FRAU GRUBER: Der lang gehegte Masterplan

Nina Anika Klotz

Gut, wenn man weiß, was man will: Die beiden Augsburger Freunde Matthias Gruber und Enzo Frauenschuh zum Beispiel, die wollten eine Craft Beer Marke. Eine eigene. Und das haben sie gut geplant und bestens vorbereitet. Jetzt ging Frau Gruber endlich an den Start

Matthias Gruber und Enzo Frauenschuh kennen sich von der Rampe. Nicht Reste. Skaten und so. „Wir sind seit zwanzig Jahren beste Freude. Das ist fast schon ein brüderliches Verhältnis.“ Jeden Tag hingen sie zusammen „an der Rampe“ von Gersthofen rum, wo der Matthias Skateboard und der Enzo BMX-Rad fuhren. Lange bevor sie gemeinsam Frau Gruber gründeten. Lange bevor Craft Beer ein Ding wurde. Lange bevor Enzo Brauwesen in Weihenstephan studiert und Matthias den Großhandel Liquid Hops aufgebaut hat. So lange kennen die beiden Freunde sich nämlich schon.

Frau Gruber

Hier wird Frau Gruber Bier gebraut. (Foto: StP)

Und weil Matthias Gruber und Enzo Frauenschuh schon so lange beste Freunde sind, hatten die beiden ausreichend Zeit, gemeinsam und mit Bedacht Pläne für ihr gemeinsames Unternehmen zu schmieden. Das fing schon an, als Matthias, damals noch bei einem Druckmaschinenhersteller angestellt und oft monatelang auf Montage, in Australien war und Enzo ihn besucht hat. Da gingen sie zusammen Craft Beer trinken. Dann studierte der Enzo Brauwesen in Weihenstephan und wurde den Wunsch („Idee, Spleen, nenn’s wie du willst“, sagt er) nicht mehr los, irgendwann eine eigene Brauerei zu haben. Schließlich gründeten Matthias und Enzo zusammen im November 2013 „Liquid Hops“, einen Craft Beer Großhandel – anfangs mit dem Fokus auf dem Import amerikanischer und belgischer Biere, aber immer schon mit der Vision, darauf aufbauend irgendwann einmal eigenes Bier zu brauen und zu verkaufen.

Craft Beer? Nur so nebenbei.

Für beide ist das Craft-Beer-Unternehmen zunächst ein Nebenjob. „Ich habe halt immer, wenn eine neue Lieferung kam, schnell ausgestempelt und bin hingefahren“, erzählt Gruber. Das ging, schon, irgendwie, mit Gleitzeit. Es ging auch irgendwie zunächst in der Garage seines Vaters, dann in einem kleinen 100 m² Lager. Aber als die Nachfrage nach besonderen Bieren, nach Craft Beer von Evil Twin, Prairie oder Beavertown immer weiter stieg, mussten sie schließlich in eine 450 m² große Halle mit 9 Meter hohen Regalen umziehen. Und Matthias Gruber machte Craft Beer zu seinem Hauptberuf.

Frau Gruber

Und auch hier lief bereits Frau Gruber durch… (Foto: StP)

Frau Gruber: Erst Marke, dann Zeug? Andersherum!

„Wenn du zuerst eine Marke, also eine Bier- oder Braumarke aufbaust, dann bist du irgendwann nur noch mit Buchhaltung, Marketing und so weiter beschäftigt“, erklärt Enzo Frauenschuh mit einem Kaffee in der Hand an einem sonnigen Frühlingstag in Gundelfingen an der Donau. „Zur eigentlichen Sache, zum Bierbrauen, kommst du gar nicht mehr.“ Also war ihre Idee: Erst einmal Strukturen schaffen. Einen Vertrieb aufbauen. Eigene Absatzwege klar machen. Und der Plan ging auf: Frau Gruber (wegen Frauen-schuh und Gruber, klar, oder?) kam im Februar 2017 mit einem ordentlichen Wumms auf den Markt. Sechs Sorten, 120 Hektoliter Bier, aus dem Stand gebraut – und fast genau so zackweg verkauft. Das macht man als grünohriger Szene-Newbie nicht so einfach nach.

Natürlich macht man das auch nicht so einfach als Hobby-goes-Professional-Brauer, der mal einen ersten Versuch wagt. Eh klar: Die Frau Grubers, das sind Profis. Nach seinem Studium arbeitet Enzo Frauenschuh fünf Jahre als Braumeister bei Riegele in Augsburg. Ziemlich geile Zeit damals: Der Junior der Brauerei war gerade an Bord gegangen, die Braumanufaktur gab es bereits, das Angebot der internationalen Brauspezialitäten wird nach und nach ausgebaut, der junge Braumeister kommt viel herum. Wenn diese eine Sache nicht wäre: „Mein direkter Chef, der erste Braumeister Frank Müller, der hat noch 15 oder 16 Jahre bis zur Rente.“ Und das ist natürlich – auch wenn der Chef und alles ziemlich cool ist – nicht so prickelnd für die Perspektiven für eines ambitionierten Endzwanzigers.

Frau Gruber

Die Camba Old Factory in Gundelfingen von außen. (Foto: StP)

Anfang 2016 kommt Enzo Frauenschuh mit Markus Lohner, Chef von Braukon und Camba Bavaria, ins Gespräch. Der plant, ganz in der Nähe von Frauenschuhs Heimat eine Art Leih-Brauerei zu eröffnen, eine moderne 20-Hektoliter-Brauerei mit reichlich Lagerkapazitäten, in der sich Gypsiebrauer aus dem In- und Ausland sudweise einmieten können sollen. Platz dafür findet er in einer alten Weberei in Gundelfingen. Er bietet dem Braumeister Frauenschuh an, diese Brauerei zu leiten. „Für mich kam das aber nur in Frage, wenn ich die Möglichkeit bekäme, zugleich selber etwas machen zu können“, sagt dieser. Der Unternehmer, Gründer und Craft-Pionier Lohner versteht das. Und so werden sie sich schnell einig.

Die Startsituation für Frau Gruber hätte nicht besser sein können. Es war alles da: Kontakte in die Craft Beer Szene, ein laufender Vertrieb, eine nigelnagelneue Brauanlage zur Benutzung – und ein Dosenfüller. Nur ein Dosenfüller. Das ist die einzige Abfüllmaschine, die es in der Camba Old Factory in Gundelfingen gibt.

Frau Gruber

Abfüllen. Sicherlich. Und zwar hier. Frisch in die Dose. (Foto: StP)

Insofern war das mit der Dose nie eine Frage: „Wir waren nicht bereit, Kompromisse in Sachen Qualität einzugehen“, sagen Frauenschuh und Gruber einstimmig. Und Flaschen hätten Kompromisse bedeutet: „Wir hätten Bier rumfahren müssen, das Risiko einer mikrobiologische Infektion eingehen müssen, es hätte Schwund gegeben und zusätzliche Kosten.“ Und außerdem, da sind sich Brauer und Händler auch völlig einig, ist die Dose das beste Gebinde für frisches Bier. Dass sie in Deutschland dennoch bislang ein ziemlich mieses Image hat, ist ihnen freilich bewusst. „Viele haben uns für verrückt erklärt. Aber wie gesagt: Es gab für uns keine Alternative.“

Frau Gruber

Die Anlage der Camba Old Factory. (Foto: StP)

Vielleicht weil der Bierdeutsche schon über den Dosenschatten springen muss, haben die Frau Grubers darauf geachtet, ihm mit ihrem Standardsortiment den Zugang zum Craft Beer so einfach wie möglich zu machen. Die Frau Gruber Core Range besteht nämlich aus: Pale Ale, IPA, Kellerbier und Helles. Kellerbier und Helles? Ist das nicht… ein bisschen doppelt gemoppelt? Frauenschuh schüttelt entschieden den Kopf.

„Das Helle ist in Bayern Grundnahrungsmittel. Und ich trinke selbst für mein Leben gerne Helles – warum sollte ich also keines brauen?“, fragt er empört. Und: „Es ist ja, wenn man so will, ein modernes Helles.“ Ein hopfengestopftes. Mit deutlicher, dosenfrischer Hopfenblume. Beim Kellerbier spielen Malz und Hefe eine größere Rolle. Eine fruchtige, obergärige Hefe. Überhaupt… Hefe! „Ich will nicht sagen, dass das Thema Hopfen ausgelutscht ist – aber man kann auch ganz schön viel mit Hefe machen“, grinst der Braumeister. Man kann zum Beispiel ein IPA machen, das „Yeast is king“ heißt und gleich zwei fruchtige Hefen elegant mit den Hopfenaromen vereint. „Vielleicht kann man so den Pils-Trinker ja auch mal zu einem fruchtigeren, hefigeren Bier bringen oder den Weißbier-Trinker zu einem hopfigen Bier.“

Frau Gruber

Enzo Frauenschuh (l.) und Matthias Gruber (r.) sind zusammen Frau Gruber. (Foto: StP)

Ihr wollt lieber was auf die Ohren? Dann haben wir was für euch. In unserem Podcast „Hopfenhelden trifft“ hört ihr das Interview mit Frau Gruber sowie einigen anderen Brauereien.

Auf einen Blick

Frau Gruber
Matthias Gruber, Enzo Frauenschuh

Standard-Sortiment (ganzjährig verfügbar)

  • 24/7 – unfiltriertes Helles
  • Yeast is King – IPA
  • Green is Lord – Bavarian Pale Ale
  • Modern Times – Kellerbier

Hopfenhelden-Tipp: Yeast is King. Großes IPA!