Liège

OUFTI!: Bierreise durch Liège

Claudia Doyle

Oufti ist Wallonisch für „Boah krass!“ Manchmal heißt es auch „Puh!“ Oder „Mh-hmm“. Kommt ganz doll auf die Betonung und den Gesichtsausdruck des Sprechers an. Aber wenn man Oufti versteht, kann man sich in Liège schon ganz gut unterhalten. Liège in der belgischen Provinz Wallonien hat sich den Titel „Beer Lover’s City“ auf die Fahnen geschrieben. Wir haben nachgefragt, wo man dort gutes Bier bekommt, wie neue Brauereien sich in der traditionell großen Biervielfalt des Landes abheben und verraten, welches Bier auf der Belgisches-Bier-ist-jetzt-Weltkulturerbeveranstaltung in Brüssel ausgeschenkt wurde.

Wer sich vor zehn oder zwanzig Jahren für Bier interessiert hat und von der Alternativlosigkeit der hellen Fünfprozentbiere in deutschen Supermärkten enttäuscht war, der hatte immer noch Belgien.

Das Land ist auf anderen Gebieten nicht unbedingt für seine Superlative bekannt. Wenn es aber ums Thema Bier geht, dann ist es ganz vorne mit dabei. Ob Trappistenbiere, Witbier, Lambic oder Triple – aus den Zapfhähnen in belgischen Bars und Kneipen floss immer schon Vielfalt.

Stand heute: 224 belgische Brauereien produzieren über 1500 verschiedene Biere. Ende 2016 hat die UNESCO die belgische Bierkultur sogar zum Weltkulturerbe ernannt. Gern vertuschte Randnotiz: Die Bewerbung aus Deutschland wurde abgelehnt.

Liège

Im BeerLovers‘ in Liège treffen sich Bierliebhaber auf ein kühles Blondes. Oder eins der anderen 750 Biere.

Um diese Vielfalt zu feiern und zu pflegen hat der Interessenverband Belgische Brauer sogar eigens 60 (!) verschiedene Bierglas-Emoticons entwickelt. Wer also seinen Freunden textnachrichtlich zuprosten oder sie auf ein Feierabendbier einladen will, kann das jetzt sehr präzise tun. (Einfach mal im App-Store nach „Belgian Beeremojis“ suchen).

Aber wie funktioniert das eigentlich, wenn eine traditionell große Biervielfalt auf Craft-Beer-Ambitionen trifft? Eine Antwort darauf haben wir in Liège gesucht, dem kulturellen und wirtschaftlichen Zentrum der Provinz Wallonien. 200.000 Einwohner, 100.000 Studenten. Bierleidenschaft? Überdurchschnittlich hoch.

Weil das aber im Ausland zu wenige Leute wissen, hat die Provinz Liège eine Handvoll Bierjournalisten eingeladen, damit die sich selbst ein Bild davon machen können.

Ein großer Unterschied zwischen den deutschen und den belgischen Craft-Beer-Brauereien: Die Deutschen distanzieren sich anfangs von Pils und Helles (Ausnahmen bestätigen die Regel), die Belgier umarmen ihr traditionelles Blonde, Brune und Black.

Brasse et Vous

Eine der neuesten Brauereien der Stadt heißt Brasse et Vous und befindet sich an einer unscheinbaren Ausfallstraße im Norden der Stadt. 2015 wurde hier das erste Bier gebraut. Das Konzept schwankt zwischen „Brauerei mit gehobenem Taproom“ und „Tollem Restaurant mit Blick auf die Brauerei“.

Bei den Kunden am beliebtesten ist das Blonde, das mit seinen 7,1% für ein obergäriges belgisches Bier noch relativ harmlos daherkommt. Wem das für die Mittagspause oder als Aperitiv zu stark ist, der kann auf das Cassis-Menthe mit nur 3,5% zurückgreifen. Das Fruchtbier mit Johannisbeeren und Minze gebraut schmeckt wenig süß und sehr erfrischend. Vor Kaugummiaroma braucht sich niemand fürchten, die Minze schimmert nur ganz leicht durch.

Brasserie C

Hinter einem steinernen Torbogen in einer kleinen Innenstadtgasse eröffnet sich ein lauschiger Innenhof, wo sich Ort und Zeit vergessen lassen. In den angrenzenden Fachwerkhäusern aus dem 17. Jahrhundert wohnten einst Nonnen. Seit 2014 sitzt hier die Brauerei mit dem simplen Namen Brasserie C. Die Gründer Renaud and François wollten sich unbedingt so zentral wie möglich positionieren: Bier aus Liège für Liège.

Liège

Hier steckt gutes Bier drin.

Aushängeschild ist auch hier das Blonde namens Curtius. Unbedingt probieren sollte man die drei Biere Single-Hop-Biere namens Torpah, die sich sowohl in der Hopfenart als auch in den Bittereinheiten unterscheiden. Torpah 30 wird mit dem neuseeländischen Hopfen Wai’Iti gebraut und schmeckt nach Maracuja und Limette. Im Torpah 60 kommt Aramis-Hopfen aus dem Elsass zum Einsatz und erzeugt eher ein würzig-blumiges Aroma im Mund. Torpah 90 ist proppenvoll mit US-amerikanischem Chinook und bringt Grapefruitschalenaroma mit.

Brasserie de la Lienne

Etwa eine Stunde südlich von der Stadt Liège werden die Häuser seltener und die Wiesen weitläufiger. Ab und zu kräht ein Hahn. Irgendwann kräht nichts mehr. Dann taucht die Brasserie de la Lienne aus dem Nichts auf.

Liège

Mélissa ist die Braumeisterin der Brasserie de la Lienne. Ihr Mann hält sich im Hintergrund.

Seit 2013 braut das Geschwisterpaar Mélissa und Nicolas Résimont hier. Warum hier im Niemandsland? Na weil sie hier aufgewachsen sind, zwei Minuten Fußweg von der aktuellen Braustätte entfernt.

Die Arbeit ist klar aufgeteilt: Mélissa braut. Das hat sie während des Biochemiestudiums geübt und auf der Abendschule perfektioniert. Nicolas ist für alles handwerkliche zuständig.

Tradition und Moderne treffen sich am besten im Grangousier, einem hopfengestopften belgischen Ale mit nur 5% Alkohol. Jedes Jahr verwendet Mélissa dafür einen anderen Hopfen. 2017 fiel die Wahl auf Mosaic.

Brasserie de Bellevaux

Noch so ein Familienprojekt. Papa Will wollte brauen. Also kaufte er sich direkt nach seiner Pensionierung ein altes Bauernhaus in der belgischen Provinz und stellte Brauequipment aus Japan hinein.

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Im Biergarten der Brasserie de Bellevaux kann man herrlich entspannen und sich durch die Bierkarte trinken.

Seine Söhne Tom und Jeff fanden die Idee vom Papa ziemlich gut. Der Rest ist Geschichte. 2006 floss das erste Bier aus dem Zapfhahn. Auch die Brasserie de Bellevaux macht natürlich ein Blonde, ein ziemlich berühmtes sogar, es wurde in Brüssel auf dem UNESCO-Weltkulturerbe-Event ausgeschenkt.

Neben weiteren traditionellen belgischen Spezialitäten wie Witbier und Triple werden auf dem Freisitz auch Pale Ale oder Himbeerbier ausgeschenkt. Dazu gibt es Käse- und Wurstbrote von lokalen Erzeugern.

Offenlegung: Die Reise wurde finanziert vom Tourismusbüro Liège.