STEAMWORKS BREWING CO.: Mit Volldampf nach Europa

Thomas ReddersIm Gespräch, Im Portrait, Interviews

Als im Jahre 1995 ein geschäftstüchtiger Pilot und Anwalt die alten Dampfleitungen in einem Gebäude in Gastown, Vancouver, findet, ist das die Geburtsstunde für Steamworks Brewing. In der 3845 William Street eröffnet Eli Gershkovitch Kanadas erste, mit Dampf aus der städtischen Dampfleitung betriebene Brauerei. 

Seit den Anfängen mit sechs Bieren aus der 12 Hektoliter Anlage in Gastown hat sich bei den Kanadiern aber einiges getan. Nicht nur der Brewpub hat sich von 184, auf heute über 700 Plätze vergrößert, auch die Brauerei ist extrem gewachsen. 2013 setzte Steamworks den Spatenstich für die neue, hochmoderne 50 Hektoliter Brauerei mit Taproom, inklusive Abfüllanlagen für Dosen, Flaschen und Kegs.

Steamworks Gründer Eli Gershkovitch ist so ziemlich genau das, was man einen Tausendsassa nennt. Er hat einen Jura-Abschluss der University of Toronto, ist Pilot, Gastronom, Geschäftsmann und Brauereigründer. Vor einigen Jahren ist er mit seiner Cessna 182 (ein wirklich kleines Flugzeug) alleine von Vancouver nach Europa geflogen.

Bereits früh erkannte er das Potential hinter gutem, handwerklich gebrautem Bier. Den Geschäftsmann Eli erkennt man an seinem Motto: „You grow to meet demand, or demand will shrink to meet you!“ („Du wächst, um auf Nachfrage zu treffen, oder die Nachfrage wird sinken und dich treffen!“)

Dass Eli Steamworks in Vancouver gegründet hat auch etwas mit seinen Vorfahren zu tun. Die waren eigentlich Österreicher. Eli’s Großvater, Leo Gershkovitch, ein Musikprofessor, ging aber in den 1930er Jahren mit seiner Frau Laura nach Ottawa und war dort unter anderem Geiger bei den Symphonikern in Montreal. Zwei Generationen später folgte Eli, mittlerweile in Vancouver lebend.

Nachdem sich Steamworks in Nordamerika bereits Ende der 90er sowie in den 2000er Jahren einen Namen gemacht hat, will die Brauerei nun mehr und mehr auf den europäischen Markt. Dafür hat sich Eli wieder mit dem österreichischen (und inzwischen teils deutschen) Teil der Familie zusammengetan: mit der Familie Ottenschläger, die inzwischen in Bayern lebt. Angefangen hat der Steamworks-Verkauf im Februar 2015 in Salzburg über die Stiegl Brauerei.

Um sich noch besser an den europäischen Markt anpassen zu können, hat Steamworks in diesem Jahr eine Kooperation mit dem von BRLO übernommenen CraftZentrum in Berlin begonnen. Wir haben uns mit Isabella Ottenschläger, Geschäftsführerin bei Steamworks Europa, über die Anfänge in Gastown und die Pläne für Berlin und Europa unterhalten.

Steamworks Herbert und Isabella

Die Steamworks Europa Geschäftsleitung: Herbert und Isabella Ottenschläger (Foto: Steamworks Brewing)

Isabella, Steamworks steht wie keine andere Brauerei für das Brauen mit Dampf. Ihr seid Kanadas erste Dampfbrauerei, braut auch heute in der neuen Brauerei noch mit Dampf. Was ist das Besondere am Brauen mit Dampf? 

Man muss da ein bisschen unterscheiden. Steamworks ist 1995 als Brewpub in Gastown, Vancouver, eröffnet worden. Und dort in Gastown gibt es, zum Beispiel, auch die Steam Clock. Das ist eines der Wahrzeichen von Gastown, das an ein zentrales Dampfsystem angeschlossen ist. Als die Location für den Brewpub besichtigt wurde, ist man darauf gestoßen, dass dieselben Leitungen auch durch den Brewpub laufen. Die Leitungen sind noch aus der Pionierzeit.

Da ist die Idee entstanden, diesen Dampf zu verwenden, um die Kessel zu beheizen. Das ist allerdings die Besonderheit des Brewpubs, dass die Kessel tatsächlich aus diesem alten Dampfleitsystem beheizt werden können.

Dampf ist besonders gut dazu geeignet, um Temperaturen sehr genau zu erreichen und variieren zu können. 2013 haben wir dann eine neue Produktionsbrauerei am Stadtrand von Vancouver, in Burnaby, eröffnet. Dort ist ein modernes Dampfleitsystem installiert, wie es heute von vielen Brauereien genutzt wird.

Steamworks Brewery

Die neue Steamworks Brauerei in Burnaby. (Foto: Steamworks Brewing)

Braut ihr immer noch mit der alten Anlage?

Ja! Die Brauerei im Brewpub ist eine 12 Hektoliter Anlage mit Fassabfüllung und direktem Anschluss an die Bar. Die Brauanlage läuft – abgesehen vom Rohstoffeinkauf – komplett getrennt von der Produktionsbrauerei. Im Brewpub können immer wieder neue Rezepte ausprobiert werden. Und die kleinen Batches können dort gleich mal ausprobiert werden.

Also eine kleine Versuchsbrauerei…

Genau.

Seit ein paar Monaten steht fest, dass ihr eure Biere für den europäischen Markt künftig in Berlin im CraftZentrum brauen wollt. Wie ist die Zusammenarbeit mit dem Eigentümer – BRLO – entstanden?

Zum einen ist der Import aus Kanada schwierig. Man hat lange Vorlaufzeiten und andere Bedürfnisse auf dem kanadischen und dem europäischen Markt. Also haben wir uns nach einer Brauerei umgeschaut, in der wir hier in Europa brauen können.

Mit BRLO speziell haben wir schon sehr lange eine gute Freundschaft. Nachdem wir uns auf Festivals und Messen kennenlernten, haben wir 2016 unseren ersten Kollab-Sud gebraut: den Maple Smoked Weizenbock. Dazu waren auch Eli und Julia (Anm. d. Red.: Julia Hanlon, Braumeisterin bei Steamworks in Vancouver) in Berlin.

Daran erinnere ich mich noch besonders gut, weil es im November war und die Fenster bei BRLO noch nicht eingebaut waren. Die Anlage lief schon, alles drum herum war aber noch nicht ganz fertig. Über die Zusammenarbeit mit BRLO und auch die schrittweise Übernahme des CraftZentrums durch BRLO hat sich dann herauskristallisiert, dass das eine super Partnerschaft wäre und wir uns da gut ergänzen.

Steamworks at BRLO

Steamworks Brewing bei BRLO in Berlin. (Foto: Steamworks Brewing)

Abgesehen davon, warum Berlin?

Bayern würde logistisch für Herbert und mich vielleicht näher liegen. Der Hauptgrund ist aber das Biere, das wir brauen. Unsere zwei Hauptbiere, das Jasmine IPA und das Killer Cucumber Ale, sind mit Jasminblüten, beziehungsweise Gurke gebraut – also nicht nach dem Reinheitsgebot – und da ist Bayern ja besonders streng. In Berlin dürfen wir das brauen.

Und wie sieht die Zusammenarbeit aus? Stellt ihr eigene Brauer und Brauerinnen ein? 

Das Brau-Team ist das vom CraftZentrum, beziehungsweise von BRLO. Es sind die Original-Rezepte aus Kanada und die Original-Zutaten, angepasst an die Anlage im CraftZentrum. Das Brau-Team von BRLO war auch in Vancouver. Es findet immer noch reger Know-How Austausch statt. Wir haben Test-Batches im CraftZentrum laufen lassen, um genau die Biere zu bekommen, die wir aus Kanada gewohnt sind. Gerade in der Test-Batch-Phase sind wir ganz verstärkt in Berlin.

Im April sollte es losgehen. Sind die ersten Sude schon gebraut und im Verkauf?

Die gibt’s schon. Wir sind momentan dabei, Sorte für Sorte zu brauen. Die meisten sind schon im CraftZentrum gebraut und abgefüllt – sowohl in Fässern als auch in Flaschen. Es kann aber im Moment noch sein, dass wir das ein oder andere Bier aus Kanada holen. Wir stellen aber auf Berlin um – ganz nach dem Motto: „Born in Vancouver, brewed in Berlin“.

Ihr bringt einen eigene Dosenabfüllanlage mit nach Berlin. Heißt das, es wird Steamworks in Europa künftig ausschließlich aus Dosen geben?

Wir selber haben schon Dosen rausgebracht, in Deutschland wollen wir das aber erstmal nur begleitend in kleinen Mengen, weil die Dose hier noch ein bisschen stiefmütterlich behandelt wird.

In Kanada füllen wir inzwischen über 60 %, fast 70 %, in Dosen ab. Da hat sich der Markt in den letzten Jahren extrem gewandelt. Unser neuestes kanadisches Bier, das Hazy Pale Ale, wurde gar nicht mehr in der Flasche gelauncht, sondern nur noch in der Dose. Dafür haben wir in Kanada eine größere Dosenabfüllanlage benötigt und die kleinere nach Berlin gebracht. Die wird jetzt im CraftZentrum aufgebaut und steht dann auch anderen Brauern zur Verfügung. Und damit wollen wir unsere Biere, neben der Flasche, auch in der Dose abfüllen.

Wisst ihr schon, welche Biere ihr in Berlin für Europa brauen wollt?

Grundsätzlich soll in Zukunft alles, was es in Europa von Steamworks gibt, aus dem CraftZentrum kommen. Damit wollen wir unseren ökologischen Footprint verbessern und sind wesentlich flexibler, um auf den Markt zu reagieren. Außerdem wollen wir saisonale Biere wieder mehr pushen.

Mit dem Import aus Kanada war immer das Problem, dass der Brauplan auf Kanada eingestellt war. Dort kam im Juli das Sommer-Bier raus. Aber bis es bei uns war, war es schon Ende August oder September – und entsprechend zu spät! Wir haben im CraftZentrum eine Core-Range an Flaschenbieren. Das sind 6 Stück: das Craft Lager, das Pale Ale, das Heroica Red Ale, das Flagship IPA, das Jasmine IPA und das Killer Cucumber Ale. Die wird es ganzjährig in der Flasche geben.

Jetzt haben wir angefangen mit dem Hazy Pale Ale und dem Tropical Tart Ale die ersten saisonalen Biere zu brauen. Die gibt es aber erstmal nur im Fass. Im Herbst wird es dann nochmal zwei, drei Biere geben, die wir aber auch erstmal nur ins Fass bringen. Und ein saisonales Bier, dass wir sowieso jedes Jahr rausbringen, ist unser Pumpkin Ale. Das wird es auch in der Flasche geben, kommt aber als Canadian-Special noch aus Vancouver.

Wenn du dir aussuchen könntest, wo ihr mit Steamworks Europa in ein paar Jahren steht, wo wäre das? Vielleicht auch in einer eigenen Dampfbrauerei?

Ich würde es nie ausschließen, irgendwann in der weiten Zukunft auch mal die eigene Steamworks Brauerei zu haben. Momentan sind wir aber total happy mit unserer Partnerschaft im CraftZentrum. Und es läuft ja gerade erst richtig an. Da kann man noch richtig viel rausholen.

 (Titelbild: Steamworks Brewing Co.)