craft beer startups

KURZ GEZWICKELT: Neues aus Nordost und Südwest

Nina Anika Klotz

Wenn der Brauer zwickelt, dann probiert er sein junges Bier. Wenn wir zwickeln, stellen wir in aller Kürze ein paar der neusten Craft Beer Startups vor. News frisch aus dem Reifetank, so zu sagen.

 

Berlin ist nicht der Nabel der Welt. Noch nicht einmal der Craft Beer Welt. Es ist wichtig, dass man sich das immer wieder sagt, besonders wenn man in Berlin lebt und arbeitet. Natürlich, die Hauptstadt hat einen gewissen Vorsprung in Sachen Craft Beer. Wegen der Expats, die hier leben, der überschaubareren Mieten, der „Du bist verrückt, mein Kind. Du musst nach Berlin!“-Attitüde. (Das übrigens, als kleines Goodie aus der Rubrik „Unnützes Wissen“, ist ein Spruch des österreichischen Operettenkomponisten Franz von Suppé. Heißt es zumindest auf den Berlin-Postkarten mit diesem Satz, die sich so gut verkaufen. Tatsächlich ist umstritten, ob Suppé das so geschrieben hat, erst in einem Film, „Der Eiserne Gustav“, in dem ein Marsch von Suppé gespielt wird, taucht dieser Text auf. In den 1950 wurde daraus ein Schlager mit dem Refrain „Du bist verrückt, mein Kind. Du musst nach Berlin. Wo die Verrückten sind, da jehörst du hin.“)

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Macht hier was Neues: Olaf Wirths mit LaBieratorium in Cottbus. (Foto:LaBieratorium)

 

Auch in anderen Teilen Deutschlands gründen Bierbegeisterte Craft Beer Projekte. Zum Beispiel ganz im wilden Osten: Anja Braun und Olaf Wirths sind gerade dabei, mit drei Freunden und Mitstreitern eine Mikrobrauerei nebst Taproom (einer kleinen Bar, einem Ausschank eben) in Cottbus aufzubauen. „In Cottbus gibt es keine einzige Brauerei mehr“, erzählt Braun, Biersommelière, Coach und Projektentwicklerin. Neben der Liebe zum Bier sei ein ganz wesentliches Argument für die Gründung ihres Craft Beer Projektes gewesen, der Stadt ein Stückchen Brauereigeschichte zurückzugeben. „Wie viele deutsche Städte hatte Cottbus im Spätmittelalter eine sehr lebendige Brauereilandschaft mit fast 140 Kleinstbrauereien. Anfang des 18. Jahrhunderts wurde das beliebte Weizenbier sogar bis nach Stockholm exportiert. Wie wollen nun für die Region Wertschöpfung und Identifikation mit der eigenen Historie anschieben.“ LaBieratorium heißt die neue Cottbusser Biermarke nun. Das erste Bier, das „Alte Welt Ale“ haben Braun und Wirths im Finsterwalder Brauhaus gebraut, das „Schwarze Pumpe Porter“, „F60 Paranoid IPA“ ebenfalls. „Noch in diesem Jahr sollen unsere Standards auf den Markt kommen, als erste das ‚LaBieratorium Blonde‘, dann ‚LaBieratorium Weizen‘ und ‚LaBieratorium Dunkel'“. Die eigene Brauerei wird – so der Plan – im Spätsommer eröffnen, das Taphouse vielleicht schon im Sommer.

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Machte aus Whisky Craft Beer: Alexander Lebèus von Archer’s Brewing (Foto: Mark Hofmann)

 

Eltern wissen, dass es diese Tage gibt, da wünscht man sich nach zentnerweise vollgepupsten Windeln, dem unangetasteten, selbst gekochten Karottengemüse („Ich will Nudeln! Mit Ketchup! Und Smarties!“) und den zwei Stunden im Nieselregen auf dem Spielplatz einfach nur noch einen Schnaps. Oder vier. So oder so ähnlich muss es dem Esslinger Alexander Lebèus ergangen sein. Oder auch nicht. Jedenfalls: Während seiner Zeit als „Vollzeitpapa“ fasste er den Beschluss Whisky zu machen. „Ich habe mir deshalb, für die Maische, eine kleine Brauanlage gebaut“, erzählt er. „Nur hab ich dann das Bierbrauen so arg lieben und schätzen gelernt, dass ich dabei geblieben bin.“ Zwischen Brei, Haushalt und Spieldecke hat der, wie er selbst sagt, „vielseitige und lebenslustige Geselle“ dann begonnen, sich eine neue Zukunft als Craft Beer Brauer zu erdenken. Sein Bier-Label hat er als Hommage an seine 13 Monate alte Tochter „Archer’s Brewing“ genannt: „Sie ist im Sternzeichen Schütze geboren. Das allerdings heißt im Englischen ‚Sagittarius‘, was ich nicht so passend fand.“ Also wurde es „archer“, englisch für Bogenschütze. (Again what learned, huh?) Noch ist der Schütze ein Gypsie, träumt aber sehr wohl den Traum von der eigenen Brauerei.

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Zwei von drei: Sebastian Pfister und Timo Thoennißen von Straßenbräu in Berlin-Friedrichshain. (Foto: NAK)

 

Ok, ein Berliner muss dann doch dabei sein. Oder drei, um genau zu sein. Timo Thoennißen, Betriebswirt und Wirtschaftsberater,  Sebastian „Seba“ Pfister, Diplom-Braumeister und der ausgebildete Brauer Paul Schmidt haben vor ein paar Tagen erst offiziell „Straßenbräu“ eröffnet, eine Mikrobrauerei mit Bar in Friedrichshain. Dabei hatten sie direkt zehn verschiedene, eigene Biere am Start. In Worten: Zehn! Verrückte Sachen, mit Kürbis und Datteln, ein Blonde Ale mit Berliner Wildhopfen, ein White IPA und ein erdbeeriges Milk-Stout. „Wir brauen obergärig, sonst gibt es keine Einschränkungen“, sagt Thoennißen. „Vorbilder haben wir auch nicht wirklich. Wir möchten unsere eigenen Biere kreieren und uns einen Namen in Berlin verschaffen, der für Kreativität und Vielfalt steht.“ Die Bar hat täglich geöffnet.