Weil obergärige Bierhefen auch bei Zimmertemperatur optimal vergären, ist ein Pale Ale für den Heimbraueinsteiger immer eine sichere Bank. Insgeheim träumt aber jeder Hobbybrauer irgendwann von einem Selbstgebrauten nach Pilsener Brauart. Um den oft kritischen Freundeskreis von der besseren Alternative zum Großbrauereierzeugnis zu überzeugen, bedarf es allerdings ein wenig Extraaufwand. Biersommelier und Heimbrauexperte Ferdinand Laudage, Autor der Bücher „Craft-Bier einfach selber brauen“ (2017) , „Noch mehr Craft-Bier selber brauen“ (2018) und „50 Craft Beer Rezepte“ (2019), erklärt, worauf du beim Brauen von „UG-Bieren“ besonders achtgeben solltest und liefert dir zudem noch ein einfaches Rezept für ein Böhmisches Pils.
Wie so oft ist die Vorbereitung alles, aber sie ist zum Glück nicht besonders aufwendig. Sorge vorab dafür, dass du Platz im Kühlschrank hast. Dein sperriger Gärbottich muss dort reinpassen, ein Gesamtvolumen von ca. 130 Litern sollte er also unbedingt mitbringen. Ein Eisfach nimmt nur unnötig Platz weg. Optimal ist natürlich ein eigener Kühlschrank, den du nur für dein Hobby und alle untergärigen Sude nutzen kannst. Dann hängt auch der Haussegen nicht so schnell schief, wenn du mal wieder etwas Untergäriges vergären lässt.
Der Kühlschrank: dein wichtigstes Werkzeug
Reinige ihn vorab sehr gründlich, denn Hygiene ist in diesem Fall besonders wichtig. Der Kühlschrank sollte eine Temperaturregelung haben, damit du später die optimale Gärtemperatur einstellen kannst. Meistens haben die klassischen Haushaltskühlschränke nur einen Regler mit mehreren Stufen. Daher musst du vorab mit einem Thermometer überprüfen, welche Temperatur in der jeweiligen Stufe erreicht wird. Meistens kannst du diese Informationen schon der Bedienungsanleitung entnehmen, verlasse dich aber besser nicht allein auf diese Angaben.
Bis zum Start der Gärung verläuft dein Brautag genauso wie bei jedem anderen Bier auch. Allerdings solltest du abschließend dafür sorgen, dass die Würze schnell herunterkühlt und die Anstelltemperatur von 20 bis 25 °C noch am selben Tag erreicht wird. Bierwürze, die man über Nacht abkühlen lässt, verändert geringfügig ihren Geschmack. Das fällt bei obergärigen Bieren nicht so sehr ins Gewicht wie bei untergärigen. Außerdem reduziert das rasche Abkühlen die Infektionsgefahr.
Entweder stellst du deinen Gärbottich direkt in den Kühlschrank und überprüfst regelmäßig die Temperatur. Noch besser allerdings ist das schnelle Herunterkühlen mittels Würzekühler. Dann kannst du bereits nach 20 bis 25 Minuten die Trockenhefe durch Aufstreuen hinzugeben. Wenn du bei obergärigen Bieren immer ein Tütchen auf 20 Liter Würze verwendest, nimm für untergärige Biere besser die doppelte Menge.
Aufs Grad genau
Noch besser wäre es, wenn die Würze bei Zugabe der Hefe eine Temperatur von 9 bis 12 °C hätte. Dann müsstest du allerdings mit einem Hefestarter arbeiten, den du am besten auch schon eine Woche vorher angesetzt hast, damit sich ausreichend Hefezellen gebildet haben. Ansonsten kommt die Gärung nur schwer in Gang.
Die Gärung sollte, wenn nicht anders angegeben, bei 12 °C unter regelmäßiger Kontrolle ablaufen und dauert erfahrungsgemäß länger als bei obergärigen Bieren. Die beliebte Pils-Hefe Saflager S-23 benötigt beispielsweise ungefähr 8 bis 10 Tage.
Nach Ende der Hauptgärung solltest du deinen Gärbottich aus dem Kühlschrank nehmen und eine 24-stündige Diacetylrast bei Zimmertemperatur durchführen. Diacetyl entsteht bei der Gärung und beeinflusst den Geschmack des Biers durch ein feines, süßliches Butteraroma, kann aber durch eine eintägige Rast in einem kühlen Raum schnell abgebaut werden. Beim böhmischen Pils ist Diacetyl aber sogar erwünscht. Da verzichtest du also besser auf die Rast.
Das Rezept: Böhmisches Pils
(Untergärig, 12 °Plato, 5 % Alkohol, 35 IBU, ausgehend von einer anfängerfreundlichen Sudhausausbeute von 50 %)
Ein Pils gebraut nach böhmischem Vorbild kann selbstredend nur authentisch schmecken, wenn es auch mit echtem böhmischen Pilsener Malz eingebraut wird. Dieses Malz wird aus der Gerstensorte „Hanka“ hergestellt, eng verwandt mit der Sorte „Hanna“, die Josef Groll 1842 für seinen legendären ersten Sud nach Pilsener Brauart verwendet haben soll. Und selbstverständlich darf auch der Saazer Hopfen nicht fehlen, der ebenfalls seit dieser Zeit für die weichen blumig-kräuterigen Aromen im traditionellen Pils verantwortlich ist.
Schüttung:
4800 g böhmisches Pilsener Malz
Hauptguss: 18 l
Nachguss: 12 l
Maischen:
Einmaischen bei 55 °C Wassertemperatur
Maltoserast bei 63 °C für 40 Minuten
Verzuckerungsrast bei 72 °C für 20 Minuten
Abmaischen bei 78 °C
Hopfen:
25 g Saazer (3 % Alphasäure) zur Vorderwürze (70 Minuten Kochzeit)
12 g Magnum (13 % Alphasäure) bei Kochbeginn (70 Minuten Kochzeit)
25 g Saazer (3 % Alphasäure) bei Kochende (0 Minuten Kochzeit)
Hefe:
Czech Pilsner 18 (CP18)
Auf einen Blick
Der Artikel und das Rezept sind Auszüge aus dem Buch „50 Craft-Bier-Rezepte. Kreative Biere einfach nachgebraut“ von Ferdinand Laudage (Ulmer Verlag, 2019, 128 S., 45 Farbfotos, Spiralbindung. ISBN 978-3-8186-0816-3. € 17,95)
Frei nach dem Motto „Keep it simple!“ präsentiert Bierexperte Ferdinand Laudage in seinem neuen Buch 50 Craft-Bier-Rezepte im gewohnt einfachen Brauschema. Die Auswahl reicht von traditionellen Bierstilen wie Dortmunder Export, irischem Red Ale und belgischem Tripel bis zu ausgefallenen Bierkreationen wie Mango NEIPA, Coffee Stout und Melonenweizen. Das Besondere: Neben erprobten Rezepten des Autors enthält die Sammlung exklusive Kreationen bekannter Craft-Bier-Experten wie Hanscraft & Co., SUPERFREUNDE, Mashsee, Flügge, Orca Brau u.v.m. Allen gemein ist die Freude am Bierbrauen und die Lust auf immer neue aromatische Brauergebnisse.
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