Flying Dog und der Gonzo-Mann

Martin RolshausenBier, Uncategorized

In manchen Momenten kommt es nicht nur darauf an, was in einer Flasche oder Dose drin ist, sondern auch, was drauf ist. Etiketten entscheiden nicht selten, welches Bier Menschen im Laden oder im Onlineshop kaufen. In einer Serie stellen wir an dieser Stelle Bier-Etiketten und ihre Geschichte vor.

Craft Brewer erzählen gerne verrückte Geschichten, wenn es darum geht, sich selbst und damit ihr Bier interessant zu machen. Ob diese Geschichten immer wahr sind, sei einmal dahingestellt. Unter all den wilden Geschichte ist das womöglich die wildeste – und es spricht sehr vieles dafür, dass sie auch wahr ist:

„Vor mehr als 30 Jahren traf sich eine Gruppe von Amateurwanderern mit Sauerstoff- und Alkoholmangel in einem Hotelzimmer in Pakistan, nachdem sie den tödlichsten Berg der Welt bestiegen hatten. Dort wurde Flying Dog geboren.“ So fing es an mit einer der inzwischen erfolgreichsten US-amerikanischen Craft Breweries.

Das von Ralph Steadman gestaltete Flying-Dog-Logo. Foto: Martin Rolshausen


Der Mann, der die Expedition zum Gipfel des K2 1983 leitete, war George Stranahan. Der promovierte Physiker, Gründer des Aspen Center for Physics, professioneller Fotograf und Schriftsteller war damals bereits 52 Jahre alt. Es dauerte allerdings 7 Jahre, bis er 1990 eine Brauerei in Woody Creek, Colorado, eröffnete – zusammen mit Richard McIntyre.

Hunter S. Thompson bringt Ralph Steadman ins Spiel


Woody Creek – das war auch die Adresse des Gonzo-Journalisten Hunter S. Thompson. Von dem Mann stammt unter anderem der Satz: „Good people drink good beer.“ In der Taverne von George und Richard wurde er fündig. Hunter brachte nicht nur Durst mit, sondern auch eine Idee. Er drängte George Stranahan, sich mit dem britischen Künstler und Illustrator Ralph Steadman zusammenzusetzen. Hunters Vorschlag: Der Mann, mit dem er bereits zusammengearbeitet hatte, könnte doch die Etiketten der Flying-Dog-Biere gestalten.

Ralph Steadman Foto: Wikipedia

Ralph Steadman stimmte zu. Sein erstes Etikettenkunstwerk war für das Road Dog Porter, ein Bier, das von Thompson angeregt wurde und über das er auch schrieb. 2005 kreierte die Brauerei zu Hunter S. Thompsons Ehren ein neues Bier: Gonzo Imperial Porter. Kurz zuvor hatte Hunter seine letzten Zeilen geschrieben: „Keine Spiele mehr. Keine Bomben mehr. Kein Laufen mehr. Kein Spaß mehr. Kein Schwimmen mehr. 67. Das sind 17 Jahre über 50. 17 mehr als ich brauchte oder wollte. Langweilig. Ich bin nur noch gehässig. Kein Spaß – für niemanden. 67. Du wirst gierig. Benimm dich deinem hohen Alter entsprechend. Entspann‘ dich – es wird nicht wehtun.“ Dann hat er sich erschossen.

Das Gonzo Imperial Porter sollte eigentlich nur in limitierter Auflage in 750-ml-Flaschen erhältlich sein – es gehört aber bis heute zum Sortiment der Brauerei.

Diese Hunde sind typisch für den Stil von Ralph Steadman. Foto: Martin Rolshausen

Ralph Steadman hat der Brauerei aber nicht nur viele wilde Zeichnungen mit oder ohne Hund, aber immer mit der Fledermaus gezeichnet. Er hat auch einen Spruch aufgeschrieben, der zur Philosophie des Unternehmens geworden ist: „Gutes Bier, kein Mist.“

Die Brauerei hat George Stranahan längst verkauft. Gebraut wird nicht mehr in Woody Creek, Colorado, sondern in Frederick, Maryland. Für die Leitung der Brauerei sind die Kunstwerke von Ralph Steadman nach wie vor wichtig. Denn: „Wir betrachten Craft Beer als eine Kunstform, die ihresgleichen sucht.“

In dieser Reihe haben wir auch erklärt, wie der Wiener Strizzi auf die Rodauner Bierflasche kam.

(22. Oktober 2023)