„Cold IPA“, sagt Jens Luckart, das sei „vom Begriff her sowas wie Craft Bier: Keiner weiß, was es genau ist – und ob es dieses Bier vielleicht schon vor dem Begriff gab.“ Jens Luckart ist jemand der viel weiß und fast alle Fragen beantworten kann, wenn es um Bier geht. Der Brau-Ingenieur war elf Jahre lang Fortbildungs-Leiter bei der Kiesbye Akademie im österreichischen Obertrum. Nachdem sein Chef Axel Kiesbye sich entschieden hat, diese Sparte seines Unternehmens aufzugeben und zum Jahreswechsel an die deutsche Doemens Akademie zu übertragen, ging auch Jens mit all seinem Wissen zu Doemens.
Die Frage, was denn eigentlich ein Cold IPA ist, lässt aber auch jemanden wie Jens erstmal durchatmen. „Das erste Cold IPA oder Pale Ale-Lager in meiner Wahrnehmung war der Prototyp von Oliver Wesseloh“, sagt er. „Das Prototyp war das erste kalt gehopfte Lager in Deutschland und ist damit zum Wegbereiter für einen neuen Bierstil in Deutschland geworden“, schreibt die Hamburger Kehrwieder Brauerei selbst.
Nur eine Art Pils?
Kalt gehopftes Lager – das ist eine der beiden Cold-IPA-Varianten, von denen auch der US- Braumeister Kevin Davey von der Wayfinder-Brauerei in Portland 2021 in seinem Blog schrieb. Dieses Cold IPA basiere „auf einem normalen Pilsner-Rezept“ und werde dann trocken gehopft. „Es fehlt die würzige Bitterkeit, die wir von Pils gewohnt sind. Dies verleiht den Bieren einen süßen und fruchtigen Abgang“, erklärt Kevin.
IPA, nur untergärig
Die zweite Variante sei ein mit Lagerhefe gebrautes IPA. Es werde „ein sauberes, amerikanisches IPA-Rezept“ verwendet, die obergärige durch eine untergärige Hefe ersetzt – „und dann sehen, was passiert“.
Egal, welcher Weg zum Cold IPA führt, er mag diese Biere nicht, schreibt Kevin Davey. „Sicherlich sind viele köstlich und ich sage keineswegs, dass Biere mit dieser Bezeichnung schlecht sind, aber die überwiegende Mehrheit ist, zumindest für mich, klobig“, erklärt er.
Obergärig funktioniert besser
„Wenn er meint, dass die fruchtigen Hopfensorten durchaus besser mit obergäriger Hefe harmonieren und es mit untergäriger Hefe leer wirkt, sehe ich das ähnlich“, sagt Jens Luckart.
Er nennt ein Beispiel: „Das kann man extrem gut bei den Bieren von Hoppe Bräu verkosten. Wuida Hund ist untergärig und Wuide Henna ist obergärig, die Malzschüttung und Hopfengaben sind nicht komplett gleich, aber doch ähnlich. Die Wuide Henna ist viel runder und harmonischer.“
Relativ neutrales Bier
Mehr Begeisterung fürs Cold IPA zeigt Bastian Oberwalder, der Braumeister von Lemke in Berlin. Er hat ein IPA mit untergäriger Hefe gebraut und schwärmt vom Ergebnis, einem „relativ neutralen Bier“, dem die Brauer „mit Hopfen das komplette Geschmacksbild geben können“. „Crispy“ nennt Lemke das limitierte Bier. Und bewirbt es so: „Crispy bringt den Frühling mit. Strahlend gelb wie die ersten Sonnenstrahlen an einem leicht frostigen Morgen. Frischer Duft nach Grapefruit, Zitrone, begleitet von subtil floralen Noten. Beim ersten Schluck überraschend knackig, spritzig und mit einer einfach schönen (weil nicht zu dominanten) Bitteren.“
„Es ist kein IPA. Es ist kein Lagerbier.“
Auch die australische Blackman’s Brewery feiert das Cold IPA. „Es ist kein IPA…. Es ist kein Lagerbier…. Es ist ein Cold IPA!“, wirbt die Brauerei. Und erklärt: „Dieses neue Bier hat den Malzcharakter und den Körper eines Lagerbiers, aber die Lagerhefe wird bei wärmeren Temperaturen (kälter als Ale) vergoren und verleiht ihm einen großartigen Hopfencharakter aus der neuen Welt und dazu eine knackige Bitterkeit! Die gefährlich leckeren kalten IPAs sind da und wir sind ziemlich begeistert davon.“
Ob man es mag oder nicht. Ob es begrifflich so etwas ist wie Craft Beer, also etwas, von dem niemand wirklich so genau weiß, was es ist. Ob es das Bier schon gab, bevor jemand gesagt hat: „Das ist ein Cold IPA.“ Jens Luckart kennt sich aus: „Das Gute an den Dingen ist: Es wird über Bier geredet, geschrieben und diskutiert – und das ist gut.“
(Das Foto oben zeigt einen Ausschnitt aus dem Etikett der Blackman’s Brewery.)
(26. April 2024)