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MÜCKE CRAFT BEER: Im Ruhrgebiet geht mehr

Tobias KullmannIm Gespräch, Im Portrait

Ja, Mücke. Mücke wie Biene, aber eigentlich wie das Pferd. So heißt Craft Beer aus dem Revier, für das Revier. Wie, warum – und vor allem: Wer hat sich das alles ausgedacht? Die Mücke-Macher im Interview

Wir müssen einmal die Lederhosen aus dem Kopf bekommen.
Wenn wir an Bier denken.
Denn: Was in Nord-, Süd- und Ostdeutschland zu gerne vergessen wird, ist, dass der deutsche Westen zum einen ein ganz wesentlicher Umschlag- und Produktionsort der deutschen Bierwirtschaft ist und dass es zweitens hier eine ganz eigene Biertradition gibt.

Drittens gibt es im Westen viel Neues. Craftiges, wenn man so will.

Ein Beispiel für die Neu-Hobbybrauer-goes-Profi-Bewegung im Pott ist Mücke Craft Beer. Mücke wie das Pferd. Ein Essener Brau-Duo, das Tradition pflegt und deshalb Himbeer-Gose und Ingwerbierchen macht.

Nur Bahnhof? Ach kommt.

Unser Autor Tobias Kullmann hat sich mit Michael Kesseböhmer und Dennis Pfahl, den Männern hinter Mücke Craft Beer in der Bochumer Trinkhalle auf zwei Bier und ihre ganze Geschichte getroffen.

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Mücke – Craft Beer: Zur Zeit werden drei verschiedene Biere gebraut. (Foto: TK)

Fangen wir mit dem Namen an. Mücke wie was? Und warum?

Dennis Pfahl: Alte Geschichte. Und eigentlich nicht das Insekt. Mücke war der Name des letzten Grubenpferdes auf der Zeche Zollverein. Bis in die 1950er sind unter Tage Grubenpferde zum Einsatz gekommen, um die Kohle zu schleppen, und Mücke war das letzte Pferd auf Zollverein. Weiß ich, weil ich da mal eine Führung gemacht habe, wie man datt als Pottkind auch so mal machen sollte. Da hat ein alter Kumpel das eher beiläufig erzählt, aber bei mir ist es hängen geblieben. War dann so eine Story, die ich gern mal beim  Kneipenabend ausgepackt habe. Und als wir dann später irgendwann für unser Bier einen Namen gesucht haben, kam mir das einfach. Denn wir wollten dem Ganzen unbedingt einen regionalen Stempel aufsetzen, aber halt nicht so plump.

Michael Kesseböhmer: Ist ja auch ein nettes Wortspiel. Wenn man ein Pferd abbildet und Mücke drunterschreibt, dann bleibt der Betrachter erstmal dran hängen. Und mit dem „Schlägel und Eisen“-Siegel darunter als Symbol für den Bergbau und dem Hopfenkranz schließt sich der Kreis.

Ok, also ich sehe schon: Heimatverbundenheit spielt für Euch eine große Rolle…

Dennis: Schon, die Sache mit dem Ruhrgebiet, die treibt mich einfach um und auch an. Ruhrgebiet und Craft Beer. Da ist einfach noch nicht genügend los. Es fehlt noch am Bewusstsein für gutes Bier. Bier kann so viel. Das weiß ich jetzt einfach noch besser, seit ich es selber mache.  Wie viel Arbeit da drin steckt! Man muss Geld investieren, man muss Mut haben. Und ich denke mir dann immer: „Boah, es muss viel mehr Anerkennung stattfinden.“ Gerade auch hier im Pott, in unserer Heimat.

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Die beiden stolzen Chefs mit dem Selbstgebrauten (Foto: TK)

Ihr seid aber keine gelernten Bierbrauer, oder?

Dennis: Nein, nur ambitionierte Biertrinker. Anfangs.

Michael: Letztendlich ist Mücke auch aus einer Bierlaune entstanden. Wir saßen auf dem Balkon und haben uns ein paar Biere reingezwitschert. Mein damaliger Mitbewohner kommt aus Belgien und hat immer leckere Biere mitgebracht, so hatten wir schon auch außergewöhnliche Sachen ausprobiert und angefangen, viel über Bier zu reden. Und irgendwann haben wir halt gesagt: „Lass uns doch mal selber brauen.“ Vor gut zwei Jahren haben wir uns dann ein kleines Heimbraugerät gekauft.

Dennis: Was gibt es denn geileres zu sagen als: „Mann, ich brau mein eigenes Bier“? Und dann haben wir natürlich auch viel Lob von Freunden bekommen, die es probiert haben, das hat uns stolz gemacht und war, wie soll ich sagen, aufregend und spannend.

Und wann habt ihr beschlossen, Euer Bier auch zu verkaufen?

Michael: Gar nicht, wir haben einfach nur ausprobiert und uns gefreut, dass die meisten Biere trinkbar waren. OK, manche waren so speziell, dass man gar kein Bock drauf hatte sie zu trinken.

Dennis: Es kamen aber auch ein paar Biere raus, die wirklich gut trinkbar waren. Die haben wir einem Kumpel hier in die Trinkhalle mitgebracht.

Michael: Da war der Besitzer, der Tom zufällig auch da, und wollte gleich mal probieren. Das war das Ingwerbier. Und dann sagt er, dass er das echt lecker findet und: „Kommt her Jungs, ich verkauf datt.“ Bis zu diesem Punkt hatten wir nie über Verkaufen nachgedacht. Später kamen noch ein paar andere Leute dazu, der Max vom Beermuda hier in Bochum zum Beispiel, und dann mussten wir halt aktiv werden. Wir haben eine Brauerei gesucht, in der wir nach unseren Vorstellungen brauen dürfen und sind dann bei Frank Liebhart gelandet in Detmold, Liebharts Privatbrauerei. Wir kommen super mit ihm zurecht weil er eben auch für allen Mist offen ist, sag ich jetzt mal so. Beim ersten Sud haben wir 30 Kilo Ingwer mit in die Anlage gekippt. Er sagte dann, dass das schiefgehen könnte, wenn es ihm die Rohre verstopft, ließ uns aber trotzdem machen. Das war superklasse.

Dennis: Frank hat auch die Erfahrung, was man feinjustieren und wie man das Brauprotokoll von uns auf seine große Anlage umschreiben muss, so dass es klappt und es dann auch wirklich eins zu eins so schmeckt, wie die Biere die wir zu Hause gebraut haben.

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Ingwer und Himbeeren – hier dürfen leckere Sachen mit ins Bier! (Foto: TK)

Ihr seid aber beide noch in anderen Berufen tätig?

Dennis: Ja, ja, das ist alles nebenberuflich, was wir machen. Craft Beer und Geld verdienen ist eben auch immer so‘n Ding und ein langer, steiniger Weg.

Michael: Genau, es läuft jetzt neben dem Beruf, deswegen. Wäre natürlich schön, wenn man irgendwann mal ein paar Euros damit verdienen kann, gar keine Frage. Bis jetzt haben wir alles, was wir eingenommen haben auch sofort wieder ausgegeben. Neuen Sud, Etiketten, Barcode, Kronkorken usw. Aber das genau macht uns auch richtig Bock.