JOSEF EHRMAIER: Qualität statt Quantität? Haut nicht hin.

Nina Anika Klotz

Die schlechte Ernte ist das eine. Die mangelnde Bereitschaft, für mehr Qualität auch mehr zu bezahlen, sei aber ein ganz anderes Problem, sagt Josef Ehrmaier. Die gäbe es sehr wohl auch bei Craft Beer Brauern. Das stinkt dem Hopfenpflanzer aus der Hallertau gewaltig. Ein Zwischenruf

Im Herbst 2014 haben wir den Hopfenpflanzer Josef Ehrmaier während der Hopfenernte in der Hallertau besucht. Er hat uns erzählt, warum er beim Hopfen lieber auf Klasse statt Masse setzt, er die Craft Beer Bewegung so gut findet und in ein ganzes Feld amerikanischen Flavourhops investiert hat (hier der ganze Bericht).

Am Ende des hundmieserablen Hopfenjahres 2015 und nach einer enttäuschend mageren Ernte hört sich der junge Hopfenpflanzer nun anders an. Denn ganz unabhängig von Wetterpech und natürlichen Ernteschwankungen beobachtet er unerfreuliche Trends in der wachsenden Craft Beer Szene. Mit dem Erfolg wächst auch die Konkurrenz unter den Brauern – und damit der Kostendruck, den sie an Rohstofflieferanten wie ihn weitergeben. Von wegen Qualität ist alles!

Ehrliche, kritische und bedenkswerte Worte über eine Branche in Wandel und Wachstum.

Hopfenernte 2015

Let’s face it: Hopfenernte 2015 war Mist. (Foto: NAK)

Sag, Josef, wie war dein Hopfenjahr?

Schlecht.

So schlecht?

Schon. Fünfzig Prozent des erwarteten Ertrags – das ist ja wohl schlecht.

Woran lag das?

Ach, verschieden. Zu viel Hitze, zum Beispiel. Bei meinem Cascade war das Wurzelwerk dafür noch zu schwach. Geschmacklich ist er gut. Aber eben viel zu wenig Ertrag und viel zu niedriger Preis. Weil die Nachfrage doch nicht so da war. Die amerikanischen Craft Brauer kaufen aus Patriotismus amerikanischen Cascade – und die deutschen aus Nachahmung. Deswegen sehe ich auch nicht ein, künftig mehr Fläche dafür zur Verfügung zu stellen. Mit anderen Sorten verdiene ich mehr Geld. Herkömmliche Sorten wie Herkules und so.

Das heißt, du willst nicht weiter auf die Craft Beer typischen Flavoursorten setzen?

Kann ich nicht. Ich habe meine festen Produktionskosten pro Hektar, und wenn ich beim Cascade pro Hektar zwanzig bis dreißig Prozent weniger verdiene, dann muss ich weichen. Brauereien versuchen auch in schlechten Jahren den Preis zu drücken, das ist für mich demütigend. Wenn ich einem Brauer erzähle, ich haben 50 Prozent Ernteeinbußen und muss den Preis deshalb um 30 Prozent heben, dann fährt der gleich weiter zum Nachbarn. Wir Hopfenpflanzer haben einen großen Konkurrenzdruck. Deshalb muss man als Hopfenbauer einfach Masse produzieren. Das ist so in der Landwirtschaft heutzutage. Sich jetzt mit unkonventionellen und nachhaltigen Produkten zu etablieren, das ist schwer.

Aber wann, wenn nicht jetzt! Bei Craft Beer geht es doch genau darum, um Qualität statt Quantität, um die hochwertigen Rohstoffe und so weiter.

Ja, meint man so. Aber ich sehe da einen ganz anderen Trend bei den Craft Beer Braueien: Mittlerweile gibt es da nämlich auch Konkurrenz. Und wenn der eine Brauer sich sagt, er nimmt für die erste Gabe einen Herkules, weil damit spart er 50 Prozent an Hopfen und somit auch an Ausgaben, dann machen die anderen das auch bald. Früher hat man für die erste Hopfung Perle, Tradition etc. genommen, weil man die Bittere damit feiner dosieren kann, aber bei den bitteren Craft Bieren ist das total egal. Wenn die Brauer da im Whirlpool, beim Stopfen oder wann auch immer Amarillo und Citra reinhauen, überlagern die ohnehin den ganzen Geschmack. Natürlich fragen die sich, warum sie die teuren Sorten nehmen sollen, wenn’s die Billigsorten auch tun.

Hopfenernte 2015

Hopfen auf dem Weg zum Bier. (Foto: NAK)

Wie ernüchternd!

Ja, ist es. Wobei das ist ja auch nicht für alle Hopfenbauern schlecht ist. Die Preise, die Herkules und Magnum dieses Jahr gebracht haben, hätten wir uns vor fünf Jahren nicht erträumen können. Die sind fast auf das Doppelte gestiegen. Die Nachbarn machen jetzt mit einem Herkules so viel Geld wie ich mit meinem Cascade – aber ohne den ganzen Ärger. Herkules ist nicht so anfällig, ertragsstärker, einfacher anzubauen. Das mache ich jetzt auch. Außerdem: Woher soll ich wissen, ob der Trend mit dem Cascade anhält oder ob die Craft Brauer nicht in fünf Jahren sagen, wir wollen jetzt nur noch Hallertau Blanc oder Hüll Melon oder was weiß ich. Dann habe ich verloren und darf neu setzen. Und das Hopfensetzen, bis der mal steht und ertragsreif ist, kostet mich 15 bis 20.000 Euro pro Hektar. Dafür ist meine Gewinnspanne zu klein.

Und ich sag’s noch mal: Wie ernüchternd!

Ja, aber ist halt so. Dieses schlechte Erntejahr hat mich ziemlich fertig gemacht. Wenn man ein Produkt macht, bei dem man eh nur eine Gewinnspanne von maximal 20 Prozent hat und dann kommt ein Jahr, in dem man nur 50 Prozent des Umsatzes macht, und man weiß, dass man die letzten zwei Jahre nur vor sich hingearbeitet hat, um dieses eine Jahr ausgleichen zu können, dann ist das einfach unschön. Nächstes Jahr noch so eine Missernte und ich bin hops. Ich habe lange gedacht, statt auf Quantität setzen wir auf Qualität, das könnte schon hinhauen mit der Craft Beer Bewegung – aber es ist nicht so. Wenn der Craft Brauer nicht viel für den Hopfen zahlen muss, macht er es auch nicht. Und wenn der Hopfen bei einem anderen qualitativ um zehn Prozent schlechter ist, dann ist es ihm auch Wurst.

Glaubst du gar nicht mehr an Craft Beer?

(Schweigen.) Die Bewegung ist schon super, für uns Hopfenpflanzer allemal, weil damit in der Brauszene vermittelt wird, wie viel die Qualität des Hopfens mit der Qualität des Bieres zu tun hat. Andererseits ist durch die Craft Beer Bewegung bei den Pflanzern hier in der Hallertau eine dermaßene Euphorie ausgebrochen. Das ist nicht gut. Ich habe ja noch Glück, weil ich mich mit Investitionen zurückgehalten habe. Bei anderen, die richtig in Technik investiert haben, 80 Prozent fremdfinanziert, bei denen schaut es richtig schlecht aus, wenn die Wette nicht aufgeht. Aber es ist so, wie es ist. Man ist gebunden, günstig zu produzieren. Mal schauen, wo das hinführt. Vielleicht wird’s ja wieder besser. Vielleicht kommt aber auch die nächste Generation, die sagt, wenn der Hopfenbau immer ein Null-Geschäft ist, machen wir einfach gar keinen Hopfen mehr.

Hopfenernte 2015

Josef Ehrmaier arbeit höchst handwerklich. Craft hops. Aber damit Geld zu verdienen ist schwierig. (Foto: NAK)