Kunst mit Bierflaschen

Martin Rolshausen

„Das Glück ist nicht immer lustig“ heißt die aktuelle Ausstellung im Gropius Bau in Berlin. Und so sieht es dort auch aus. Der Künstler Rirkrit Tiravanija hat unter anderem leere Bier- und Cola-Flaschen auf einer Art Bar verteilt. Es sieht so aus, als wäre hier nicht aufgeräumt worden, nachdem die Museums-Mitarbeiter, die die Ausstellung aufgebaut haben, sich ein paar Coke und ein paar Schultheiss gegönnt haben. Der Eindruck täuscht. Die Installation ist eine Anspielung auf den Film, aus dem auch der Titel entlehnt ist: „Angst essen Seele auf“. Die Bierflaschen sind also Kunst.

Der Film von Rainer Werner Fassbinder aus dem Jahr 1974 erzählt eine ungewöhnliche Liebesgeschichte. Und die fängt an einer Bar mit Bier und Cola an: Eine 60 Jahre alte deutsche Witwe, die als Putzfrau arbeitet, betritt die Bar und bestellt eine Cola. Im Hintergrund läuft arabische Musik aus einer Jukebox. Die hat Rirkrit Tiravanija in seiner Installation durch ein Radio ersetzt. In Fassbinders Film standen auch keine Berliner Drittelliter- sondern bayerische Halbliterflaschen auf dem Tresen. Ort der Handlung war München.

Cola, Bier und keine Zukunft

Emmi, die Cola trinkende Witwe, verliebt sich in den jüngeren, Bier trinkenden marokkanischen Gastarbeiter Ali, der, wie sich später herausstellt, gar nicht Ali heißt. Die Geschichte von Emmi und Ali geht nicht gut aus. Eine solche Beziehung wird nicht geduldet vom Umfeld Emmis – und zerstört.

Der Film sei sehr aktuell „angesichts des Erstarkens rechtsextremer Parteien und wachsender gesellschaftlicher Polarisierung“, sagt die Museumsleitung. Deshalb ist die Installation auch Teil der Ausstellung. Eine Ausstellung, in der auch für die Besucherinnen und Besucher gekocht wird – türkischer Kaffee und Suppe etwa. Das gehört zum Konzept. Nicht mit leeren, sondern mit vollen Bierflaschen zu arbeiten und die Besucherinnen und Besucher trinken zu lassen, sei aber keine Option gewesen, sagt Jenny Schlenzka, die Direktorin des Gropius Bau. Also nur Kunst und kein Schulle, wie Berliner das Schultheiss nennen.

(Foto: Martin Rolshausen)

(11. September 2024)