Bier Abfüllung

BIERABFÜLLUNG: Wie wird Bier eigentlich abgefüllt?

Stuart J. NessbachBierwissen

[Sponsored Post] Allein in den letzten gut 100 Jahren hat die Herstellung und Vermarktung von Bier eine Entwicklung genommen, die sie quasi vom mittelalterlichen Handwerk direkt in die industrielle Produktion katapultiert hat. Besonders deutlich wird das im Bereich Abfüllung. Stuart Nessbach von KHS, einem der führenden Hersteller von Abfüll- und Verpackungsanlagen für die Getränke-, Food- und Nonfood-Industrie, wirft für uns einen Blick auf die Geschichte der modernen Abfüllanlage.  

Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts musste einen Tonkrug dabeihaben, wer sein Bier von der Schankwirtschaft nach Hause transportieren wollte. Glasflaschen waren zwar schon lange im Einsatz, aufgrund ihrer vergleichsweise hohen Kosten jedoch dem Wein vorbehalten. Erst um 1875 begannen Flaschen die Krüge abzulösen. 1901 promovierte der spätere Reichskanzler und Außenminister der Weimarer Republik Gustav Stresemann über die „Entwicklung des Berliner Flaschenbiergeschäfts“ – zu einer Zeit, als Bier noch per Hand mit Hilfe von teils abenteuerlichen Apparaturen abgefüllt wurde. Maßgeblich für den Siegeszug der Bierflasche waren der Bügelverschluss sowie etwas später die Einführung des Kronkorkens mit seinen 21 Zacken, die für einen mündungsfesten, rundum sicheren Sitz des Verschlusses sorgen: Hatte er mehr Zacken, ließ er sich kaum öffnen, wies er weniger auf, war er undicht – das Bier verdarb oder lief aus.

Bier Abfüllung

Erst im letzten Jahrhundert setzte sich diese Art der Bierverpackung durch. (Foto: StP)

Erste deutsche Füllmaschine ist aus den 1960ern

In den Zwanziger- und Dreißigerjahren entstanden die ersten automatischen Füller in den USA. Bis diese den Weg nach Deutschland fanden, sollte es noch bis nach dem Zweiten Weltkrieg dauern. Hierzulande konzentrierte man sich lange auf die Herstellung von Maschinen zur Flaschenreinigung. Erst in den Sechzigerjahren wurden Füllmaschinen speziell für die Bierabfüllung entwickelt – zu den Pionieren gehörten das Dortmunder Unternehmen Holstein & Kappert sowie die Bad Kreuznacher Seitz-Werke, die später zum Anlagen- und Maschinenbauer KHS zusammengeführt wurden.

Dreifach bedroht: die Haltbarkeit des Bieres

Die Anforderungen an die Haltbarkeit des Bieres wurden schnell höher, da es sich nun dank Flaschen und Kisten, letztere erst aus Holz, später aus Kunststoff, in alle Welt verschicken ließ – das konnte dauern und erfolgte nicht ganz ohne Risiko.

Selbst heute noch gefährden drei Faktoren die dauerhafte Qualität des Getränks:

  • Das Bier muss vor UVA-Strahlen geschützt werden, da es sonst den gefürchteten Lichtgeschmack entwickelt, wenn sich aus dem Hopfen stammende Bitterstoffe in MBT (3-Methyl-2-buten-1-thiol) verwandeln. Zum Schutz des Bieres stellte man die Flaschen deshalb schon sehr früh aus grünem oder – noch wirksamer – braunem Glas her.
  • Um eine mikrobiologische Verunreinigung des Bieres zu verhindern, muss in der gesamten Verarbeitung auf größtmögliche Hygiene geachtet werden. Sehr früh dachte man deshalb über die Reinigung der Werkzeuge und Maschinen nach und optimierte sie kontinuierlich in einem unter dem Stichwort „Hygienic Design“ bis in die Gegenwart andauernden Prozess.
  • Als größter Feind des Bieres gilt der Sauerstoff, dessen Effekt auf die Haltbarkeit erst in den Achtzigerjahren wissenschaftlich untersucht wurde – mit dem Ergebnis, dass man zukünftig mit äußerster Sorgfalt darauf bedacht war, Bier möglichst sauerstofffrei abzufüllen.
Bier Abfüllung

Bier Abfüllung: Zisch und voll. (Foto: StP)

Abhilfe: die isobarometrische Füllung

Bei der heute längst üblichen isobarometrischen Füllung wird in der Flasche derselbe Druck wie im Bierkessel erzeugt, sodass das Getränk der Schwerkraft folgend nur durch das eigene Gewicht in die Flasche laufen kann, ohne dabei zu schäumen und an Kohlensäure zu verlieren. Der Innendruck der Flaschen entsteht durch das sogenannte Vorspannen mit CO2, das durch das einlaufende Bier in den Ringkessel zurückweicht. Um zu verhindern, dass Restsauerstoff in der Flasche eingeschlossen wird, muss das Bier am Ende des Füllprozesses kurz zum Überschäumen gebracht und unmittelbar danach verschlossen werden.

Bei der Bierabfüllung in Dosen wird eine niedrige Sauerstoffaufnahme durch Spülen mit CO2 erreicht, wobei das Augenmerk bei modernen Dosenfüll-Anlagen auf der Effizienz liegt, die sich in einem möglichst niedrigen CO2-Verbrauch ausdrückt und für geringen Produktverlust sorgt. Auch hier muss der Kopfraum mit einem Schaumkopf ausgefüllt sein, bevor der ebenfalls mit CO2 unterspülte Deckel aufgesetzt und verschlossen wird. Um eine möglichst gleichmäßige, ausreichende Schaumfüllung und Unterdeckelbegasung zu erzielen, bietet sich die innovative volumetrische Füllung an, bei der magnetisch induktive Durchflussmesser die Füllmenge exakt bestimmen. Den hygienischen Anforderungen begegnen moderne Dosenfüller zum Beispiel durch spaltfreie Tulpenabdichtungen mit Faltenbälgen aus PTFE (Teflon). Dadurch kann auf eine Wasserschmierung verzichtet werden, die mit dem Risiko der Tropfenbildung und Eintrag in die offenen Dosen verbunden wäre. Der Einsatz von PTFE in der Fülltechnik minimiert die Geschmacks- bzw. Aromenübertragung beim Produktwechsel und ermöglicht so eine flexible Produktion.

Bier Abfüllung

Alternative: Bier Abfüllung in die Dose. (Foto: NAK)

Auf die Temperatur kommt es an.

Ein wichtiger Aspekt bei der Abfüllung ist auch die Temperatur: Früher wurde Bier bei 0 bis 4 Grad Celsius abgefüllt – die niedrige Temperatur sorgte für geringeren Druck und trägeres Bier, dass sich aufgrund von weniger Schaumbildung leichter und mit höherer Leistung verarbeiten ließ. Der Nachteil liegt auf der Hand: Der Behälter nimmt die Temperatur des Füllgutes an und bildet Kondensat, das sogenannte Schwitzwasser, das Probleme mit der Haftung von Etiketten verursacht, für Nässe und mikrobiologische Verunreinigung im Lager sorgt und Karton- und Tray-Verpackungen aufweichen und instabil machen würde. Im Laufe der Jahre hat man deshalb die Abfülltemperatur sukzessive auf die heute üblichen 20 Grad Celsius erhöht – der Weiterentwicklung und Verbesserung der Maschinentechnik sei Dank.

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