Nach zwei Jahren harter Arbeit eröffnet das Stone Restaurant Berlin. Robert Hilges ist Küchenchef der Stone Brewing World Bistro & Gardens in Mariendorf. Ein Mann, der schon bei der Bundeswehr, im Adlon und für die malaiische Botschaft gekocht hat. Wie man zu Bier kocht, musste er dennoch neu lernen.
Hoffentlich hat das keiner gehört. Kann man, ja, darf man so etwas hier überhaupt sagen? Hier auf der Terrasse des Stone Restaurants in Berlin? Nicht, dass die frisch verputzten Wände einstürzen, der Boden sich auftut oder der Dämon, äh, Verzeihung, der Gargoyle aus der Fensterscheibe da oben krabbelt und dem Abtrünnigen den Kopf abbeißt! Aber der wiederholt es sogar: „Ja, echt, ich bin kein großer Biertrinker“, sagt Robert Hilges. „In meiner Familie wurde früher immer nur Pils getrunken und das schmeckt mir nicht.“
Nichts passiert. Der Gargoyle bleibt, wo er hingehört, und der Berliner Robert Hilges erzählt weiter, wie er dennoch Küchenchef der Stone Brewing World Bistro & Gardens in Mariendorf geworden ist. Es ist eine ziemlich lange Geschichte, die von der Vattenfall-Kantine über die Feldküche der Bundeswehr bis ins Fünf-Sterne-Hotel Ritz-Carlton in Wolfsburg und schließlich zum Adlon führt. Und erst ganz zum Schluss bekommt sie einen Bier-Twist: Bevor Robert Anfang 2016 als Stone-Koch anheuert, leitete er das Küchenteam des Berliner Hofbräuhaus. „Da bin ich auch zum ersten Mal offener mit dem Thema Bier umgegangen“, sagt er. „Da habe ich nämlich zum Beispiel mein erstes Weizen getrunken.“
Stone Restaurant Berlin: Riesending
Es ist ein Sommermittag kurz vor Eröffnung des Stone-gemäß gigantischen Restaurantprojektes: 4.000 Quadratmeter Gelände, 2.500 davon Restaurant, 600 Plätze, 65 verschiedene Biere. Der Garten sieht schon ziemlich fertig aus, im Gastraum wird noch gearbeitet. Und in Hilges Küche auch. Heute Abend findet eine kleine Independence Day feiert statt. Die Patissière beugt sich tief über eine Sternenbanner-Torte und fummelt fünfzig kleine Marzipansternchen darauf. Ein paar Schritte weiter steht ein junger Koch, dem Hilges auf Englisch schnell ein paar Tipps zum Couscoussalat gibt. Hinten in der Ecke schneidet einer Jalapeños. Aktuell sind sie 16 Köche bei Stone. Plus drei Spüler. Bis Ende des Jahres soll die Mannschaft auf 29 anwachsen. Es ist ganz leise. Ok, draußen ist ja auch noch nichts los. Trotzdem kann man sich gar nicht vorstellen, dass hier abends gebrüllt wird, Töpfe und Messer fliegen und Männer weinen. Weil: So geht es doch zu in Restaurantküchen, oder nicht?
Hilges schüttelt den Kopf. Quatsch. „Zum Brüllen bin ich gar nicht der Typ“, sagt er. Und überhaupt habe er eine ganz andere Art, seine Küche zu führen. Als Bankett-Koch im Ritz-Carlton und im Adlon hat Hilges gelernt, für viele Gäste zu kochen. Events mit 1000, 2000 auch mal 3000 Gästen – alles schon gemacht. Klar, dass das nur mit einer funktionierenden Mannschaft klappt. Teambuilding sei ihm immer ganz wichtig gewesen. Und manchmal lässt sich Teambuilding auch mit ganz praktischen Dingen verbinden: Das Stone-Küchen-Team war neulich zusammen beim Erdbeerpflücken in Brandenburg.
Im Stone Restaurant Berlin wird quasi alles selbst gemacht
Aus den Erdbeeren haben sie dann Marmelade gemacht. Mit einem ordentlichen Schuss Arrogant Bastard. Die können sie für Desserts verwenden oder süße Brotzeiten. Erst einmal aber stehen die Gläser der Bier-Erdbeermarmelade in der Speisekammer, neben eingemachten Gürkchen, Chutneys, Zeug. „Wir verwenden keine Convenienceprodukte außer Tomatenmark“, sagt Hilges. Heißt: Sie machen so gut wie alles selber: Brot, Aufstrich, Pasta, Eis. Der Chef, Greg Koch, als Yoga-machender Kalifornier ja voll und ganz auf „sustainability“ geeicht, hat die Latte, wie in seinen US-Restaurants auch, extrem hoch gehängt: Die getrockneten Tomaten, die auf ein paar Blechen vor sich hindörren sind zweite Wahl, vor der Verschwendung gerettete Lebensmittel also. Das Fleisch ist zu 100% bio, Fisch aus der nachhaltigen Zucht, Gemüse aus der Region. Das alles hat natürlich seinen Preis. Es gilt auch bei der Speisekarte des Stone Restaurant Berlin das Stone Brewing Motto: „It’s not too expensive. You’re too cheap.“
Nun fragt man sich natürlich, ob sich der ganze Aufwand lohnt. Kommen die Gäste denn nicht in erster Linie für das Bier ins Stone Restaurant Berlin? Ist das Essen da nicht eher Beiwerk? Hätten es ein paar „pretzels with cheese“ auch getan? Robert Hilges nickt. Klar steht das Bier hier im Vordergrund. „Ich sehe das Restaurant selbst auch als ein Marketingtool für das Bier.“ Aber das heißt ja nicht, dass man dem Essen deshalb weniger Liebe schenkt. Im Gegenteil: Zu richtig gutem Bier gehört auch richtig gutes Essen.
Kochen mit Bier? Kein Problem. Zu Bier? Anderes Thema.
„Als Koch habe ich natürlich immer schon mit Bier gekocht“, erzählt Hilges. „Für Marinaden und Soßen hat das schon meine Oma verwendet.“ Zum Bier zu kochen, Gerichte zu bestimmten Bieren zu entwickeln, war für ihn allerdings neu. Dafür schickte Greg Koch ihn im Februar nach San Diego, wo Hilges gemeinsam mit Bill Sysak, dem Stone Beer Ambassador und einer Größe in Sachen Beer and Food Pairings, die Speisekarte des Stone Restaurants Berlin ausgetüftelt hat. Seine wichtigsten Erkenntnisse dabei: 1. Das Naheliegendste ist nicht immer das Beste. 2. Paprika, yeah! 3. Wein kann gar nichts – verglichen mit Bier.
„Für das Chai Stout habe ich ein marokkanisches Rindfleischgericht gekocht, mit Sternanis, Zimt und Safran“, erzählt er. „Bill schlug dann vor, dazu lieber das Arrogant Bastard zu servieren. Gericht und Bier haben zwar miteinander harmoniert, ergaben aber zusammen einen Einheitsgeschmack, weil sie so ähnlich waren. Mit dem Arrogant Bastard gab es hingegen einen gegenseitigen Kick.“
Mit Bier geht einfach mehr
Außerdem erklärte der Amerikaner dem Berliner Top-Koch, welche Weinmenü-Grundregeln er sofort über Bord werfen könne. Das mit der Paprika etwa: „Paprika geht so gut wie nie zu Wein, weshalb man in der gehobene Küche oft ganz auf Paprika verzichten muss.“ Mit Bier hingegen? Kein Problem! Überhaupt stellte Hilges schnell fest, dass die Möglichkeiten im Stone Restaurant Berlin größer sind. „Wein ist weiß, rosé oder rot“, sagt er. Und Bier? Alles! Von Wit bis Stout. Sauer bis rauchig. Mango, Honig, Tabak, Eiche – anything goes.
Robert Hilges ist immer noch kein Beer-Geek. Aber: „Ich kann das große Interesse an Craft Beer schon verstehen. Wer das entdeckt, der fühlt sich, als hätte er bisher sein ganzes Leben lang Tafelwein getrunken und dann festgestellt, dass es auch Bordeaux gibt.“