Malz und Moritz

MALZ & MORITZ: Bier statt Bomben

Nina Anika Klotz

Drei Jung-Ingenieure aus Berlin-Zehlendorf haben sich nicht viel weniger vorgenommen, als das Brauen neu zu erfinden. Sie tüfteln daran, Brautechnologien zu revolutionieren – und machen dabei, quasi nebenbei, ziemlich anständiges Bier mit dem Namen „Malz und Moritz

 

Vor etwa zehn Jahren hat die Mama von Max den Jannis einmal rausgeworfen. Weil der mit ihrem Sohn nur Mist gemacht hat. Die beiden haben zusammen Bomben gebastelt! Also: Dachte sie, die Mama vom Max. „Dabei waren das doch nur Raketen“, sagt Jannis. „Und richtig geflogen sind die auch nicht“, sagt Max. Seine Mama war aber trotzdem stinksauer.

„Dann haben wir einen Beamer gebaut“, erzählt Max. Der ging auch. Nur die Bildqualität war, nun ja, optimierungsbedürftig. Also haben die beiden nur einen Film damit geschaut und ihn dann wieder  zerlegt. „Aber zumindest wusste wir seitdem, dass wie ziemlich gut zusammen basteln können“, sagt Max.

Als vor vier Jahren ihr gemeinsamer Freund Julian mit der Idee ankam, selber Bier zu brauen, wussten die beiden endlich, was sie Sinnvolles basteln könnten: Brauanlagen! Winzig kleine. Erst einmal. „Unsere erste Anlage haben wir aus einer Waschmaschine gebaut“, erzählt Julian. Ein Toploader. Musste man eigentlich gar nicht mehr viel machen, Rührwerk war quasi schon drin, Läutern ließ sich darin auch, und was raus kam schmeckte ziemlich passabel. Im weiteren Verlauf verbauten die drei einen Power Plate Hometrainer, eine chinesische Nähmaschine und Teile eines Rasterelektronenmikroskops bei der Entwicklung immer professionellerem Mikro-Brau-Equipments.

Malz und Moritz

Früher haben sie mit einer Waschmaschine gebraut. Ziemlich bald dann hiermit. (Foto: NAK)

 

Letztes Jahr beschlossen Julian von Angern, Jannis Hansen und Maximilian Fechter aus ihrem Brau-und-Bastel-Hobby etwas Richtiges zu machen. Ein eigenes Unternehmen nämlich – und Berlins neustes Craft Beer Label. Im Frühherbst 2015 gründeten sie die AFH-Brauwelttechnik GmbH, bezogen eine kleine Industriehalle ganz im Südwesten der Stadt und begannen dort mit viel Einsatz, Schweiß und Lötzinn ihre eigene Brauerei aufzubauen, die den schönen Namen „Malz & Moritz“ trägt.

Dem Ingeniör ist nichts zu schwör

Dabei haben die drei alles, wirklich, das ganze Sudhaus, selbst geplant und gebaut. Nicht irgendwie von einem Brauanlagenhersteller bestellt oder gebraucht irgendwo abgestaubt, nein. From scratch! Aber klar, wer Raken bauen kann, denn schockt auch so eine Brauanlage nicht. „Dadurch, dass wir alle schon in Ingenieursbüros gearbeitet hatten, wussten wir, wie man an solche Sachen rangeht, wie man so eine Projektanlage plant“, sagt Max, „und auch, wo man Teile und Materialien her bekommt.“ (Wobei Letzteres nicht rocket science ist: Vieles kommt von eBay.)
Das Anstrengendste seien bei aller Bastelei aber die Behördengänge, die Auflagen und Vorschriften gewesen. Weil sie Ingenieure seien, hätten sie da alles richtig machen wollen, sagt Jannis. „Wir sind Ingenieure, wir schummeln nicht gern“, so Julian. Im Nachhinein dachten sie aber schon manchmal, hätten wir einfach mal gemacht und geschaut ob wer was sagt – oder eben auch nicht.

Jannis hat Maschinenbau an der TU Berlin studiert und im Oktober seine Masterarbeit an der Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei abgegeben: Ein Plan für eine Anlage zur kontinuierlichen Gärung, die dort nun auch tatsächlich umgesetzt wird. Max promoviert, ebenfalls an der TU, aber im Bereich Energie- und Verfahrenstechnik und hat sich für seine Doktorarbeit das Thema „Gärresteaufbereitung zur Energiegewinnung vorgenommen“. Julian hat einen Bachelor in Biotechnologie gemacht und ist jetzt für Brauerei- und Getränketechnologie immatrikuliert.

Von wegen 4000 Jahre altes Handwerk – Brauen kann man noch verbessern

In dem sehr sachlichen Besprechungszimmer jener Firma, der die Halle gehört, in der sich seit einem Monat die Brauerei Malz & Moritz eingemietet hat,  sitzen also drei Ingenieure, die eine ungewöhnlich technische Herangehensweise an das Thema Bier haben. Die „trinken selber gerne Bier“-Voraussetzung darf man als gegeben annehmen bei Craft-Beer-Start-Up-Gründern, aber ihre Faszination für den Weg zum Bier, den Brauprozess an sich, scheint noch zu überwiegen. Denn: Man mag vielleicht das Rad nicht neu erfinden können – aber das Bierbrauen kann man definitiv noch verbessern. Man muss nur umdenken. Schlau. Und radikal.

Malz und Moritz

Die drei Ingenieure bei ihrer liebsten Beschäftigung: Basteln. (Foto: NAK)

 

Was wäre zum Beispiel, wenn ein Brautag nicht acht bis zehn Stunden dauern würde und mit dem Einmaischen anfängt, dann Läutern, dann Würzekochen, dann Ausschlagen, Whirpool und Schluss, sondern wenn das alles nebeneinanderher passieren würde, rund um die Uhr, 24/7? „Man schmeißt quasi oben Getreide rein, hält gleichzeitig hinten die Flasche hin und da läuft das Bier rein“, fasst Julian grob zusammen. „Also so wäre das, wenn man den Brauprozess kontinuierlich gestaltet“, versachlicht Jannis. „Wir haben das einmal durch gerechnet: Wenn man das mit sehr kurzen Batch-Verfahren macht und sich zum Beispiel drei 24-Liter-Töpfe hinsetzt und vom einen in den anderen pumpt um die Rasten abzufahren, im nächsten läutert und letzten kocht, kriegt man, wenn diese Anlage kontinuierlich fährt, aus diesen kleinen Töpfen innerhalb von 24 Stunden eine Wahnsinnsmenge Bier raus. Das heißt, man könnte also mit relativ klein gebauten Anlagen verhältnismäßig viel Bier produzieren“, erklärt Max. Klingt das nicht ungemein verlockend für jeden (Möchtegern-)Mikrobrauer? Irgendwie doch schon.

Malz und Moritz

Elektriker-Kalauer: Jannis Hansen steht nicht auf der Leitung. (Foto: NAK)

 

Auch an anderen Stellen des Brauprozesses tüftelt das Ingenieurstrio an Craft Beer- bzw. Microbrewer-tauglichen Lösungen. Stichwort Abläutern: „In meinem Promotionsstudium geht es viel um Trennung von Fest- und Flüssigstoffen“, erzählt Max, der Energie- und Verfahrenstechniker. „Also, in meinem konkreten Forschungsbereich Biogas will man das Flüssige natürlich auf keinen Fall trinken, allerdings gibt es Technologien, die sich auf den Brauprozess übertragen lassen.“ Der Brauer will beim Läutern möglichst klare Würze ziehen, die so wenig Sauerstoff wie möglich ausgesetzt wird, die Temperatur sollte konstant bleiben. „Eigentlich müsste man demzufolge sagen, je schnelle das geht, desto besser“, sagt Julian. In der Praxis aber dauert das Läutern oft ewig. „Alte Brauer mögen sagen: Das ist halt so, Läutern braucht seine Zeit und das Bier seine Ruhe. Objektiv betrachtet spricht aber nichts dafür, dass Ruhe das Bier besser macht, im Gegenteil.“ „Große Brauereien sind fast alle auf Maischefilter umgestiegen, weil das auch sehr flott geht. Allerdings sind die wirklich teuer. Wenn man nun etwas zwischen dem und dem klassischen Läuterverfahren kreiert, könnte das für kleine und mittelständische Brauer interessant werden“, sagt Julian.

Malz und Moritz Vision: Ein energieneutrales Sudhaus

Und dann würde Max ja auch gerne Schritte hin zum energieneutralen Sudhaus machen. „Das ist im Grunde nicht das Revolutionärste: Man vergärt Treber, erzeugt dabei Biogas um damit die Anlage zu betreiben“, erklärt er. Das Problem allerdings ist, dass der Bau einer solchen kleinen Biogasanlage sehr teuer ist – zumindest so, wie die bisher gebaut werden. Man müsste also da und hier noch ein bisschen tüfteln, neu überlegen, konzipieren…

Mit ihrer Firma AFH-Brauwelttechnik könnten die drei Forschungsprojekte anmelden um an Verbesserungen der Brautechnologie zu arbeiten. Und irgendwann natürlich ihre Erfindungen auch verkaufen. Hatten sie so auch in ihren Businessplan geschrieben, mit dem sie zur Bank gingen um einen Kredit zur Unternehmensgründung aufzunehmen. Deren Konditionen überzeugten sie dann allerdings nicht, weshalb sie schließlich ihre Ersparnisse und Darlehen ihrer Eltern in den Topf warfen. (Diesmal wusste die Mama vom Max ja, was er mit seinen Freunden da bastelt. Brauanlagen statt Bomben. Viel besser!)

Malz und Moritz

Bis jetzt haben die „Malz und Moritz“-Jungs in der Berliner Bierfabrik gebraut. (Foto: NAK)

 

Das Bier das alldieweil aus ihrer Anlage fließen wird, wollen sie zunächst vor allem im Berliner Südwesten unter die Leute bringen. Aktuell gibt es ein „Malz und Moritz“-Bier, das bei Berliner Bierfabrik gebraut wurde, auf dem Markt, in der WerkStadt Bar in Neukölln gibt es das – derzeit noch exklusiv – vom Hahn. „Blond Ale“ heißt es. Mehr Fantasiename als Gattungsbeschreibung. „Es ist ein fruchtiges und blumiges Bier“, sagt Julian. Ein Pale Ale, quasi, aber nicht gestopft. „Ich bin weder ein Freund von knackbitteren IPAs, noch vom Stopfen. Da holt man sich nur Infektionen ins Bier.“ Sobald die eigene Anlage in den nächsten Wochen dann läuft, will er sich saisonale Biere vornehmen. Zunächst eher obergärig. Später dann vielleicht auch mal ein Pils mit fruchtigen Hopfennoten.

Malz und Moritz als Ein-Mann-Brauerei

Ihre Anlage haben die drei Ingenieure so gebaut, dass einer sie alleine gut bedienen kann. Und das wird Julian sein. „Wir glauben nicht, dass die Brauerei gleich zu Beginn drei Leute tragen kann“, sagt Jannis, der sich bereits für Jobs als Maschinenbauingenieur beworben hat. „Es wäre auch ineffizient, uns einzustellen“, sagt Max, der sich ganz auf seine Promotion konzentrieren will. Der komplette Gegenentwurf zum in der Craft Beer Szene gängigen „und wenn die Brauerei dann läuft, schmeiße ich meinen Dayjob hin“-Ansatz. Wobei eines aber dennoch sicher sein dürfte: Wenn mal etwas kaputt geht, etwas zu schrauben, schweißen oder löten ist, dann sind sicher wieder alle drei Tüftler zur Stelle.

Malz und Moritz

Drei bauen’s auf, einer fährt’s: Jannis, Julian und Max und ihre Malz& Moritz-Anlage (Foto: NAK, halsbrecherisch vom Dach eines Kühlhauses!)

 

Auf einen Blick

Malz & Moritz

Julian von Angern, Jannis Hansen, Maximilian Fechter

Malz&Moritz Website

Bekannteste Biere:

  • Blond Ale