Bier-Konzern schließt „Amerikas älteste Craft Brewery“

Martin Rolshausen

Anchor Brewing Co. – der Name war passend. Wer, wenn nicht diese Brauerei in San Francisco verkörperte das, was auf die Etiketten ihrer Flaschen und auf ihre Dosen gedruckt war. Der Anker steht für Halt und Stabilität – gerade in stürmischen Zeiten. 127 Jahre lang war die Anchor Brewing Co. ein Anker in einer Branche, die oft stürmische Zeiten erlebt hat. War -Vergangenheit. Denn an diesem Mittwoch (12. Juli 2023) hat Anchor-Sprecher Sam Singer den 61 Mitarbeitern mitgeteilt, dass die Brauerei geschlossen wird. Das hat die Zeitung San Francisco Chronicle berichtet.


Die Schließung erfolgt fast auf den Tag genau sechs Jahre, nachdem der japanische Bierkonzern Sapporo die Anchor Brewing Co. gekauft hat. 85 Millionen US-Dollar soll der Konzern bei der Übernahme am 3. August 2017 bezahlt haben. Fünf Jahre später griff Sapporo noch einmal tief in die Tasche. 2022 kaufte der Konzern eine weitere große kalifornische Brauerei: Stone Brewing San Diego. Stone und Anchor werden seit der Übernahme durch den Konzern in den USA nicht mehr als Craft Breweries bezeichnet, weil eins der Kriterien als solche zu gelten, die Eigenständigkeit ist.

Millionen-Verluste


Dem San Francisco Chronicle sagte Sam Singer, dass diese weitere Übernahme keinen keinen Einfluss auf die Entscheidung gehabt habe, Anchor zu schließen. „Während der Umsatz von Sapporo im Jahr 2020 auf dem Höhepunkt der Pandemie zurückging, verzeichnete das Unternehmen im Jahr 2022 ein Umsatzwachstum von 9 % und sein Jahresbruttoeinkommen stieg laut MarketWatch um 4 % auf 139 Milliarden US-Dollar“, schreiben die Chronicle-Journalisten Jess Lander und Caleb Pershan. Grund für die Schließung seien Verluste von „Millionen von Dollar pro Jahr“, zitieren sie Sam Singer. Anchor habe allerdings bereits Verlust gemacht, als die Brauerei an die Japaner verkauft wurde.


Der Betrieb wird laut San Francisco Chronicel ab sofort eingestellt. „Anchor hat bereits sein letztes Bier in der historischen Brauerei Potrero Hill gebraut“, teilt er mit. Der Schankraum der Brauerei werde bis zum 1. August, möglicherweise auch länger, in Betrieb bleiben. Noch ist ja Bier im Lager.

„America’s First Craft Brewery“


Anchor gilt als die älteste sogenannte Craft Brewery in den USA. „Wir sind uns der Bedeutung und historischen Bedeutung von Anchor für San Francisco und die Craft-Brauerei-Industrie bewusst“, sagte Singer dann auch dem Chronicle. Aber: „Die Auswirkungen der Pandemie, der Inflation – insbesondere in San Francisco – und eines hart umkämpften Marktes ließen uns keine andere Wahl, als es zu tun.“
Anchor, deren Bier auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz verkauft wird, habe unter der Pandemie besonders gelitten, weil die Brauerei ihr Bier vor allem in Kneipen und Restaurants verkauft. Es sei nicht gelungen mit entsprechenden Mengen im Handel erfolgreich zu sein. Anchor ist eine von vielen Brauereien weltweit, die mit diesen Problemen zu kämpfen hatten und teilweise immer noch haben. Die Bierverkäufe seien 2022 in den USA mengenmäßig um etwa 3 % zurückgegangenen, und die Stagnation bei Craft Beer habe dazu geführt, dass sich mehrere Brauereien in der kalifornischen Bay Area zusammenschlossen, um am Leben zu bleiben“, zitiert der San Francisco Chronicle die National Brewers Association.

Ein Funke Hoffnung

Die Brauerei, die sich selbst als „America’s First Craft Brewery“ bezeichnet, hat auf ihrer Homepage noch nichts von der Schließung mitgeteilt.


Liebhaber der teilweise experimentellen Anchor-Biere hoffen auf eine Rettung in letzter Minute. Der langjährige Besitzer Fritz Maytag hat Anchor schließlich 1965 auch kurz vor der Pleite gekauft. Sam Singer hat da keine Hoffnung. Er sagte San Francisco Chronicle, dass „wiederholte Versuche“, einen neuen Käufer zu finden, gescheitert seien. Der Anker wird also für immer eingeholt.

Foto: Screenshot Website Anchor Brewing Co.
(12. Juli 2023)