Ob Klassiker oder etwas Neues aus der faszinierenden Welt der Biere: Einmal in der Woche stellen wir Euch ein Bier vor, das wir besonders spannend finden. Die Auswahl ist subjektiv. Vorschläge sind herzlich willkommen.
Es muss eine großartige Party gewesen sein, die vor einigen Jahren im oberpfälzischen Dörfchen Nittenau gefeiert wurde. Die Gäste feierten ausgiebig trotz (oder gerade wegen?) des Mottos „Alkoholfrei ohne Kompromisse“. Bei den Gastgeschenken hatten die fünf Mitglieder der Hopfen-Clans offensichtlich die gleiche Idee: Jeder brachte einen üppigen Obstkorb mit. Simcoe hatte sich für Heidelbeeren, Johannisbeeren, Brombeeren und Pinienzapfen entschieden, Callista für Aprikose und Maracuja, Waldbeeren, Grapefruit. Letztere hatte auch Chinook dabei und dazu noch einen Käuterstrauß aus Estragon, Wacholder, Basilikum und Lavendel. Mosaic wählte tropische Früchte wie Ananas, Mango, Pfirsich, Litschi, die auch im Citra-Korb zu finden waren, wo sich zudem noch ein paar Stachelbeeren versteckten. Ganz schön viele Aromen, die diese fünf Hopfensorten auszeichnen. Jede einzelne für Singlehop-Biere geeignet. In der richtigen Kombination und Dosierung ein Fest für Nase und Gaumen!
Weitere interessante Gäste beehrten die Party: Auch fünf Vertreter der Familie Malz waren der Einladung gefolgt. Münchner Malz, Pilsner Malz, Karamell Palisander, Sauer Malz und Carafa Spezial Typ III brachten Farbe und vollen Körpereinsatz ins Spiel. Zur späteren Stunde stieß auch noch ein ganz besonderer Hefepilz zu der Gruppe, der der Sache eine subtile Note verlieh.
Nittenauer beschloss 2015 ein Alkoholfreies zu brauen
So oder so ähnlich muss es gewesen sein, als die Nittenauer Brauerei 2015 beschloss, ein alkoholfreies IPA zu brauen. Le Chauffeur heißt das FreIPA, das vor Zutaten nur so strotzt. Und an dieser Stelle zeigt sich die wahre Größe dieses Bieres: Denn im Gegensatz zu so manchen anderen „Hopfenbomben“, die unangenehm kratzen oder durch ihre Fruchtaromen Braufehler zu vertuschen versuchen, beeindruckt „Le Chauffeur“ mit seiner perfekten Balance von Aromenvielfalt und Vollmundigkeit.
Der üppige, cremige Schaum und das dunkle Orange im Glas geben eine Vorahnung auf das große Kino, das Nase und Gaumen erwartet. Und diese werden nicht enttäuscht: Nach dem reichhaltigen, von Tropenfrüchten dominierten ersten Schluck, kommen beim zweiten Harz, Honig und Karamell zutage. Die Bittere deutlich, eine angenehme Säure im Antrunk, ein Hauch von Malzsüße im Abgang – ein IPA wie aus dem Lehrbuch.

Das liegt auch daran, dass hier gleich zwei Könner am Werk waren: Sebastian Jakob vom Brauhaus Nittenau und Oliver Wesseloh von der Kehrwieder Kreativbrauerei in Hamburg tüftelten zusammen an dem Rezept, bei dem eine alkoholfreie Spezialhefe die entscheidende Rolle spielt. Aus dem Gemeinschaftssud entstanden das ü.NN (überNormalNull) IPA alkoholfrei von Kehrwieder und Le Chauffeur, die schnell zur Erfolgsgeschichte wurden.
Foodpairing
Es bleibt die Frage nach dem Foodpairing. Ein scharfes Curry, wie es gerne zu IPAs empfohlen wird, wäre in Sachen Aromen und Geschmack zu viel des Guten. Pizza Hawaii (ja, die ist umstritten) sowie Chili con oder sin Carne sind mögliche Begleiter. Experimentierfreudige und Käseliebhaber feiern die FreIPA-Party mit Vintage Cheddar.
(Fotos: Katharina Rolshausen)
(26. Juli 2024)