Hopfenernte 2015

HOPFENFORMEN: Wenn der Hopfen keine Dolde mehr ist…

Dr. Christina Schönberger

…dann wurde er weiterverarbeitet zu Hopfenpellets oder Hopfenextrakt. Aber was genau passiert dabei? Über die unterschiedlichen Formen von Hopfen

Schauen wir zuerst auf das Hopfenfeld: Sofern sich dieses auf der Nordhalbkugel befindet, wächst der Hopfen ab April mit stetem Blick zum Himmel an den über sieben Meter hohen Drahtseilen entlang, der Sonne entgegen empor bis – je nach Erntezeit – Ende August bzw. September. Die Dolden entstehen aus der Blüte und entwickeln sich je nach Witterung ab Juli, allerdings nur bei den weiblichen Pflanzen, die Männlein bilden keine Dolden. Je nach Wetterlage und Sorte kann die Doldengröße sehr stark variieren. Sie liegt zwischen zwei bis über zehn cm. Wenn die Dolden dann ab Ende August geerntet werden, werden sie beim Pflanzer in der Pflückmaschine von der Rebe, den Stängeln und Blättern getrennt und im Anschluss in der Hopfendarre getrocknet.

Hopfen USA

Ganz, ganz frisch vom Feld: Hopfen in der Pflückanlage. (Foto: NAK)

Grünhopfen

Alle Dolden? Nein, nicht alle!  Ein winziger Teil findet schon als sogenannter Grünhopfen (wet hops im Englischen) seinen Einsatz in der Brauerei. Grünhopfen besteht zu 80% aus Wasser, das sind ca. 70% mehr als in getrockneten Dolden vorhanden sind. Wenn man also Grünhopfen in der Brauerei verwenden und auch ein wahrnehmbares Aroma daraus erzielen möchte, muss man mengenmäßig entsprechend mehr einbringen, und das ist manchmal gar nicht so einfach. Hopfen, der, frisch geerntet, nicht gleich getrocknet wird, fängt innerhalb weniger Stunden an „anzugehen“ – eine ungeklärte Art der Fermentation. Bereits nach 10 Stunden riecht er nicht mehr wie direkt nach der Ernte. Für Grünhopfenbiere muss also das Timing zwischen Ernte und Sieden unbedingt stimmen, am besten der Hopfengarten ist direkt vor der Brauerei..…oder man hat eine wohldimensionierte Gefriertruhe.

...fest fertig. (Fotos: NAK)

Grünhopfen: die frisch abgezupften Hopfendolden. (Fotos: NAK)

Doldenhopfen

Wenn nicht für die Grünhopfung auserkoren, wird die Dolde getrocknet. Jeder Hopfenpflanzer hat seine eigene Hopfendarre, hier ist der Erfahrungsschatz des Hopfenpflanzers unbedingt gefragt, denn die Trocknung ist in puncto Aroma und Geschmack ein kritischer Schritt.

Die getrockneten Hopfendolden werden in ca. 60kg schwere Rechteckballen gepresst. Dadurch sind die Ballen stapelbar. Die Dichte ist so gewählt, dass die Dolden und die Lupulindrüsen großteils in Takt bleiben.

Reinheitsgebot

Hopfenpellets

Zur Herstellung von Hopfenpellets werden die Ballen einer Sorte, z. B. Hallertauer Tradition, der verschiedenen Hopfenpflanzer verwendet. Der Pelletierungsprozess besteht lediglich aus dem Vermahlen des Hopfens, Homogenisierung durch Rühren und dem Pressen der Pellets in definierter Größe. Auch wenn es einfach klingt, steckt sehr viel Tüftelei drin, Fremdpartikel müssen verlässlich raussortiert werden, die Pellets sind bei möglichst niedrigen Temperaturen herzustellen, der Kontakt mit Sauerstoff bis zur Verpackung ist zu minimieren, und die Pelletdichte soll richtig dimensioniert sein. Bei der Pelletierung kommen auch Siebe zum Einsatz, die es ermöglichen die Lupulindrüsen, die die Bitter- und Aromastoffe beinhalten, anzureichern. Dann spricht man von angereicherten Pellets, diese können auf einen bestimmten Alpha-(Bitterstoff) oder Öl-(Aromastoff)gehalt  eingestellt werden.

Da Hopfen ein Naturprodukt ist sind die Aroma-/und Geschmackseigenschaften einer Sorte jedes Jahr unterschiedlich. Diese Unterschiede sind auch in den Pellets vorhanden, jedoch haben Pellets gegenüber Dolden den großen Vorteil, dass sie viel besser haltbar (kein Sauerstoffkontakt) und homogen sind. Durch die Verkleinerung in Pulver geht die Aromastoffextraktion bei Pellets insbesondere bei der Kalthopfung einfacher als bei Dolden. Auch der Anreicherungsgrad der Pellets hat einen Einfluss auf das Hopfenaroma im kaltgehopften Bier, man kann also normale Pellets einer bestimmten Sorte nicht ohne weiteres mit angereicherten ersetzen, bzw. muss sich bewusst sein, dass das einen Geschmacks- und Aromaeinfluss haben wird.

Brauprozess

Für den Brauer sind Hopfenpellets angenehm zu verarbeiten. (Foto: AM)

Hopfenextrakt

Noch höher konzentriert in puncto Bitter- und Aromastoffe ist der Hopfenextrakt. Schändlich wird über ihn gesprochen, dabei ist er von großer Reinheit. Es gibt zwei Möglichkeiten Hopfen zu extrahieren. Entweder mit Kohlenstoffdioxid (CO2) oder mit Ethanol, beider biereigene Stoffe! Bei der Extraktion mit Kohlenstoffdioxid wird überkritisches CO2 verwendet und die Extraktion findet bei sehr hohen Drücken (über 250 bar) statt. Bei dieser Extraktion werden die unterschiedlichen Stoffgruppen unterschiedlich stark angereichert. Die Bitter- und Aromastoffe gehen gänzlich in den Extrakt über, die Polyphenole jedoch nicht. Je nach Sorte und Extraktionsparametern, kann  der Hopfenextrakt über 50% Bitterstoffe und 30% Öle enthalten. Daher können CO2 Extrakte ganz unterschiedlich in  der Farbe (hellgrün bis dunkelgrün) sein. Ganz klare Vorteile des Hopfenextraktes ist seine komprimierte Form, wenig Lagerbedarf, extrem gute Stabilität (über Jahre), hohe Ergiebigkeit. Bei eigenen Brauversuchen haben wir herausgefunden, dass Biere die mit Extrakt im Sudhaus und in der Lagerung gehopft wurden, gegenüber Bieren mit Pellets präferiert wurden. Das muss natürlich nicht immer sein, aber durch die Stoffgruppen, die bei der Extraktion nicht ins Produkt übergehen (z. B. Polyphenole) kann das Mundgefühl, die Bittere, die Adstringenz und das Aroma positiv beeinflusst werden. Leider wurde der Ruf des Hopfenextrakts unverschuldet in letzter Zeit beschädigt.