PROFESSIONELLER BIERWETTBEWERB: Wie geht das eigentlich?

Rory Lawton

Biertester, das klingt nach einem unwirklichen, erfundenen Traumberuf. So, wie Luxushotelbettenprobeschläfer oder Strandscout oder so. Rory Lawton bietet nun die Chance, Biertester zu werden – zumindest für ein paar Tage. Der Hobbybrauer und Craft Beer Evangelist aus Berlin hat letztes Jahr einen Hobbybrauer-Wettbewerb ins Leben gerufen, bei dem er mit Hilfe einer auserlesenen Jury Biere testet. Wie genau, das verrät er uns hier.

 

Dieses Jahr geht die Berlin Homebrewing Competition 2016 in die zweite Runde – mit noch mehr Kategorien und npch mehr Bieren. Bis zum 21.Mai können sich Hobbybrauer für den Wettbewerb registrieren, bis 28.Mai müssen sie ihre Flaschen einreichen, die dann von einer hochqualifizierten Jury getestet, beurteilt und prämiert werden. (Auch für die Jury können Hobbybrauer sich bewerben!). Dabei gehen die Juroren äußerst professionell ans Werk. Wie ein richtig ernstgemeinter Bierwettbewerb geht, erzählt Rory Lawton hier.

Bierwettbewerb

Leere Gläser haben keine Chance auf Sieg, ist klar. (Foto: StP)

 

 Die Kunst Bier zu verkosten

Bierwettbewerbe können extrem anspruchsvoll sein. Juroren müssen nämlich stets die richtige Balance finden zwischen einerseits der Bewertung des Bieres, gemessen an den Kriterien der Kategorie, in der es eingereicht wurde, und andererseits der Wertschätzung des technischen Vermögen des Brauers.

Bei einem seriösen Bierwettbewerb bekommt jeder Juror Proben von circa 150 ml jedes Bieres. Diese wird er dann gemäß ihres Aussehens, Geruchs, Geschmacks und des Gesamteindrucks bewerten. Dafür wird er mindestens fünf Minuten jedem einzelnen Bier widmen.

Jede Verkostungsrunde sollte sich nach und nach auf die einzelnen,  individuellen Eigenschaften des Bieres konzentrieren um am Ende ein gutes, technisches Feedback zu jedem Bier geben zu können. Es sollte dazu Verkostungsbögen geben, die jedem Juror die Möglichkeit bieten, das Bier in den folgenden Kategorien zu bewerten:

  • Aussehen: Hat das Bier die für seinen Stil korrekte Farbe? Je nach dem, was die Stilvorgaben verlangen: Ist es klar? Fällt Hefe aus? Hat es eine gute Schaumbildung, bleibt der Schaum oder zerfällt er schnell?
  • Geruch: Finden sich spezifische Hopfen-, Malz- oder Hefearomen, die für diesen Bierstil typisch sind, wieder? Ist es dem Brauer gelungen, bestimmte Aromen des Hopfens besonders hervorzuheben (insbesondere bei Pale Ale und IPA-Sorten)?
  • Geschmack: Wie gut sind Malzkörper und Hopfencharakter ausbalanciert? Ist die Gärung vollständig abgeschlossen? Harmonieren Bittere und Restsüße gut miteinander? Passt der Grad der Karbonisierung zum Bierstil?
  • Gesamteindruck: Unabhängig von all den bis hierher beschriebenen Kriterien – ist das ein interessantes, gut ausbalanciertes und erfreuliches Bier, das man gerne auch noch ein zweites Mal trinken würde? Verdient dieses Bier für einen Preis in Betracht gezogen zu werden?
Bierwettbewerb

Jetzt geht’s los… (Foto: StP)

 

Nicht zuletzt sollten qualifizerte Bierjuroren in der Lage sein, mögliche “Off-Flavours”, also Fehlgeschmäcker im Bier, zu erkennen und dem Brauer wertvolle Tipps geben zu können, diese in Zukunft zu vermeiden. Besonders häufige Fehlgeschmäcker in Bieren von Hobbybrauern sind:

  • Verunreinigung durch Bakterien oder unerwünschte Hefen: Hierbei können scharfe, bisweilen medizinische Noten den Geruch des Bieres trüben (oft ist die Rede von “Krankenhaus-Geruch”). Diese werden in der Regel durch Chlorophenol verursacht, ein Nebenprodukt wilder Hefen. Sie bilden die häufigsten Fehlgeschmäcker in Home-Brew Bieren.
  • Oxidation: Geruch wird als “nasse Pappe” beschrieben, erinnert manchmal auch an Sherry-Noten; weisen darauf hin, dass das Bier über längere Zeit Sauerstoff ausgesetzt war.
  • Diacetyl: Geruch, der an buttriges Poppcorn erinnert. Das kann in einigen Bieren ein Fehler sein. Diacetyl entsteht früh während der Gärung und gilt insbesondere bei untergärigen Bieren als ein Fehlgeschmack.
  • DMS / Dimethylsulphides: Entsteht auf natürliche Weise während des Würzekochens, kann aber bei einigen Bieren das Aroma übermäßig dominieren, wenn der Prozess nicht richtig kontrolliert wird. Das fertige Bier riecht dann nach gekochtem Gemüse.
Bierwettbewerb – mehr als sein Schönheitswettbewerb

Ein Bierwettbewerb ist eine Disziplin, die beides bedarf, eine tiefgehende Kenntnis des Brauprozesses und herausragende sensorische Fähigkeiten, um mit diesem Wissen auch etwas anfangen zu können. Im Gegensatz zu vielen anderen Wettbewerben geht es bei der professionellen Bierverkostung nicht allein darum, Punkte zu vergeben und den ultimativen Kategorie-Sieger zu küren. Um ehrlich zu sein ist das fast sogar der weniger wichtige Teil des Wettbewerbs.

Viel wichtiger ist es, dass jeder Teilnehmer ein faires, ehrliches und professionelles Feedback zu den Bieren, die er oder sie eingereicht hat, bekommt. Alle Brauer können von den Erfahrungen und Tipps der Juroren profitieren und ihre Brauchtechnik verbessern. Das technische und sensorische Feedback, das im Laufe einer Bierverkostung aufgezeichnet wird, ist in vielerlei Hinsicht der wichtigste Teil des gesamten Wettbewerbes.

Deshalb ist es entscheidend, dass die Juroren eines Bierwettbewerbes selbst erfahrene (Hobby-)Brauer sind, die sowohl erkennen können, wie erfolgreich ein Bier einen bestimmten Stil getroffen hat, als auch ob es im Brauprozess den einen oder anderen geschmacklichen Fehler eingefangen hat.

Bierwettbewerb

Was zählt beim Bierwettbewerb sind Aussehen, Geruch, Geschmack und Geamteindruck (Foto: StP)

 

Auswahl der Juroren der Berlin-Brandenburg Homebrewing Competition 2016

Die Juroren der Berlin Homebrewing Competition 2016, werden gemäß dieser drei Kriterien ausgewählt (Bewerbung noch bis 14.Mai möglich!):

  1. Tiefgründige Brauerfahrung: Alle unsere Juroren haben selbst langjährige Erfahrungen als Homebrewer gesammelt. Nachdem sie bestimmten Kategorien zugewiesen werden, müssen sie alle sämtliche Bierstile und deren Kriterien kennen und in der Lage sein, den Brauern konstruktives, technisch fundiertes Feedback bezüglich soowhl der Stärken als auch der Schwächen ihrer Biere zu geben. Das ist nur möglich, wenn jemand selbst den (Heim-) Brauprozess genau kennt.
  2. Nachweislich gute sensorische Fähigkeiten: Im Rahmen des Auswahlprozessen wird es einen Geruchs- und Geschmackstest geben, um das sensorischen Vermögen der Jury-Anwärter zu prüfen – insbesondere ihre Fähigkeit, Off-Flavours und Fehlgeschmäcker zu erkennen. Nachdem alle Brauer zu jeder Einreichung ihr technisches Feedback geben sollen, müssen sie hierbei auch ihr objektives Brau-Verständnis unter Beweis stellen.
  3. Positive, kollegiale Einstellung: Der Bierwettbewerb wurde ins Leben gerufen um Berlins Hobbybrauer zu unterstützen. Im Gegensatz zu vielen anderen, kommerziellen Wettbewerben, findet er nicht zum Zwecke der (Eigen-)Werbung statt, sondern mit dem Ziel, das Hobby Brauen voranzubringen. Die Juroren müssen deshalb gewillt sein, kollegial und positive ans Werk zu gehen und allen Teilnehmern ein konstruktives Feedback zu ihren Bieren zu geben.

In diesem Jahr werden zwei Jury-Sessions stattfinden, am 04.06. und am 18.06.2016. Da werden die Juroren zusammenkommen und zunächst die Bierstil Beschreibungen jeder einzelnen Kategorie gemeinsam besprechen.
Die Kategorien der Berlin Homebrewing Competition 2016 sind:

  1. Bottom Fermenting (Pils, Helles, Dunkel)
  2. Hefeweizen/Wheat Beer
  3. Pale Ale
  4. IPA
  5. Brown Ale, Porter, Stout
  6. Special Category 2016: Belgian Ales
Bierwettbewerb

Kein Schönheitswettbewerb, aber dennoch: What a beauty! (Foto: StP)

 

Im Lauf mehrerer Stunden werden die Juroren dann in jeder Verkostungsrunde sechs bis acht Biere probieren: Nach und nach bekommt jeder eine ungelabelte Bierprobe, mit der er sich vier bis fünf Minuten beschäftigt. Er analysiert das Bier, macht sich Notizen, vergibt Punkte für Aussehen, Geruch, Geschmack und Gesamteindruck. Off-Flavours und Braufehler führen zu Punktabzug.

In einer finale Diskussion der Juroren zu jeder einzelnen Kategorie, ermitteln sie gemeinsam den Sieger dieser Runde. Danach werden die Verkostungsbögen eingesammelt. Sie werden bei der Preisverleihung den Teilnehmern am 2.Juli überreicht.

Vielen Dank für Euer Interessant an der Berlin Homebrewing Competition 2016!

Rory Lawton,                                                Christian Glaeser,

Head Competition Judge                              Head Organizer

Die Berlin Homebrewing Competition findet in diesem Jahr bereits zum zweiten Mal statt. Sie wurde 2015 ins Leben gerufen, hat ihre Heimat in Berlin/Brandenburg und ist ein Wettbewerb von Hobbybrauern für Hobbybrauer. Sie ist die größte Homebrewing-Competition Deutschlands. Sämtliche Informationen, Anmelde-Termine, Teilnahmebedingungen und vieles mehr gibt es hier:
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