Axel Kiesbye

Bierobot soll Biertrinker beraten

Martin Rolshausen

Axel Kiesbye hat Ende vergangenen Jahres überraschend einen Teil seines Unternehmens, der Kiesbye Akademie im österreichischen Obertrum, an die Doemens Akademie abgegeben. Was treibt ihn um?

Martin: Zum Jahresende hast du die Schulungen und Lehrgänge im Biersommelier-Bereich deiner Kiesbye Akademie auf die Doemens Akademie übertragen. Wie geht es Dir heute damit? 

Axel: Natürlich bin ich noch wehmütig und vermisse vor allem die Kontakte zu den vielen Bierenthusiasten, die ihre Leidenschaft und Liebe zum Bier über rein wirtschaftliche Überlegungen stellen. Da waren immer sehr viel Enthusiasmus und Lebensfreude im Spiel. Leider ist der Übergang auf Doemens nicht so partnerschaftlich abgelaufen, wie ich das in der „Familie“ der Braubranche eigentlich erwartet hätte. Aber meine Blicke richten sich nach vorne und ich widme mich neuen Ideen. 

Künstliche Intelligenz

Martin: Du hast gesagt, dass du dir jetzt bewusst viel Zeit lässt, um alle spannenden Projekte zu sichten und dann im Herbst mit neuen Ideen kräftig durchzustarten. Ein Projekt ist schon raus: Du hast gemeinsam mit der Bierothek den Bierobot entwickelt. Wie kam es zu dieser Idee? Und was ist ein Bierobot? 

Axel: Es gibt Anwendungsbereiche, wo die persönliche Beratung durch einen Biersommelier nicht möglich ist. Das ist größtenteils im stationären Lebensmitteleinzelhandel nicht machbar, ebenso wenig im E-Commerce-Bereich. Der Bierobot ist ein mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz operierender digitaler Biersommelier, der in der Lage ist, nach wenigen gezielten Fragen eine Kaufempfehlung für ein Bier auszusprechen. Als führender Onlineshop-Anbieter für Bierspezialitäten ist die Bierothek an mich herangetreten, mit meiner Biersommelier-Expertise heraus einen solchen digitalen Bierberater zu entwickeln. Ich fand die Aufgabenstellung sehr reizvoll, zumal ich selber gerne digitale Formate einsetze, wenn diese dem Menschen dienen. 

Ersetzt die Maschine den Mensch?

Martin: Jetzt könnte man sagen: Du hat den Grundstein zur Biersommelier-Ausbildung gelegt und selbst im Bierkulturhaus in Obertrum unheimlich viele Biersommeliers ausgebildet. Und jetzt, wo du dich selbst aus der Ausbildung zurückgezogen hast, ersetzt du Mensch durch Maschine? 

Axel: Nein, überhaupt nicht. Die „Maschine“ ist nur dort sinnvoll, wo der Mensch nicht arbeiten kann. Der Bierobot ist eine sinnvolle Ergänzung und kann den leibhaftigen Biersommelier nie ersetzen. 

Kostengünstiges Qualitätsmanagement

Martin: Du willst jetzt erstmal viel reisen, segeln und Bier brauen und die Gedanken sortieren. Welche Grundgedanken zur Bierbranche im Allgemeinen und zur Kreativbier-Sparte im Besonderen nimmst du denn mit auf die Reise? 

Axel: Die Braubranche befindet sich in einem Umbruch. Meine Mission war es immer, insbesondere die mittelständischen Brauwirtschaft unterstützend zur Seite zu stehen. So gründete und leitete ich die BierIG, die österreichische Bierkonsumentenorganisation, entwickelte das Biersommelierwesen, gründete und leitete den Verband der Diplom Biersommelieres oder entwickelte ich mit der Diplom Brauerei Sensoriker-Ausbildung ein wirkungsvolles und kostengünstiges Qualitätsmanagement-Tool gerade für kleinere Brauereien. 

„Segeln hat sehr viel mit dem Braubusiness zu tun“

Ich habe aber gemerkt, dass die Fragestellungen von Brauerei zu Brauerei sehr unterschiedlich sind und besser individuell gelöst werden können. Auch Brauereien befinden sich auf einer fortlaufenden Reise, wo der Wind drehen kann, manche Zielhäfen wetterbedingt nicht angelaufen werden können, oder auch mal ein Segel reißen kann oder man vom Kurs abkommt. Ich sehe mich auch als „buchbaren“ Skipper, um das Schiff wieder auf Kurs zu bringen oder neue Ziele zu definieren, die leichter und mit weniger Untiefen zu erreichen sind. Entsprechend hat Segeln also sehr viel mit dem Braubusiness zu tun. 

(Hopfenhelden sind ein Unternehmen der Bierothek Group – dieses Interview mit Axel Kiesbye hätten wir aber auch geführt, wenn er kein Projekt mit der Bierothek machen würde.)
(10. April 2024)