„Der Begriff Genuss wandelt sich. Aber ich bin mir nicht sicher, ob Bier jemals im Genussbereich angekommen ist. Der Durchschnittskonsument, der nicht in der Bier-Bubble ist, wird an einem besonderen Abend mit Freunden wohl eher an Wein denken Obertrum. Seit einigen Monaten ist er Mitglied der Geschäftsleitung und Leiter Genussakademie bei Doemens in Gräfelfing bei München. Dort werden nicht nur Biersommeliers ausgebildet. Es geht unter anderem auch um Spirituosen und Wasser. Er sei „von einem Traumjob in den nächsten gekommen“, sagt Jens.
Bier in der gehobenen Gastronomie
Bei Kursen erlebe man bei Doemens, dass sich auch in der gehobenen Gastronomie und in Genusshotels mit Bier beschäftigt wird. „Das sind Potenziale, die wir noch nicht ausgeschöpft haben.“ Bier hat ein geringes Haltbarkeitsdatum und keine so großen Gewinnspannen wie Wein – das sei ein Nachteil. Aber im Weinkeller sei eben auch Kapital gebunden, weil Flaschen da oft lange liegen. „Bier hat einen höheren Umschlag und eine niedrigere Einstiegshürde“, sagt Jens.
„Die Lobby gegen Alkohol ist stark geworden.“
Was der ganzen Branche zu schaffen mache: „Die Lobby gegen Alkohol ist stark geworden.“ Es gebe immer mehr Zeiten, in denen Menschen bewusst keinen Alkohol trinken – zum klassischen Fasten sei zum Beispiel der Dry January gekommen. „Das Mindset in der Gesellschaft spricht oft gegen Alkohol.“ Darin könne aber auch eine Chance für Bier liegen, denn: „Bier hat weniger Alkohol als Wein. Das spricht für uns.“ Außerdem sei der Ruf des alkoholfreien Biers besser als der des alkoholfreien Weins. Während man etwa bei einem dunklen Weizen kaum einen Unterschied zischen einem mit und einem ohne Alkohol schmecke, werde der meiste alkoholfreie Wein als Traubensaft wahrgenommen.
„Alkoholfreies hat Zukunft“
Generell sieht Jens wie viele in der Branche da eine große Chance. „Alkoholfreies hat Zukunft“, sagt er. Nicht nur beim Bier. Alkoholfreie Spirituosen seien – wenn auch noch auf niedrigem Niveau – ein Wachstumsmarkt. Und auch beim Wein werde sich einiges tun. Die Winzer haben sich bisher nicht so intensiv mit alkoholfreien Varianten ihres Produkts beschäftigt wie die Brauer, aber da sei inzwischen einiges in Bewegung, weiß Jens. Klar sei aber – und das sei ein Vorteil für Bier: „Es fehlt mehr, wenn man elf Prozent wegnimmt, als wenn man fünf Prozent wegnimmt.“
„Oft sind es die Kunden, die nachfragen“
Die Ausbildung zum Biersommelier sei weiterhin ein wichtiger Bestandteil der Arbeit der Doemens-Genussakademie. Dabei lassen sich nach wie vor nicht nur Menschen ausbilden, die beruflich mit Bier zu tun haben. Aber ob Profi oder Amateur: „Jeder, der hilft, den Biermarkt in Bewegung zu bringen und in Bewegung zu halten“, sei wichtig, sagt Jens. Diejenigen, die in der Branche arbeiten, können dort etwas mit dem vertieften Wissen erreichen. „Die anderen erzählen es in ihrem Bekanntenkreis – auch das hilft allen“, erklärt Jens. Alle zusammen sein die Absolventinnen und Absolventen der Genuss-Akademie „Multiplikatoren für unsere Sache“. Und es seien ja nicht nur die Biersommeliers innerhalb der Gastronomie, die besonderen Biergenuss dort verankern. „Oft sind es die Kunden, die da nachfragen“, freut sich Jens.
(Foto: Jens Luckart Foto: Doemens)
(3. Juni 2025)