Brewers and Union

AND UNION: Bier, Schoko, Kaffee – same, same

Nina Anika Klotz

Vor sieben Jahren fing Rui Esteves mit Brewers and Union an, in Bayern Bier zu brauen. Kaufen konnte man das da allerdings bis dato nicht. Esteves braute Craft Beer für Südafrika, England und China. Aber jetzt ist Deutschland dran

Rui Vieira Esteves ist Chef einer südafrikanischen Brauerei. Im Moment sitzt Rui Esteves vor seinem Laptop in einem Café in Prenzlauer Berg, Berlin. Trotzdem macht er da Chef-einer-Brauerei-Sachen. Das sei nämlich ganz großartig, erzählt der gebürtige Portugiese, als er dann seinen Rechner zuklappt: Mit seiner südafrikanischen Brauerei Brewers and Union ist er völlig flexibel und kann arbeiten von wo er will. Denn eigentlich gibt es die südafrikanische Brauerei gar nicht, also zumindest nicht physisch. Esteves hat Brewers and Union vor sieben Jahren als eine Art Gypsy-Brewery gegründet. Long-Distance-Gypsy: Von Anfang an braute er seine Biere in Belgien und Bayern, verkaufte sie aber erst in Südafrika, dann auch in England, später in China –und jetzt will er mit seinen Bieren auf den deutschen Craft Beer Markt. Um den Vertrieb hier aufzubauen und einfach aus Lust auf Berlin ist Rui vor ein paar Wochen hierher gezogen. Gefällt ihm. Solange er ab und zu noch nach Afrika zurück fliegen kann – zum Surfen.

Esteves bestellt einen Espresso. Er kriegt die Hausröstung. Kenianische Bohnen. Ganz frisch gemahlen. Natürlich. Hier in diesem Cafe, bei den Bonanza Coffee Roasters, nehmen sie das mit dem Kaffee sehr, sehr ernst. Kaufen ihre Bohnen direkt bei den Farmern, rösten selbst, bieten diverse Brüharten an, legen Wert auf Filterkaffee, megagroße Lattes mit Sirup gibt es nicht. Das alles passt ganz hervorragend. Der Neu-Berliner Rui Esteves schaut sich zufrieden um und sagt: „Die ganzen Leute, die für ihren Kaffee hierher kommen, werden auch mein Bier kaufen.“ Er ist sich da so sicher, weil er beides bestens kennt: Das Speciality Coffee Business und den Craft Beer Markt.

Brauer bist du ja nicht, oder?

Nein, ich habe Wirtschaftspsychologie und Verbraucheerverhalten studiert und dann mehrere Jahre im Kaffeegeschäft gearbeitet. Wir haben eine Coffeeshop-Kette in Südafrika aufgebaut und dann verkauft. Damals waren das acht Läden, heute gibt es glaube ich mehr als einhundert davon. 2007 habe ich dann mit Bier angefangen. Gefällt mir besser. Wobei beides eigentlich ziemlich ähnlich verläuft, wenn man ehrlich ist. Als wir im Kaffeegeschäft anfingen, stand es um Kaffee genau so schlecht wie um Bier, bevor Craft Beer kam: Es war ein Massenprodukt, das die Leute quasi täglich in sich hineinschütteten ohne groß darüber nachzudenken oder viel Wert auf Qualität zu legen. Wir fingen an, Kaffee als ein bewusst zu genießendes Qualitätsprodukt zu verkaufen. Da muss man am Anfang viel erklären, aber irgendwann lief es dann von selbst. Ich glaube, das ist fast so etwas wie ein natürlicher Trend. Die ganze Welt geht in diese Richtung: Wir lehnen uns auf gegen fette Konzerne, die Kunden bevormunden und geschmacklosen Mist verkaufen. Das ist mit Kaffee so gelaufen, davor schon mit Schokolade und jetzt also mit Bier. Ich denke sogar, das kann mit jedem Alltagsprodukt passieren, vielleicht ist es als nächstes Brot.

Läuft das denn aber auch in verschiedenen Ländern immer gleich? Wie war das denn zum Beispiel mit dem Craft Beer Boom in Südafrika – wann kam der?

Eigentlich haben wir den gezündet, als wir 2007 Brewers and Union gegründet haben. Damals gab es im ganzen Land vier Brauereien, die man irgendwie als „craft“ bezeichnen hätte können. Heute sind es ungefähr achtzig. Oder nimm UK als Beispiel: Vor vier bis fünf Jahren gab es da quasi kein Craft Beer, die letzten zwei Jahre ging das Thema aber durch die Decke. Im Grunde denke ich schon, dass der Erfolg von Craft Beer überall einigermaßen gleich verläuft, manche Länder sind nur eben etwas schneller als andere. In Deutschland muss man vielleicht erst noch ein paar Hürden in den Köpfen eingefleischter Biertrinker überwinden – aber das ist gar kein so großes Problem. Gerade bei den Jüngeren wird das immer leichter, die reisen viel, sind so weltoffen und gebildet – die haben schon gar nicht mehr so fixe Vorurteile über deutsches Bier, dass nur so und so gebraut das beste Welt ist, im Kopf.

Wieso habt Ihr Euch eigentlich für Deutschland als Brauort entschieden, lange bevor das auch als Absatzmarkt in Frage kam? Warum so ein langer Weg für dein Bier?

Eigentlich haben wir in Belgien angefangen und da drei Jahre gebraut. Ich bin nur hin und wieder von dort nach Deutschland gefahren mich umzuschauen und habe dabei festgestellt: Ich liebe es, mit Deutschen zusammenzuarbeiten. Das funktioniert einfach super, 100 Prozent zuverlässig. Den Deutschen, oder sagen wir lieber gleich ganz konkret: den deutschen Brauern wird ja bisweilen vorgeworfen, sie seien nicht wirklich kreativ. Keine Ahnung, ob das für die Mehrzahl stimmt, ich weiß nur, wenn man die richtigen Leute findet, kann man mit denen total kreativ sein, die sind dann sofort bereit und offen, Bier auch mal anders zu brauen. Und das, obwohl es für sie ja schon gewisses Risiko birgt, Stammkunden zu vergraulen. Denn das muss man ja auch sagen: Den Brauern allein kann man mangelnde Kreativität ohnehin nicht vorwerfen, wenn dann liegt es an den Kunden, die hier lange Zeit immer nur dasselbe Bier trinken wollten. Außerdem finde ich, dass unser Brauereikonzept hier perfekt funktioniert: Es gibt in Deutschland sehr viele kleine bis mittlere Brauereien, die ihre Kapazitäten selbst gar nicht ganz ausschöpfen können und bei denen man sich gut einmieten kann.

Und was ist mit dem Craft Beer Markt Deutschland? Auch so geil?

Schon. Auch wenn es natürlich Herausforderungen gibt. Noch habe ich beispielsweise keinen Vertrieb. Das ist aber übrigens auch überall auf der Welt schwierig für die kleinen Brauer, da haben die Konzerne mit ihren Monopolen und Verträgen den Markt ganz schön kaputt gemacht. Dann ist da das deutsche Pfandsystem, mit dem wir uns arrangieren müssen. Und natürlich immer die Balance Angebot-Nachfrage zu halten. Auch wieder für alle überall das gleiche Problem: Zum einen will man nicht überproduzieren, zum anderen dann, wenn es auf einmal richtig losgeht, den Kunden nicht sagen müssen, sorry, ich kann nicht liefern.  Also alles in allem ist das kein leichtes Geschäft, aber wir wissen, wo die größten Hürden sind. Wir starten ja nicht ganz neu, unser Business läuft seit sieben Jahren und wie verkaufen gut in drei Ländern.

China finde ich ja spannend. Verkauft ihr da auch als Craft Beer?

Ja, die ziehen da längst nach. Dunkles Bier läuft dort deutlich besser als anderswo und natürlich das IPA. Zur Zeit – und ich glaube, das wird auch in Deutschland nicht schlecht gehen – verkaufen wir unser Sunday Easy IPA ziemlich gut. Scheint ein genereller Trend zu sein: Die etwas leichteren Sachen sind wieder gefragter.

Brewers and Union

Kommt: Hier und da taucht Brewers and Union schon in Deutschland auf. Zum Beispiel auf dem Berlin Craft Bier Fest Ende Mai (Fotos: StP)

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  • Bekannteste Biere: 
    Sunday IPA, Handwerk IPA