Cider

CIDER: Was ist das eigentlich?

Philipp Brokamp

Wer im Craft Beer Kosmos kreist, begegnet früher oder später unvermeidlich dem Thema Cider. Warum, was das ist und wie er gemacht wird, weiß Braumeister Philipp Brokamp aus der Berliner Brauerei Hops & Barley. Er macht nämlich selbst seit jeher einen Cider für seine Friedrichshainer Kneipe

Was ist eigentlich Cider?

So genau wusste ich das vor acht Jahren, als ich die Brauerei eröffnet habe, auch nicht. Ich dachte nur, wir vergären einfach mal ein bisschen Apfelsaft.

Und damit lag ich schon ganz gut: Der englische Cider und der französische Cidre sind im Grund das gleiche Getränk, nämlich Apfelschaumwein oder Apfelsekt. Der entsteht, wenn man Äpfel presst und den Most unter Druck, sprich im geschlossenen Tank oder in der Flasche, vergären lässt. Hier liegt der Unterschied zum deutschen „Eppelwoi“ oder Apfelwein: Cider sprudelt, er behält seine Gärkohlensäure bzw. bekommt bei der industriellen Herstellung Kohlensäure hinzugefügt.

Anders als beim Bier sind die Begrifflichkeiten nicht so streng definiert. Im Grunde meinen diese Begriffe alle dasselbe:

  • Cider oder Hard Cider (US)
  • Cidre
  • Apfelschaumwein oder Apfelsekt; Sauerer Most; Mostheurigen (österr.) oder auch Viez

Einzig der Begriff „White Cider“ steht fest: So muss man Produkte nämlich bezeichnen, die zu großen Teilen aus Wasser und Zucker bestehen. Echt, guter Apfelsekt hingegen ist aus 100 Prozent Apfelsaft.

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Philipp Brokamp schenkt im Hops & Barley seit acht Jahren Cider aus. Mit stetig großem Erfolg, wie er sagt. (Foto: NAK)

Was hat Cider mit Craft Beer zu tun?

Auf den ersten Blick nicht viel, eigentlich hat er mehr mit Wein als mit Bier gemeinsam.

Aber vor allem in Großbritannien hat jeder Pub neben diversen Bieren auch mindestens einen Cider am Hahn. Das ist dort ganz normal, der gehört fest zum englischen Bierlokal, es ist eine Ergänzung des Sortiments, die Alternative zum Bier, wie das bei uns sonst vielleicht der Hauswein ist. So bin auch ich auf das Thema gekommen, ich habe gute Freunde in Schottland.

Ist Cider für Mädchen?

Er kann durchaus die Mädchen-Alternative zum Bier sein, in den britischen Pubs genauso wie bei uns auch. Aber vereinfacht zu sagen, Cider ist süß und Bier ist herb, deshalb trinken die Jungs dies und die Mädels das, das ist falsch. Ich stelle meinen Cider so her, dass man gar nicht sagen kann, ob er per se lieblich ist oder herb. Jedes Fass ist von-bis. Es ist immer die Frage, wie alt es ist.

Welche Geschmacksrichtungen gibt es?

Grundsätzlich kann man den Geschmack folgendermaßen beschreiben:

  • herb/ trocken
  • süß/ lieblich

Der Cidermacher kann beeinflussen, ob er ein trockenes oder liebliches Endprodukt will, indem er die Gärung beim jeweils gewünschten Restzuckergehalt stoppt. Dafür kann er pasteurisieren, filtrieren oder schwefeln.

Ich mache das nicht und lasse meinen Cidre leben. Er gärt, wenn er am Hahn ist, weiter, Zucker werden abgebaut und Alkohol entsteht. Stammgäste fragen deshalb auch: Wie ist denn dein Cider heute?

Der trockene Cider ist deutlich alkoholreicher, meiner hat bis 6,5 Prozent Alkohol. Es gibt auch welche, die bis 10 oder 11 Prozent gehen. Dafür muss man ordentlich nachzuckern. Bei mir in der Kneipe ist er am beliebtesten, wenn er um 4-4,5 Prozent hat. Dann hat er noch eine schöne Restsüße.

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Im Keller des Hops & Barley, Berlin. Da mag sehr wohl irgendwo auch ein Cider sein. (Foto: NAK)

Wie wird Cider hergestellt?

Der Aufwand, Cider zu machen, ist nicht so groß, wie Bier zu brauen. Man muss nicht maischen, kochen, läutern. Dafür sind die Grundstoffkosten etwas höher.

Zur Erntezeit kann ich regional ganz frisch gepressten Apfelsaft in der Mosterei direkt in meine Fässer füllen. Den habe ich dann auch schon mal ganz und gar sich selbst überlassen. Einfach warten, bis die wilden Hefen, die über die Apfelschalen in den Most gekommen sind, daraus Apfelsekt machen. Das gibt die unterschiedlichsten Resultate. Meiner Erfahrung nach ist es ganz gut, auch wenn der Saft unpasteurisiert ist, bestimmte Hefen beizugeben, die die Gärung in gewisse Bahnen lenken. Die für den Apfelsaft optimierte Hefemischung setzt sich in der Regel durch. Außerhalb der Erntezeit muss ich mit pasteurisiertem Apfelsaft arbeiten, da gebe ich dann ohnehin eine spezielle Ciderhefe bei, damit die Gärung losgehen kann.

Ich mache eine normale, offene Gärung und messe den Zuckergehalt regelmäßig, der anfangs bei 14 bis 15 % liegt und jeden Tag ein bisschen sinkt. Wie beim Bier die Stammwürze zählt beim Cidre der Zuckergehalt. Bei einem bestimmten Zuckergehalt geht es in die Drucktanklagerung, damit die Kohlensäure enthalten bleibt. Dann kann ich über die Temperatur steuern, wie lange es dauern soll. Ciderhefe sind eigentlich obergärig, ich lasse sie bei 15 bis 20 Grad vergären, wie meine Weizenbiere. Im 0-Grad-Kühlraum werden die Hefen sehr viel träger und die Gärung stoppt nahezu.

In der Regel dauert es vier bis fünf Wochen, bis der Cider optimal ist.

Gibt es unterschiedliche Cider?

Unterschiedliche Apfelsorten ergeben ganz unterschiedliche Cider. Mal ist der Gerbstoffgehalt besonders hoch, mal ist eine Sorte eher säurebetont, andere sind sehr süß und so weiter. Man kann auch bei ein- und derselben Sorte verschiedene Hefen ausprobieren, auch damit erzielt man deutliche Unterschiede. Ganz so kreativ und abwechslungsreich wie das Bierbrauen ist das Cidermachen für mich als Brauer, das sage ich ganz ehrlich, aber dann doch nicht.

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Für DIYler: So geht Cider- bzw. Apfelweinmachen zuhause. (Quelle: Ladenzeile.de)

Empfohlene Cider:

  • Apple County Cider Co., Vilberie Medium Dry: Whitehouse Farm, Newcastle, Monmouthshire, Wales
  • Hallets Real Cider: Blaengawney Farm, Mynydd Maen, Hafordyrynys, Crumlin , Wales
  • Bayeaux Cidre Brut Traditionnel: Cidrerie Viard, Gueron, Normandie, Frankreich
  • Samuel Smith’s Organic Cider: Tadcaster, North Yorkshire, England
  • Cidrerie Kerné, Keltys: Pouldreuzic, Finistère, Bretagne, Frankreich
  • Hops & Barley Cider: Berlin, Deutschland