YANKEE UND KRAUT: Servus und Yeahaw

Jakob Kube

Amerikanischer Wild-Westen trifft auf bayerische Beschaulichkeit: Ausgerechnet am Geburtsort des Reinheitsgebots macht sich ein ungleiches Paar auf, Bier-Konventionen über den Haufen zu werfen. Und siehe da: den Ingolstädter gefällt, was Yankee und Kraut für sie so brauen

Genau genommen, also so ganz genau und „by law“, war das, was Bryan France mit Siebzehn in seinem Kinderzimmer in Reno, Nevada, veranstaltet hat, kriminell. Drinking age 21 und so, no beer for minors – von wegen! Der Teenager hatte hier allen Ernstes eine selbstgebaute Zapfanlage. Mit Sage und Schreibe sechs Hähnen. An jedem Hahn ein anderes, selbstgebrautes Bier.

„Das allein beschreibt den Wahnsinn dieses Mannes eigentlich ganz gut“, sagt Max Senner, mit dem der Amerikaner später, viel später und weit weg, 2016 in Ingolstadt nämlich, gemeinsam Yankee und Kraut gründet. Dennoch erzählt Max die Geschichte von den kleinen Anfängen der virtuosen Brauers so selbstverständlich, als wäre er dabei gewesen, damals in Bryans Kinderzimmer. Vielleicht liegt das daran, dass sie sich schon so lange kennen. So gute Freunde geworden sind.

Yankee und Kraut

Aus Wahnsinn wurde ein Start-Up: Yankee und Kraut. (Foto: StP)

Es ist unübersehbar, dass sich hier zwei gefunden haben. Zwei, die richtig gut zusammenpassen. Auch wenn die Kontraste erstmal groß sind, nicht nur, weil ein guter halber Meter und ein paar Kilo zwischen den beiden Männern liegen: Bryan, die Rampensau, der Extrovertierte, immer auf dem Sprung, aber auch sehr strukturiert und geradlinig. „Bryan ist der volle Deutsche! Eigentlich viel deutscher als ich“, sagt Max. Pünktlich, ordentlich und die Arbeit immer gut durchgeplant. Auf der anderen Seite Max. Der Gemütlichere. Ein Bär, der durch seine gelassene und zurückhaltende Art ein beruhigendes Element in die deutsch-amerikanische Bierfreundschaft mit einbringt. Ein ungleiches und doch so gleiches Paar. Denn beim Bier sind sie sich einig. Bryan, der Braumeister, entwickelt die Rezepte und Max, der Wirtschaftsinformatiker, packt einfach bei allem mit an. „Ich bin jetzt quasi in der Lehre beim Bryan“, sagt Max. Er stammt aus einer Gastrofamilie, weiß wie der Hase so läuft in der bayerischen Gastronomie. Bryan dagegen ist der „Bierwahnsinnige“, der ständig Ideen für einen neuen ausgefallenen Sud hat und einfach drauflos braut. Jeder weiß, was der andere kann und was eben nicht.

Bier-Profi werden? Mama hilft.

Zu verdanken haben die beiden, Bryan und Max, ihre Bierwerdung in gewisser Weise dem gelassenen Erziehungsstil von Bryans Eltern. Die lassen es geschehen, dass der Junior – in Amerika, wohlgemerkt! – bereits mit 14 sein erstes englisches Ale trinkt. „Da habe ich dann zum ersten Mal gemerkt, dass Bier auch anders sein kann, als Budweiser und Coors und so ein Scheiß!“, erinnert er sich. Danach probiert er sich dann einfach richtig durch. Mit Hilfe seiner Mama. „Ey, das kenn ich nicht! Und das auch nicht“. Das sagt Bryan damals oft zu seiner Mutter. Sie zieht los und holt ihm immer wieder neue Sorten, sorgt also quasi für die „Bierbildung“ ihres Sohnes. Drinking age? Never mind. Jahrelang trinkt Bryan sich durch verschiedenste Biergeschmäcker, bis er sich gemeinsam mit einem Kumpel ans Selberbrauen macht. Seine Eltern sehen es als kreatives Hobby ihres Minors. Da kann sich der Sohn doch einfach mal austoben und kommt nicht auf dumme Gedanken. Welche Konsequenzen diese jugendlichen Experimente jedoch haben und dass sie ihren Sohn schließlich komplett weg und nach Deutschland verschlagen würden, können die beiden ja nicht ahnen.

Yankee und Kraut

Irgendwie hat das Bayerische den Bryan gepackt. So dass er hier bleib. (Foto: StP)

Doch bis es soweit kommt, vergehen ein paar Jahre. Und eine folgenreiche Europareise. Max‘ Sportlehrerin lebte einst für ein paar Jahre in Reno und empfahl Bryan, sollte er je in die Alte Welt reisen, unbedingt bei ihr in Ingolstadt vorbeizuschauen. Und so kam ausgerechnet Ingolstadt – of all places – auf den Reiseplan des Amerikaners und Bryan mehr oder weniger zufällig mit Max in Bekanntschaft. Wie man das eben so macht in Ingolstadt: Die beiden gingen zusammen Bier trinken. Aus einem Abend wurden mehrere lustige Abende. „Ein paar Leute in Ingolstadt haben mich einfach entführt und gezwungen ein Bier nach dem anderen zu verkosten“, sagt Bryan. Da musste er nachgeben. Und er kam jedes Jahr wieder zurück. „Irgendwie hat mir Bayern einfach getaugt“. In den Staaten schließt er sein Biologiestudium ab, dann bricht er auf in eine neue Heimat: Bryan France zieht nach Deutschland.

IPA machen sie alle. Yankee und Kraut startet mit einem IPL

Die Sache mit dem Craft Beer Label kommt den beiden auf einer Tour in eine Klosterbrauerei. „Die Idee ist da im Suff entstanden“, erinnert sich Bryan. Mit Kumpels ein paar Bier zischen, rumspinnen und Pläne schmieden. In Bierlaune sein – da gehört sowas wohl irgendwie dazu. Doch an dem Tag meinen es die beiden ernst. Denn Bryan erhält seine endgültige Aufenthaltsgenehmigung – sechs Jahre hat er da schon als Englischlehrer in der Sprachschule gearbeitet. „Da haben wir einfach Nägel mit Köpfen gemacht“, sagt Max. Bryan schreibt sich an der Uni in Weihenstephan für Brauwesen ein und macht natürlich auch gleich beim Innovationswettbewerb mit. Das Rezept für sein „Wettkampf-Bier“ schreibt er spontan an einem Nachmittag – er hatte einfach nicht mehr auf dem Schirm, dass das an diesem Tag schon fertig sein muss. Es wird ihr erstes IPL. Ein India Pale Lager. Es sollte etwas Neues für den deutschen Markt sein. „IPAs gab es ja schon genug, aber es wusste niemand was ein IPL ist“, sagt Bryan. Sein Spontan-Rezept kommt gut an bei der Jury. Ziemlich gut sogar. Das super-hopfige Lager schafft es im Finale auf Platz 3 des Wettbewerbs.

Yankee und Kraut

Das Hopulenz war ein erster Wurf – und gleich ein richtig guter. (Foto: StP)

Ein Grund mehr, das jetzt voll durchzuziehen. Nachdem sie Yankee und Kraut gegründet haben, nisten sie sich gleich im fränkischen Breitengüßbach als Gypsybrewer in einer kleinen Brauerei ein. Das IPL wird „Hopulenz“ getauft und Anfang 2016 ihr erster großer, kommerzieller Sud. Mittlerweile sind es schon vier reguläre Biere plus zahlreiche Collab-Brews. Was dabei teilweise herauskommt, scheint ganz schön gewagt für den stolzen bayerischen Biertrinker. Ihr „Room 101“ zum Beispiel. Gemeinsam mit Freigeist Bierkultur und Pirate Brew Berlin haben sie da einfach alles verbraut, was so gar nicht ins Reinheitsgebot passt: Eukalyptus, Pfefferminze, Wacholderbeeren, Zitronensaft und Salz. Doch auch im beschaulichen Ingolstadt gibt es dafür begeisterte Abnehmer. „Und das, obwohl hier der Reinheitsgebots-Ursprung liegt!“ betont Max schon ein bisschen stolz.

Hauptsache Bayerisch.

„Den allgemeinen Trend zur bewussteren Ernährung und zum bewussteren Trinken merkt man eben überall“. Die Leute wollen einfach hochwertigere und interessantere Sachen probieren – natürlich auch in Ingolstadt. Yankee und Kraut freut’s, auch hier ist das Thema Craft Beer voll angekommen – mit einem entscheidenden Heimvorteil für sie: Denn wenn es für den heimischen Biertrinker Craft Beer sein darf, dann schon ein gscheits. Will sagen: Ein bayerisches. „Mit dem Gedanken, dass das klassische, bayrische Helle nicht mehr das beste Bier der Welt ist, kann der Craft Beer Trinker sich gerade noch arrangieren. Aber Bier von außerhalb Bayerns – das geht dann ja wohl wirklich nicht“, sagt Max und grinst zurecht zufrieden.

Yankee und Kraut

Links der Yankee, rechts das Kraut: Bryan France und Max Senner. (Foto: StP)

Auf einen Blick

Yankee und Kraut
Bryan France, Max Senner

Standard-Sortiment (ganzjährig verfügbar)

  • Hopulenz – India Pale Lager (IPL)
  • Sonnenfinsternis – Black IPA
  • Eden Pale Ale

Hopfenhelden-Tipp: Hopulenz – als ein Helles in geil.