Camba Bavaria

CAMBA BAVARIA: Brauschau im Chiemgau

Claudia Doyle

Camba Bavaria war vom Chef Markus Lohner eigentlich als eine Art Showroom geplant. Lohner baut mit seiner Firma BrauKon Brauanlagen vornehmlich für Craft Brewer. Und zwar weltweit. Im beschaulichen Truchtlaching im Chiemgau wollte er zeigen, wie seine Anlagen funktionieren und was für Bier man damit machen kann. Stellte sich heraus: Man kann ziemlich bestes Bier damit machen, das zum Wegschütten viel, viel zu schade ist, weshalb Lohner also die Brauerei Camba Bavaria ins Leben rief. So ganz gemütlich, kleines Sudhaus mit einem einem putzigen Braugasthaus dazu, so dass die „Truchtlinger“ was zum hingehen und paar Bier trinken haben. 

Allein: dieser Plan ging nicht auf. Camba Bavaria wurde als eine der erste deutschen Craft Breweries bald ein Household-Name in der Craft-Szene und mit der Brauerei in Truchtlaching kamen Lohner und sein Team der Nachfrage kaum hinterher. Es musste rund um die Uhr gebraut werden, bis Lohner beschloss, ein paar Dinge umzugestalten: Er selbst bleib Chef der Firma BrauKon und machte Götz Steinl zum Camba-Boss, die Braugaststätte übergab er an die beiden Biersommeliers Daniela Hartl und Hubert Unterweger (oben). Die machten daraus die „Camba Biererlebniswelt“ in der sie Brauseminare, Verkostungen, Frauen-Bierstammtische und so anbieten.  Markus Lohner beschloss dann außerdem, ein größeres Werk mit einem erweiterbaren 40 Hl-Sudhaus ein paar Kilometer weiter in Seeon zu bauen.  Ab 2017 soll die Produktion dort laufen. Im Herbst 2015 war unsere Autorin Claudia Doyle in Truchtlaching und hat sich dort im Brau-Schau-Raum einmal umgesehen.

Achtung, schlimmer Kitsch: Im Chiemgauer Spätherbst blinzelt die gleißende Sonne durchs Laub, Traktoren pflügen gemächlich die Felder, ein sanfter Wind kräuselt das Wasser der Alz, die sich behäbig vom Chiemsee zum Inn schlängelt dabei durch den kleinen Ort Truchtlaching fließt. Truchlaching, mit zweimal bayerisch-kehligen „chchch“.

Dort, wo das Wasser des Flusses früher ein Mühlrad antrieb, blitzen heute die auf Hochglanz polierten Kupferkessel einer Brauerei. Es könnte ohne weiteres ein Wahlwerbespot der christlich-sozialen Seehofer-Partei sein – wären da nicht diese unchristlichen Arbeitszeiten der zehn Braumeister bei Camba Bavaria in Truchtlaching. Weil die Nachfrage in den letzten Jahren dermaßen gewaltig gestiegen ist, wird in der Braustube rund um die Uhr gewerkelt. Rund um die Uhr! 24 Stunden am Tag! Jeden Tag – außer am Sonntag, soviel christlich muss dann doch sein in Truchtlaching im Chiemgau. Ohne den Drei-Schicht-Betrieb könnte man aus einer 10-Hektoliter-Anlage keine 5000 Hektoliter Bier pro Jahr herausholen. Und es soll ja kein Kunde durstig bleiben.

Camba Bavaria

Zapfhahnstreich von Camba Bavia (Foto: StP)

Dabei hat Markus Lohner die Brauerei Camba Bavaria erst 2008 eröffnet. Und eigentlich gar nicht in erster Linie um einer der Vorreiter der deutschen Craft Szene zu werden, sondern als eine Art Showroom. Sie war unter anderem als Ausstellungsstück für seine andere, größere Firma Braukon gedacht. Braukon konstruiert, wenig überraschend, Brauanlagen. Und Kunden, die viel Geld in eine Brauerei investieren, die wollen vorher alles anschauen, anfassen und ausprobieren. Mal ein Testbier brauen, experimentieren, so Sachen halt.

Camba Bavaria

Markus Lohner (l.)? Guter Mann! Findet auch Oliver Wesseloh von der Hamburger Kreativbrauerei Kehrwieder (r.) (Foto: StP)

Für Menschen auf Brau(t)schau

„Eine Brauerei zu kaufen, das ist ein Bund fürs Leben“, sagt Götz Steinl, „da will man ganz genau wissen, mit wem man sich ins Bett legt.“ Steinl ist Leiter der Administration bei Braukon, Verkaufsleiter bei Camba Bavaria und Markus Lohners rechte Hand in Personalunion. Sein Vergleich mit der Ehe hinkt ein bisschen, aber nicht so sehr, wie man zuerst vermutet. Schließlich ist die Beziehung zwischen Brauer und Brauanlage auf viele Jahre ausgelegt, reichlich emotional und mit einer Menge Geld verbunden.

Camba Bavaria

Hier zapft der Chef noch selbst. (Foto: StP)

Lohner ist selbst gelernter Brauer und hat viele Jahre im Anlagenbau gearbeitet, international, besonders lange in den USA. Als sein Arbeitgeber die Geschäfte aufgab, gründete Lohner im Jahr 2003 kurzerhand seine eigene Brauanlagen-Marke– die Braukon. Mit ihm im Boot: Seine Frau, gelernte Buchhalterin, und eine Angestellte für den Einkauf. Sonst niemand.

Was dann noch fehlte, war ein erster Kunde. Der erste ist immer der schwierigste. So ganz ohne Referenzen, ohne Empfehlungen, ohne Mund-zu-Mund-Propaganda.

„Hi, I’m John.“ Und ab da lief es

Also stellte sich Lohner, damals im Hofbräuhaus Newport, Kentucky, als Brauer tätig, im April 2004 mit einem kleinen Braukon-Stand auf die Craft Brewers Conference in San Diego. Bald schlenderte ein Mann vorbei und hielt an: „Hi, I’m John, John Troegner, nice to meet you!“ John gehörte die damals noch kleine Troegs-Brauerei in Pennsylvania. Er erzählte von seinen Problemen beim Würzekochen. Markus Lohner hörte aufmerksam zu. Kurz darauf flog er nach Pennsylvania um die Anlage zu besichtigen und entwarf ein Angebot für Umbau und Vergrößerung.

John sagte zu. Markus jubelte. Jetzt war er im Geschäft.

Camba Bavarria

Die Truchtlachinger konnten diese Ansage kaum erwarten. (Foto: StP)

Nach und nach wuchs die Braukon, ehemalige Kollegen wurden zu Lohners Angestellte. In jeder Abteilung sollte mindestens ein Brauer arbeiten, das war ihm wichtig. Nach ein paar Jahren eröffnete er dann den Braukon-Showroom  in seiner bayerischen Heimat. Und schon klopften da die ersten Truchtlachinger an seine Tür. Ohne Brauanlagen kaufen zu wollen. Stolz darauf, dass ihr kleiner Ort jetzt eine eigene Brauerei hatte, wenn auch nur eine irgendwie inoffizielle Test-Brauerei, wollten sie einfach mal gucken. Und vor allem: mal probieren. Sie verkosteten Lohners Biere, so ganz unvereingenommen, Wurscht, ob der Lohner das jetzt Ai Pi Ei nennt oder wie auch immer. Sie tranken, es schmeckte und sie klopften ihm anerkennend auf die Schulter und verlangten nach mehr. Also meldete Lohner die Brauerei Camba Bavaria offiziell an und erweiterte sein Repertoire nach und nach auf mehr als 40 verschiedene Biere. Inzwischen sitzen Einheimische mit Zuagrosten in der Gasthausbrauerei und stoßen fröhlich mit Pale Ale an.

Viel Neues bei Camba Bavaria

Bisher darf nur gezapft werden, wenn auch gebraut wird, deswegen ist am Sonntag geschlossen. Doch das soll sich bald ändern. Überhaupt ändert sich grad ziemlich viel:

Anfang des Jahres hat in Gundelfingen ein gutes Stück weit von Truchtlaching entfernt, die Camba Old Factory eröffnet, eine Showbrauerei, die auch an andere Brauer vermietet wird. Ein Brau-Coworking-Space, wenn man so will. In Seeon am Chiemsee, nur 4 Kilometer vom Camba-Herz entfernt, entsteht derzeit eine größere Anlage, die die kleinen Truchtlachinger Kessel entlasten soll. Sogar einige Biere präsentieren sich in neuem Design. Die experimentelle Conatus-Serie von Camba heißt ab sofort Phantom (geschrieben: PHNTM). Die schwarz-weißen Etiketten auf den Flaschen erinnern an das Design der Erlkönige, jener Autos, die irgendwie noch so geheim und neu sind, dass sie nur getarnt über die Straßen rasen dürfen. In den Phantom-Flaschen steckt ebenfalls viel Geheimes und Neues. Es handelt sich um Biere, die von den Camba-Brauern gerade erst erfunden worden sind und – natürlich – nur limitiert verfügbar sein werden. Das spricht Sammel- und Trinkleidenschaft der Menschen zugleich an. Und die ehemals Camba-eigene Bierbar in München, das Tap House am Ostbahnhof, ist jetzt ein Lizenzbetrieb mit eigenem Chef und soll bald Geschwister in anderen großen Craftbeer-affinen Städten bekommen. Also, hust, Berlin zum Beispiel.

Tap House

Im Münchner Tap House (Foto: StP)

Weil das für die kosmopoliten Truchtlachinger noch nicht weit genug östlich, exportieren sie inzwischen auch große Mengen Bier nach China. Der Markt dort, sagt Steinl, entwickle sich rasant. Und Probleme mit diesem Reinheitsgebot, die gibt es dort auch nicht.

Und, muss sein: Camba Bavaria und das Reinheitsgebot

Ja, Stichwort Reinheitsgebot. Da ist es. Es kann in einem Artikel über Camba Bavaria ja auch nicht fehlen, nicht nach der vielberichteten Milk Stout Affäre vom Sommer diesen Jahres. Nach einem bayersich-behördlichen Beschluss durfte Lohner sein Milkstout nämlich nicht nur nicht weiter verkaufen, nein, er musste seine Bestände gar vernichten. Weil es gegen das Reinheitsgebot verstößt. Danach knöpfte sich das LGL (Bayrisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit) auch das Christopher Ale, Coffee Porter und Oak Aged Amber Ale-Rum vor. Auch diese Biere sind keine – keine im Sinne des Reinheitsgebotes, versteht sich. Was soll man dazu also noch sagen:  „Es gibt die Leute, die das Reinheitsgebot abschaffen wollen. Diejenigen, die es nie im Leben verändern würden. Und Leute wie uns, die einfach nur zusätzlich zum Reinheitsgebot ein paar andere Bierstile machen wollen“, sagt Steinl. Aber man dürfe nicht vergessen: 37 der 40 Camba-Biere sind Reinheitsgebotskonform. Deshalb kann es eigentlich auch mal unerwähnt bleiben.

Camba Bavaria

Brauer, Brauanlagenhersteller, Unternehmer und trotzdem (deshalb?) voller guter Laune: Markus Lohner (Foto: StP)

 

Auf einen Blick

Camba Bavaria

Markus Lohner

Website

Bekannteste Biere:

  • Pale Ale
  • Hop Gun (Brown Ale)
  • Milk Stout

Hopfenhelden's Choice:

  • Camba Doppelbock Bourbon (holzfassgelagert)