Was ewig währte, wurde gut: Nach eine Bau-Planungs-Tuschelphase, die an Elb-Philharmonie und Berlin-Flughafen erinnerte, kam die Brewdog Bar Berlin im November 2016 dann doch endlich nach Mitte. Chef vom Dienst da ist Dean Pugh, und er erzählt über die ersten 150 Tage schottisches Radau-Craft-Beer in der Bundesbierhauptstadt
Wer pro Woche 400 Liter Punk IPA zapft, muss ein zufriedener Mann sein. Ein zufriedener Brew-Dog-Barmanager allemal. Und so kann Dean Pugh eigentlich auch nur schüchtern aus Pudelmütze und Bartpracht heraus lächeln (dieser Bart hat im Übrigens vor eineinhalb Jahren einmal den Beard of Autumn Award gewonnen, der von The Beard Liberation Front, eine Gemeinschaft britischer Bartträger vergeben wird. Kein Witz! Brewdog selbst wurde von derselben Organisation als Beard Friendly Employer of the Year 2015 erkoren. Aber das alles nur nebenbei), wenn man ihn fragt, wie der Berlin-Start von Brewdog so gelaufen ist. „Bereits an den ersten Wochenenden war die Bar rappelvoll und Leute aus ganz Deutschland kamen vorbei, Shareholder aus Hamburg und überall sonst. Wir hatten von Anfang an viel zu tun und das wird auch von Woche zu Woche mehr.“
Später, aber dafür konstant
Nach dem Punk IPA stehen Jet Black Heart, Dead Pony Club und 5Am Saint oben auf der Drinklist der Gäste, die Dean Pugh zu 70 Prozent als „Locals vom Typ Young Professional zwischen fünfundzwanzig und vierzig“ beschreibt. Das kennt er so, bier- und typmäßig, auch aus den anderen Brewdog Bars, die er bereits geleitet hat, in Manchester und London. Anders aber ist das erstaunliche und erfreuliche Trinkverhalten der deutschen Craft Beer Fans: „Die Deutschen trinken mehr, oder sagen wir regelmäßiger. Montag und Dienstag sind hier in Berlin ziemlich gut besuchte Tage, sogar auch tagsüber und wir sind eigentlich die ganze Woche busy. Oder zum Beispiel im Januar – das ist der entspannteste Monat in UK, aber hier in Berlin waren die Gäste bereits am 2. Januar wieder für einen Bier-Abend zu haben.“ Und: „Die Berliner gehen auch viel später raus. Zwischen zehn und elf am Abend geht es hier los – in UK ist die normale Zeit für Bier eher gegen sechs oder sieben Uhr. Das ist ein großer Unterschied!“
Die Brewdog Bar Berlin ist erst der Anfang
Einen weiteren großen Unterschied gibt es im Übrigen auch, was die Organisation der Brewdog Bar in Berlin Mitte angeht. Sie ist nämlich die erste Bar im Ausland, die komplett eigenständig, also ohne Hilfe von lokalen Partnern geführt wird. Kein Franchise-Modell, wie sonst bei Brewdog üblich, sondern zu 100 Prozent ein Brewdog-Unternehmen. Warum das? „Eigentlich benötigt man für die Bars im Ausland Partner vor Ort für das Day-to-day Management. Wir sehen in Deutschland jedoch einen riesigen Craft Beer Markt, der voll im Aufschwung ist. Deshalb war es für die Company sinnvoll, mehr Geld zu investieren und eine eigene Bar zu eröffnen. Berlin soll nämlich das Zentrum für alle zukünftigen deutschen Brewdog Bars sein. Momentan arbeiten wir deshalb an unserem Salesteam – denn Hamburg und die zweite Bar in Berlin stehen zurzeit im Fokus.“
Dean Pugh ist jetzt seit circa eineinhalb Jahren in Deutschland. Mit Achtzehn ist er von zu Hause ausgezogen um zu studieren, hat seitdem in etlichen, verschiedenen Städten gelebt – doch immer oberhalb des Ärmelkanals. Und das wurde fad. „Ich bin schnell gelangweilt. Als die Bar in Shepard’s Bush circa achtzehn Monate nach ihrer Eröffnung gut lief, bin ich zu meinem Chef und habe nach einer neuen Herausforderung gefragt. Der sagte mir ich könne die Bar in Berlin eröffnen – da musste ich dann nur noch nach Hause und meine Freundin fragen“, sagt er und grinst. Die hat Ja gesagt, oder mehr noch: „Ja, ich komme mit“, und so kamen beide hier an mit dem Plan, schon auch für eine Weile zu bleiben. Nur sein Deutsch ist noch nicht ganz so firm ist wie er es gerne hätte. „Aber es ist auch wirklich schwierig, die Sprache zu lernen, wenn fast jeder Englisch spricht!“
Brlo, Crew Republic, Berliner Berg – die deutschen Brewdogs?
Die Craft-Lage hier schätzt der barerfahrene Brite so ein: „Deutschland mit seiner Craft Beer Entwicklung erinnert mich an UK vor acht bis 10 Jahren.“ Die Veränderung und der ständige Fortschritt der Craft Beer Szene sei phänomenal. Nicht nur dass neue Brauereien und Bars dazu kämen, der Standard der Biere würde auch immer besser, urteilt der Barmann und lässt sich dazu hinreißen, ein paar Namen der deutschen Craft-Szene fallen zu lassen: Von Brlo sei er beispielsweise sehr begeistert, von deren Bier und dem ganzen Drumherum wie Markenpolitik und Vertrieb. Da stecke viel Potential drin. Ebenso Berliner Berg und Crew Republic. Da könne er sich – Hört! Hört! – eine Brewdog-ähnliche Zukunft vorstellen.
Wenn die Leidenschaft fürs Bierbrauen weiter so bleibe, dann stünde Deutschland eine rosige Craft Beer Zukunft bevor, sagt Dean. Und Brewdog ist dann mittendrin: Geplant sind insgesamt zehn Bars der schottischen Company über ganz Deutschland verteilt.
Es muss nicht immer Bier vom Startup sein
Natürlich vergisst der Profi nicht, im Zuge der Craft-in-Deutschland-Überlegungen auch traditionelle, deutsche Biere anzusprechen. Fränkische Bier, um genau zu sein. Great stuff. Erst kürzlich habe er die Brauerei Meinel Bräu in Hof entdeckt. „Vor ein paar Wochen habe ich mit Richie [Anm. Richie Hodges, Braumeister ehem. Crew Republik und Berliner Berg] zusammen Bier gebraut. Auf dem Heimweg haben wir bei Meinel Bräu vorbeigeschaut – Richie kennt die Meinel-Schwestern aus Studienzeiten, da haben wir angehalten und ein paar Bier probiert. Die sind richtig, richtig gut! Die machen traditionelle Biere, modern angehaucht und auch verschiedene Craft Beer Kreationen. Deren Bier würde ich gerne sobald wie möglich in unser Angebot mit aufnehmen!“ Ansonsten sei er sehr angetan von Ayinger Bräu, allerdings zähle dies nicht zu seinen neuesten Entdeckungen. Von Mahrs Bräu aus Bamberg und Gänstaller Bräu in Hallerndorf sei er aber ebenfalls ein Fan.
Zum Thema passend hat Dean Pugh als nächstes die Eröffnung des Brewdog Biergartens in Berlin Mitte auf dem To-Do-Zettel. Hinten, im Innenhof. Der braucht noch ein bisschen Liebe, aber das wird, mein der Bärtige voll Zuversicht. Ansonsten lautet Dean Pughs Devise für die Brewdog Bar Berlin: „Keep it running as it is.“
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Auf einen Blick
Brewdog Bar Berlin Mitte
Ackerstraße 29
10115 Berlin
Täglich ab 12 Uhr geöffnet