craft beer Hefe

HEFE: Was ist das eigentlich?

Dr. Fritz Briem

Hefe hebt die Laune: Ihr verdanken wir, dass aus einem urgesunden Getreidetrunk lustigmachendes Bier wird. Hefe verwandelt Zucker in Alkohol. Hat lange gedauert, bis der Homo Cervisia das verstanden hat. Inzwischen wissen wir natürlich noch viel mehr über Hefe. Und am Allermeisten weiß Dr. Fritz Briem, Geschäftsführer der Hefebank Weihenstephan. Hier sein Basiswissen Hefe 

Von Anbeginn der Bierherstellung – wie auch immer man den Begriff Bierherstellung definieren mag – waren Mikroorganismen an der Herstellung von alkoholhaltigen Getränken oder im Allgemeinen gesprochen, von alkoholhaltigen Lebensmitteln, beteiligt.

Anfänglich verrichteten diese kleinen Helfer ihren Dienst im Stillen, ja schon fast im mystischen Umfeld, weil man nicht so genau verstehen konnte, was eigentlich passierte, nachdem man die Würze, abgefüllt in mehr oder weniger große Gefäße aus verschiedensten Materialien, sich selbst überließ.

Hefe wärmt von Innen

Der Effekt, der sich einstellte war jedoch hoch geschätzt, war doch zu sehen, dass die Lebensmittel von größerer Haltbarkeit waren, bekömmlicher im Verzehr (zumindest in den meisten Fällen) und zudem auf wohlschmeckende Art und Weise ein „angenehmes Gefühl“ erzeugten.
Wie wenig über diese Vorgänge bekannt war zeigt sich noch heute im „Reinheitsgebot“ welches diese „wunderbaren“ Organismen nicht explizit erwähnt, was selbst aktuell noch unter Fachleuten zu Diskussionen im Detail führen kann.

craft beer hefe

Hübsch verpackt und startklar: ziemlich übliche, sicher-ist-sicher Hobbybrauerhefen (Foto: NAK)

Größeres Verständnis zu den Abläufen der Gärung entstand erst durch die Arbeiten von Pasteur und Hansen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wobei natürlich die Entwicklung des Mikroskops Ende des 17. Jahrhunderts den Grundstein hierfür legte. Mit Hilfe dieses optischen Hilfsmittels konnte man erstmals tatsächlich die winzigen (in der Größenordnung von wenigen Tausendstel Millimetern) einzelligen Lebewesen erkennen, die die oben beschriebenen Veränderungen herbeiführten.

Organisation ist alles. Bei der Hefe

Hefen wurden somit als einzellige und im Gegensatz zu Bakterien hoch organisierte Mikroorganismen erkannt und anschließend als „Hefepilze“ beschrieben. Der Begriff hoch organisiert bezieht sich hier vornehmlich auf die Tatsache, dass Hefen als eukariotische Zellen im Gegensatz zu den Bakterien durch Membranen getrennte Bereiche aufweisen, denen bestimmte Zellfunktionen zugeordnet sind. Diese Komplexität führt unter Anderem dazu, dass es eine Vielzahl von Hefen – genauer gesagt Hefestämmen – gibt, die sich in ihren spezifischen Eigenschaften unterscheiden und diese individuellen Merkmale auch von Generation zu Generation weitergeben können.

Genau diese Tatsache ist die Grundlage, aus der sich das Prinzip der „Reinzuchthefe“ entwickelt hat. Wurden vorher unbewusst Mischungen von Mikroorganismen – verschiedene Hefen aber auch Bakterien – zur Herstellung von Bier verwendet (Spontangärung), so kann man heute ganz gezielt Hefen einsetzen, die definierte Eigenschaften in technologischer Hinsicht aber insbesondere auch in sensorischer Ausprägung mit sich bringen.

Reinzucht macht Bier konstant

Der Einsatz von Reinzuchthefen ermöglicht es, große Volumina an Bier in gleichbleibender Qualität unter definierten technologischen Bedingungen herzustellen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass das Prinzip der Spontangärung völlig aus dem Fokus geraten ist. Insbesondere Bierstile wie Lambic, Gueze oder Kriek werden oft noch in dieser Art und Weise hergestellt wobei die Gärungsorganismen hier über die Luft, die Gefäße aber auch über Früchte eingebracht werden können.

craft beer hefe

Wie, schon gesehen? Also bitte! Das ist die Nummer 205! In ihrer Anmut schwer zu überbieten. (Foto: Dr. Fritz Briem)

Werden Hefen in Reinform zur Bierbereitung eingesetzt, so wird diese “Anstellhefe” normalerweise innerhalb der Brauerei in sogenannten Hefepropagationsanlagen beginnend aus der Laborreinzucht zu immer größeren Hefemengen (Biomasse) hochgezogen, bis ausreichend Starterkulturen zur Verfügung stehen, um eine zügige und sichere Angärung zu garantieren. Die Anzahl der Hefezellen in einem Milliliter Würze liegt hier in der Größenordnung einiger Millionen Individuen, die sich dann während der Gärung um den Faktor 2 – 5 vermehren und somit am Ende der Gärung geerntet und für die nächsten Sude wiederverwendet werden können.

Obergärig versus untergärig

Im Falle der obergärigen Hefen findet diese Hefeernte in der Regel von oben statt, während die untergärigen Hefen sich schneller absetzen und von unten aus den Gärgefäßen geerntet werden können. Dieses Unterscheidungsmerkmal definiert zudem zwei große Gruppen an Biertypen die häufig als Ale (obergärig)- bzw. Lagerbiere (untergärig) beschrieben werden. Hierbei sollte man sich bewusst sein, dass sich die untergärigen Stämme erst mit der Erfindung der Kältemaschine international durchsetzten, weil diese bei niedrigeren Temperaturen (8 – 15 °C) vergären können.

Hefe auf dem Trockenen. (Foto: NAK)

Hefe auf dem Trockenen. (Foto: NAK)

Einer der wichtigsten Faktoren bei der Auswahl der Hefe für einen Biertyp ist zweifelsfrei die Aromabildung während des Gärprozesses. Grundsätzlich ist diese Flavorproduktion eine genetische Eigenschaft der unterschiedlichen Stämme, kann aber zusätzlich durch technologische Faktoren wie Temperatur, Druck, Belüftung und Hefekonzentration gesteuert werden.

Gute Hefen für besseren Geschmack

Die Komplexität des während der Gärung gebildeten Aromas resultiert letztendlich aus der Ausgewogenheit verschiedenster Stoffwechselprodukte, die als Nebenprodukte der alkoholischen Gärung freigesetzt werden. Genauer gesagt sind diese chemischen Verbindungen (u.a. organische Säuren, verschiedene Alkohole, Carbonyle, Ester- und Schwefelverbindungen) Resultate verschiedener Um- und Abbauprozesse der Hefezelle, die zur Energiegewinnung und zum Aufbau neuer Zellsubstanz aus Inhaltssttoffen der Würze dienen. Hieraus erklärt sich auch die Beeinflussbarkeit des Biergeschmacks und Aromas durch die oben erwähnten technologischen Faktoren.

Gestresste Hefen schmecken anders

Interessanterweise können auch Stressfaktoren für die Hefe, zu denen erhöhte Stammwürzen und Drücke, aber auch Nährstoffmangel in der Würze gehören, die Bildung von sensorisch relevanten Komponenten beeinflussen. Besonders hohe Konzentrationen an vergärbaren Zuckern, die hohe Alkoholgehalte zur Folge haben, führen zu einem ausgeprägten Mix an Bieraromen.

Wie der Begriff “Stress” hier schon andeutet ist bei den typischen Bierhefen jedoch relativ schnell eine natürliche Grenze erreicht, so dass Alkoholgehalte über 8 Vol% nur sehr schwer zu erreichen sind. Will man über diese Bereiche kommen, so werden in der Regel hier typischerweise eher alkoholtolerante Spezialhefen (Weinhefen) in mehrstufigen Fermentationsverfahren eingesetzt.

Das Spektrum an geruchs- und geschmacksbildenen Substanzen kann natürlich durch die Kombination verschiedener Hefen und Bakterien noch stark ausgeweitet werden, wobei sich natürlich hierdurch insgesamt der gesamte Prozess sehr komplex gestalten kann.

craft beer hefe dr. fritz briem

Haben’s gern eng und kuschelig: Untergärige Hefestämme. (Foto: Dr. Fritz Briem)

 

Basiswissen HEFE zusammengefasst

  • Bis in die zweite Hälfte des 19.Jahrhunderts wusste man nicht, dass Mikroorganismen wie die Hefe für die Umwandlung von Zucker in Alkohol während der Gärung bestimmter Getränke verantwortlich sind
  • Hefen (auch „Hefepilze“) sind hochorganisierte Mikroorganismen, die sich in ihren spezifischen Eigenschaften unterscheiden. Man spricht deshalb auch von unterschiedlichen Hefestämmen
  • Verschiedene Hefestämme bringen unterschiedliche Geschmacksnoten (Flavors) ins Bier
  • Das bestimmte Aroma eines Hefestammes entsteht aus verschiedenen Stoffwechselprodukte, die als Nebenprodukte der alkoholischen Gärung freigesetzt werden.
  • Mit Reinzuchthefen ist es möglich, den immer gleichen Geschmack eines Bieres zu erzeugen