunge nimmt an verschiedenen Bereichen unterschiedlich wahr. Vorne die Süße, hinten die Bittere an den Seiten das Saure und Salzige.
    Es gibt viel zu entdecken. Die Aromenvielfalt ist unglaublich: Gras, Zitrusfrüchte, Rauch, Harz, Holz, Honig, Südfrüchte, Kakao, frisch gebackenem Bauernbrot, Bitterschokolade, Cognac, rote Beeren, Waldfrüchte, Gewürze, Karamell, Vanille, Blumen, Melone, grüne Früchte, Mandeln, Nüsse, Trockenfrüchte u.v.m.
    Beim Geschmackstest kommt es wirklich extrem auf das Glas an. Anstellwinkel, Aromaraum, Einfließkegel und Glasrand haben großen Einfluß.
    Spür genau hin. Durch das Ausatmen werden die Aromen des Bieres noch mal besonders wahrgenommen. Wir sind jetzt beim Abgang und Nachklang des Bieres. Ein gutes Bier „bleibt“ und erzeugt ein Aha-Erlebnis und, das Wichtigste, macht Lust auf den nächsten Schluck.
craft beer verkostung

Zweiter Schritt: Die Nase. (Foto: StP)

Und dann diskutieren
  • Bierbeschreibung: Bei der Beschreibung fängt man mit der Farbe an und macht mit dem Schaum weiter. Antrunk, Mundgefühl und Abgang gehören ebenso dazu wie eine Beschreibung der Bittere. Es soll positiv und verständlich formuliert werden.
    Hier ein Beschreibungbeispiel von einem Alpirsbacher Kloster Dunkel:
    Kastanienfarben mit glanzklarer Optik und einem feinporigen, festen Schaum.
    Malzaromatische Duftnoten mit leichten Röst- und Karamellaromen und Anklänge an Nüssen und Trockenbeeren. Im Antrunk weich moussierend mit leichter Süße, an Zartbitterschokolade erinnernd, gepaart mit einem vollen Körper. Es folgt eine zurückhaltende Hopfenbittere, die in einem malzbetonten Abgang endet.
    (Ganz bewusst habe ich ein Beispiel von einem ganz normalen handwerklich hergestelltem Bier aus dem Schwarzwald gewählt, dass zeigen soll, was man alles entdecken kann, wenn man bewusst und mit Genuss verkostet.)

    Ich wünsche Euch viel Spaß beim Genusstrinken und Eurer Craft Beer Verkostung.
craft beer verkostung

Und dann zum Wesentlichsten: Genussvoll Trinken.(Foto: StP)