Sylvia Kopp, Gründerin der Berlin Beer Academy und Berliner Bierbotschaft, über das Verhältnis von Craft Breweries und traditionellen Kleinbrauereien
Craft Beer von Neugründungen und das Bier aus traditionellen, deutschen Handwerksbrauereien – das sind für mich keine entgegengesetzten Pole, sondern ein Sowohl-als-auch. Ich selbst komme aus dem Bereich der deutschen Klassik, da kenne ich mich aus. Denn als ich 2007 anfing, mich intensiv mit Bier zu beschäftigen, gab es hier nichts anderes. Und bis heute weiß ich ein gut gemachtes Pils oder ein Weizen auch sehr schätzen. Zugleich faszinieren mich Craft Biere aber ungemein.
Die größten Innovationen der vergangenen Zeit kommen nun mal aus der Craft Beer Szene. Vor allem, weil viele Craft Brewer Quereinsteiger sind. So gehen sie ganz anders ans Biermachen ran als jene, deren Familien seit Jahrhunderten brauen. Craft Brewer müssen keine über die Zeit gewachsenen Erwartungen an sich und ihr Bier erfüllen, sie haben keine Stammkundschaft zu bedienen, müssen keine Gewohnheiten brechen. Sie fangen von Null an und wachsen mit ihrer Nachfrage. So können sie ganz Neues ausprobieren.
Für Traditionsbrauer ist es nicht leicht: Mitmachen oder lieber die Stammkundschaft nicht verschrecken?
Es gibt klassische Brauer, die diese Innovationen aufnehmen. Allerdings stehen sie schnell vor einem Problem: Sie wissen nicht so recht, wie sie das Neue in ihr Stammgeschäft integrieren sollen und haben Angst, sich selbst zu kannibalisieren. Auf der einen Seite wollen sie die Kundschaft in ihrem Heimatmarkt nicht abschrecken. Schon möglich, dass man da so manchen vor den Kopf stößt, wenn die fränkische Traditionsbrauerei aus dem Nachbarort plötzlich ein American Pale Ale macht. Auf der anderen Seite wollen sie ihre Chance nicht verpassen, in der sich im Wandel befindlichen Bierbranche neue Märkte zu erobern.
Dazu kommt, dass Craft Beer lauter ist. Auch wenn Craft Brewer nicht unbedingt Unsummen für Marketing ausgeben, fallen sie doch mehr auf als die meisten Traditionsbrauereien. All das mag so manchem klassischen Brauer Angst machen, tatsächlich fürchten muss sich meiner Meinung nach aber keiner vor den Craft Bieren. Der Markt ist eng, aber nicht zu eng. Wer wirklich gutes Bier braut wird seine Kunden auch in Zukunft finden. Leichter vielleicht sogar, wenn die Craft Beer Szene unser „Allerweltsgetränk Bier“ in neuem Glanz erstrahlen lässt.