neues craft beer 2016

KURZ GEZWICKELT: Neues Craft Beer 2016

Nina Anika Klotz

Wenn der Brauer zwickelt, dann probiert er sein junges Bier. Wenn wir zwickeln, stellen wir in aller Kürze ein paar der neusten Craft Beer Start-Ups vor. News frisch aus dem Reifetank, so zu sagen.

 

Don’t dream it, be it.
Macht kommt von machen.
Passion never fails.
Auch der weiteste Weg beginnt mit einem ersten Schritt.
Start where you are. Use what you have. Do what you can.
Bla, bla, blubb.

Man könnte Tage, ach, Wochen damit verbringen solche Motivationssprüche zu lesen. Facebook? Voll davon! Es gibt sogar Anbieter von Postern nur mit solchen weisen Worten. Die kann man bestellen und dann sein ganzes Start-Up-Büro damit tapezieren.

(Foto: NAK)

(Foto: NAK)

Nur: Vom schlaue Sprüche lesen allein kommt gar nichts. Kein Unternehmen ist erfolgreich, weil der Chef den ganzen Tag Aphorismen auf Twitter studiert. Oder tatenlos auf ein hübsches Bild an der Wand starrt, auf dem steht: „Get. Shit. Done“.

Von „wolle, sollte, könnte“ zu „ich mach‘ jetzt“ ist es ein großer Schritt. Einer, mit dem man Zweifel, Ängste, rudelweise Schweinehunde überwinden und die kuschelig warme Comfortzone verlassen muss. Ein eigenes Unternehmen zu gründen ist so wie Aufstehen an einem kalten, dunklen Wintermorgen, wenn der Wecker klingelt. Nur viel, viel größer natürlich. Kostet Kraft. Überwindung. Ist schmerzhaft, irgendwie.

Wer es tut, dem gebührt Respekt.

(Foto: NAK)

(Foto: NAK)

Wenn wir Ende des letzten Jahres noch dachten „Craft Beer in Deutschland, das entwickelt sich, alle naselang eine neue Brauerei“, dann war das, wie wir heute sehen, noch gar nichts. Im letzten halben Jahr ist die Frequenz, in der neue Bier- und Brauereinamen auftauchten, in der neue Biere auf den Markt kamen und Gespräche mit „Hast du schon von diesen neuen Brauern da gehört“ anfingen, enorm gestiegen.

Vor allem, und alle Nicht-Berliner verdrehen zu Recht genervt die Augen, ist das in Berlin der Fall. Pirate Brewing, Two Fellas, Schneeeule, Straßenbräu, Malz und Moritz – alles Brau-Projekte, die in der letzten Zeit mal hier mal da eine Bierprobe auf den Markt geschmissen haben und auf die Craft-Beer-Watchlist 2016 gehören.

Bock macht Bock auf Bock

Auch so: „Fräulein Brauer“, die mit einem ziemlich wummsigen, untergärigen Doppelbock als ihrem „Sud Eins“ debütierten. Hinter Fräulein Brauer steckt beides, ein Fräulein und ein Brauer. Die beiden sind seit zwei Jahren ein Paar. Das Fräulein, Melanie, hat immer gemosert, dass Bier ihr irgendwie so nicht schmecke. Der Brauer, Chris, dachte sich „Der zeig ich’s“ und braute dem Fräulein zuhause besseres Bier. Das Fräulein war begeistert und die beiden leisteten sich ein teures Hobby, Bierbrauen, bis sie vor Kurzem bei Michael Schwab, dem Brewbaker, ihren ersten kommerziellen Sud brauten. Ab Januar 2016 soll daraus, so Melanie, eine schöne Regelmäßigkeit werden: „Wir wollen alle vier bis sechs Wochen ein neues Bier rausbringen, immer limitiert auf maximal sieben Hektoliter und alle beim Brewbaker gebraut.“ Deutsche Bierstile „aufgepeppt“, wie das Fräulein sagt, sollen es sein – vor allem Böcke: „Denn Bock macht Bock auf noch mehr Bock!“ In Berlin ist der letzte Sud noch in ein paar Läden zu haben.

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(Foto: NAK)

Der beißt nicht

Vom Bock zum Bully: Marco Dombek braut schon seit elf Jahren in Ingolstadt Bier. „Schwalben Bräu“ (nicht Schwabenbräu! Da wird er ganz fuchsig!) ist eine Gypsie Brewery, die klassische Bierstile braut, „neu interpretiert“, wie der Brauer sagt: „Mein Dunkles ist schwarz wie die Nacht und mein Pils kommt nicht blank filtriert in die Flasche.“ Letztes Jahr hat er ein Schwalben Bräu ein „Vintage Lager“ gebraut, ein Helles in der Euro-Flasche, bisschen Eighties-Style. Benannt hat er das nach dem damals aktiven, berüchtigten (wer kennt ihn nicht?) Vespa-Club „Bavarian Bullies Scooter Club“. Und daraus ist die Idee zu einer Submarke entstanden, der „Bavarian Bully Brewing Company“, unter der Dombek mit seinem Kollegen Matthias Schneider (Brauerei Schneider in Essing) ein IPA, Rauchweizen (Smokin‘ Wheat), fränkisches Kellerbier (Frank’n’Style), ein Rotbier (Red Bully) und einen hopfengestopften Bock (Black Bull Bock) braut. Ab Mitte Januar sollten alle wieder frisch verfügbar sein.

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(Foto: NAK)

Fünf Freunde, die was anderes trinken wollten

In Weiden in der Oberpfalz brauen sie in großer Runde: Hinter dem Craft Beer Projekt „Brauvaria“ stehen gleich fünf Jungs. Einer, Fabian, hat Brauwesen in Weihenstephan studiert, der Rest hobbybraut und trinkt gerne Bier. Und zwar lieber anderes Bier als „das, was im Supermarkt um die Ecke steht“, sagt Dennis. Weil das bei ihnen in der Gegend, zwischen Weiden und Regensburg, vielen so ginge, dachten sie sich, probieren sie das eben mal aus. Das mit dem eigenen Unternehmen. Alle fünf betreiben Brauvaria nebenberuflich, „aber gerade durch unsere Mannstärke können wir die Arbeit aktuell noch recht gut untereinander aufteilen.“ Unter den ständig wechselnden und limitierten Suden, die im Lauf der letzten Monate an den Start gingen, erwies sich der „Wuidara“ (sprich: Wuidara) als großer Knaller, weshalb ab Februar/März 2016 ein Pale Ale wie der Wuidara, hochdeutsch: Wilderer, das Standardsortiment von Brauvaria begründen soll. Der mittelständische Braupartner ist gefunden. Für die Zeit bis dahin wartet auch noch ein untergäriger Sondersud im Gärtank auf seine Freilassung zum neuen Jahr.

Das waren nur Drei. Von richtig vielen. Craft Beer ist und bleibt spannend, weil es genügend Furchtlose gibt, nicht träumen, sondern machen.  Die’s nicht nur lesen, sondern leben: Screw it – let‘s do it!

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(Foto: NAK)