Craft Beer Starker August

PR UND CRAFT BEER: „Craft Brauer sein allein reicht nicht.“

Katja Rusch

Gutes Bier braucht keine Werbung? Doch, sagt die PR-Expertin Katja Rusch, und hat ein paar wesentliche Tipps für Craft Beer Brauer in Sachen Public Relations.

Craft Beer PR

Stimmt. Aber…! (Foto: StP)

Natürlich spricht ein gutes Produkt für sich.
Aber man muss ihm Gehör verschaffen.
Katja Rusch tut mit ihrer Agentur Storykitchen genau das: Sie sorgt dafür, dass gute Lebensmittel und ihrer Macher, „Genusshandwerker“, wie sie die selbst nennt, ihren Auftritt bekommen, in Zeitungen, Zeitschriften, Blogs, TV und Radio.

Die Münchnerin ist seit der Premiere 2012 für die Medien- und Öffentlichkeitsarbeit der „Braukunst!Live“ verantwortlich und hat damit dazu beigetragen, dass in jedem Jahr mehr über gutes, besseres und/oder Craft Beer berichtet wird.

Man kann nicht sagen, dass das bislang ein Selbstgänger war, aber das Reinheitsgebotsjubiläum und die Tatsache, dass Craft Beer schlicht „neu“ war in Deutschland, hat viele Medien von selbst auf das Thema gebracht. Um jetzt weiter im Gespräch zu bleiben, müssen Craft Beer Brauer etwas tun, sagt Rusch.
Ein Gespräch über Craft Beer und PR.

Ich habe von ein paar Craft Brauern gehört, die sich gefreut haben, in April und Mai 2016 die besten Umsätze ever gemacht zu haben. Sie hatten so viel Presse, so viele Anfragen, ohne dass sie PR-seitig etwas dafür getan hätten. Manche waren geradezu überrascht. Ich würde ja mal die gar nicht steile These aufstellen, dass sie alle von dem Rummel um das Reinheitsgebot profitiert haben. Einen Rummel, den vor allem der Brauerbund kreiert hat, der mehr den Großbrauereien gelten sollte – aber auch viel Scheinwerferlicht auf die Kleinen geworfen hat. Angela Merkel hat in Ihrer Rede bei der offiziellen 500-Jahr-Feier in Ingolstadt den Terminus „Craft Beer“ verwendet und von den jüngsten Veränderungen des deutschen Biermarktes gesprochen. Große Gratis-PR für Deutschlands kleine Craft Brauer, oder wie siehst du das?

Das Jubiläum des Reinheitsgebotes war ein großes „Chancenfenster“. Und noch dazu eins, auf das man sich vorbereiten konnte, weil ja jeder wusste, dass dieses Jubiläum ansteht und man auch ahnen konnte, dass darüber viel berichtet werden würde. Es war eine Chance als Brauer und Craft Brewer für seine Vision Gehört zu finden. Einige haben die bewusst genutzt, andere vielleicht eher zufällig davon profitiert. Spannend ist jetzt allerdings die Frage, was danach kommt.

Du meinst jetzt, wo die Publikumsmedien mit dem Thema Craft Beer erst einmal durch sind?

Nach solchen breit berichteten Ereignissen kommt immer eine gewisse Themenmüdigkeit. Aber in der schlägt dann die Stunde der „echten Story“. Die wird gesucht und findet immer ihren Platz. Dafür muss man wissen: Wer bin ich und was kann ich erzählen, als eigenständige, interessante Geschichte ohne zwingend aktuellen Aufhänger?

Ich denke, das fällt vielen Brauern nicht leicht. Die sagen: Ich brau halt Bier. Das ist meine ganze Geschichte.

Ja, das höre ich oft, nicht nur von Brauern, auch von anderen „Genusshandwerkern“. Das ist ein charmantes Understatement. Seine eigene Geschichte zu sehen und zu erkennen ist nicht immer leicht. Das heißt aber nicht, dass da keine ist. Dafür sind wir ja da, bei diesem Prozess zu unterstützen und seinen Weg nicht nur zu sehen, sondern auch konsequent zu gehen.

Was könnten denn Geschichten sein, die Craft Beer Brauer jetzt erzählen können? Ich habe das Gefühl, die Basic-Craft-Beer-Story, die des Underdogs, des Davids gegen die Goliathe der Industrie, ist mit der ersten Berichterstattungswelle zum Thema „Was ist Craft Beer?“ schon erzählt.

Das mag sein, aber das Thema Bier bzw. Craft Beer ist damit eingeführt und da. Es will weiter bespielt werden. Es mag nun nicht mehr allein reichen, Craft Beer Brauer zu sein, ich muss es nicht penetrieren, dass Craft Brewer eine andere Philosophie haben als Industriebrauer. Meine Geschichte muss wo anders liegen. Vielleicht sollte man das Thema Craft Beer dabei mal auf eine Meta-Ebene ziehen. Man kann mit Craft Beer beim Thema Cleanfood anknüpfen, beim Thema Natürlichkeit. Oder – wie es Oliver Wesseloh es beispielsweise ausdrückt – beim Stichwort Kreativität. Man muss einfach einmal die Scheuklappen abnehmen und schauen, wo Craft Beer in einem gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang steht. Viele Brauer schauen oft nur auf die Bierszene und kaum darüber hinaus. Dabei sollten sie sich durchaus einmal fragen: Was passiert in dieser Gesellschaft mit dem Thema Essen und Trinken? Man wird sehen: Eine ganze Menge. Craft Beer ist kein Trend per se, sonders der folgt einer gesellschaftlichen Strömung.

Was sind sinnvolle Kommunikationsstrategien für Craft Beer Brauer?

Grundsätzlich gilt: Wer keinen Konflikt hat, hat auch keine Geschichte. Aber ich kenne niemanden, der keine Stolpersteine in seiner Karriere hatte. Über die lohnt es sich nachzudenken, denn daraus kann sich viel Erzählenswertes entwickeln. Ansonsten kann ich keine allgemein gültigen Vorschläge machen, außer vielleicht das: Die Person in den Mittelpunkt zu stellen, kann eine gewisse Zeit eine gute Strategie sein, aber auf Dauer muss das Produkt da stehen.

Und was ist der größte Fehler, den ein Brauer in Sachen PR machen kann?

Aktionismus. Das Buhlen um kurzfristige Aufmerksamkeit ohne auch nur ein paar Monate wenigstens voraus gedacht zu haben. Das bringt dann einen ganzen Rattenschwanz von Problemen mit sich. Ich verstehe zwar wie so etwas passiert, wie man sich zu spontanen, lauten Aktionen hinreißen lässt. Oft haben die im ersten Moment sogar einen gewissen Charme. Aber dann den nächsten Schritt aus dem „Yeah. Das läuft!“ heraus zu nehmen, ist sehr schwer, wenn man vorher nicht schon mal klar vor Augen hat, aus welchem Holz man geschnitzt ist, wo der Kern meiner Geschichte liegt. Was dann oftmals rauskommt, ist ein Fleckerlteppich statt einer stringenten Kommunikationsstrategie. Man sollte immer vor Augen haben, wer man ist und wie man wahrgenommen werden möchte und dementsprechend mit Bedacht entscheiden, welche Aktionen die richtigen für einen sind, statt hier dieses Event, da den Medienauftritt und dort dann noch jene Kooperation mitzumachen, die am Ende alle überhaupt nicht zusammenpassen. Machen mit Denken. Das ist gut.

Craft Beer PR

Gutes Bier und kein (Werbe-)Scheiß, sagt diese… Werbung. Zu Recht. (Foto: StP)