Ale-Mania fritzale Fritz Wülfing

ALE MANIA: Der Prototyp

Nina Anika KlotzIm Portrait

Fritz Wülfing ist der Prototyp des Craft Beer Machers: Fing als Home Brewer an, wurde für sein Bier gefeiert und startete mit Ale-Mania ein richtiges Unternehmen. Neben seinem eigentlichen Job, wohlgemerkt.

Gleich wird es hier um Fritz Wülfing gehen. Einen leisen, freundlichen, schlauen und  bescheidenen Mann aus Bonn, der – aber das würde er selbst nie, niemals zugeben – ohne Zweifel einer der größten Stars der deutschen Craft Beer Szene ist.

Wir fangen allerdings mit Jimmy Carter an. Weil dem Jimmy Carter, dem würde der Fritz Wülfing gefallen. Schließlich ging es ihm damals, im Oktober 1978, als er die Craft Beer Revolution lostrat (oder auch nicht, umstrittene These, kommen wir gleich zu), um genau solche Leute wie den Fritz Wülfing.

Mit HR 1337 unterschrieb Präsident Carter ein Gesetz, das den Amerikanern erlaubte, zuhause Bier zu brauen. Richtiges Bier. Seit der Prohibition war verboten gewesen, Bier mit mehr als 0,5% Alkohol selbst zu machen. Dieser Akt kann gut und gern als die Geburtsstunde der amerikanischen Homebrewing-Bewegung angesehen werden. Und aus der wiederum ging das Craft Beer Movement hervor, zumindest ein Teil davon. (Eine zweite Gesetzesänderung, die als wegweisend gilt, kam 1982/83, als in einigen Staaten das Betreiben von „Brewpubs“ legalisiert wurde. Mit der hatte Carter nichts zu tun, insofern war er es sicherlich nicht allein, der Craft Beer möglich gemacht hat, aber man darf und sollte durchaus mal von ihm erzählen, wenn es um die Geschichte des Craft Beer geht.)

Es fing harmlos an. Als Hobby.

Nachdem Carters Home-Brewing-Bill also durch war, fingen Leute wie Fritz Wülfing an, Bier zu machen: Leute, die nicht wirklich vom Fach waren, erst einmal nur für sich und ein paar Freunde brauten, in ihrer Küche oder Garage. Leute, die zunächst nur Spaß am Brauen selbst hatten, aber irgendwann einen gewissen Ehrgeiz entwickelten, immer bessere Biere zu machen. Sie fingen an, mit unterschiedlichen Bierstilen herumzuexperimentieren, probierten besondere Zutaten und tauschten sich über ihr Gebräu aus –  aber alles abends und an den Wochenenden. Untertags hatten sie ganz normale, nicht-Bier-verbundene Day-Jobs.

Genauso war das bei Fritz Wülfing. Nur eben vor etwa zehn Jahren, nicht in den Achtzigern. Und in Bonn, nicht irgendwo im Mittleren Westen. Ein bisschen zufällig, ein bisschen inspiriert von einer USA-Reise, und vor allem weil er, wie er selbst sagt, immer schon ein „bewusster Biertrinker“ war, fing der Ingenieur an, zu brauen. Als Hobby. Neben seinem Fulltimejob als Verfahrenstechniker bei der Deutschen Telekom. Dann ist das Hobby irgendwie außer Kontrolle geraten, es wuchs und wuchs. Je mehr Bier Wülfing braute, desto besser wurde es. Und je besser das Bier wurde, desto mehr braute er davon. Weil Freunde und Bekannte ihn darum baten, weil es so verdammt lecker war. Irgendwann machte der Homebrewer sich auf die Suche nach einer Brauerei außer Haus, in der er sein Bier im großen Stil und – ja, warum auch nicht – für den Verkauf brauen konnte. Er gründete also – alles neben dem Job bei der Telekom – eine Biermarke, die zunächst „Fritzale“ und heute „Ale-Mania“ heißt.

Ale-Mania Fritz Wülfing

Ale-Mania beim Craft Beer Event „Licht zum Bier“ in Berlin. Da präsentierte Fritz Wülfing ein „Cooperation Brew“, einen Gemeinschaftssud, den er mit Johannes Heidenpeter (Heidenpeters, Berlin) gemacht hat. Arbeitsname: „Verbocktes Kölsch mit Salbei“ (Fotos: StP)

Ab da war Wülfing das, was er „Kuckucksbrauer“ nennt. In den USA spricht man von Gypsy Brewern, hier manchmal von Wanderbrauern. Wülfing bleibt beim Kuckuck  – und das passt ja auch tatsächlich ganz gut: Es geht um Brauer, die keine eigene Brauerei haben, keine Kessel, Gärtanks, Lagerhallen, sondern stattdessen die Einrichtungen anderer nutzen. Sie buchen sich sudweise da ein.

Dann wurde das Hobby serious business. Und zu Ale-Mania.

Es dauerte, bis Wülfing sein perfektes Nest fand. Rohstoffversorgung, Brauanlagen und vor allem das Mindset der Gastgeber muss stimmen, wenn man mitten in Westdeutschland amerikanische Biere brauen will. Die ersten „Fritzales“ waren Pale Ales und IPAs, ein Imperial IPA war dabei, ein American IPA, ein Stout. Aktuell gibt es eine Gose, ab Herbst ein Imperial Red Ale. Mit der Vormann-Brauerei in Hagen-Dahl fand der Hobbybrauer einen geeigneten Partner.  Allerdings hundert Kilometer weit weg von Bonn. Einfach Strecke. „Die Fahrerei ist ein ganz schöner Zeitfresser“, sagt Wülfing, „die Familie leidet ein bisschen darunter.“ Zwar gäbe es die Möglichkeit, den Braumeister dort  allein arbeiten zu lassen, aber: „Ich kann das Brauen nicht delegieren, ich muss das selber machen.“

Ab diesem Sommer, spätestens Herbst und allerspätestens bis Ende des Jahres wird sich das ändern. Der Ex-Homebrewer wird dann nämlich ein Ganz-in-der-Nähe-von-Home-Brewer: Fritz Wülfing hat – noch mal: neben seinem Vollzeitjob als Verfahrenstechniker – eine Firma gegründet, die Biersmarck GmbH. Abgeleitet von Bismarck. Otto von Bismarck. Eigentlich, wenn man so darüber nachdenkt, der deutsche Jimmy Carter. Oder zumindest auch ein Staatsmann, der sich redlich um Bier bemüht hat. Fritz Wülfing bezieht sich vor allem darauf, dass Bismarck die Bierabende eingeführt hat, an denen die Parlamentarier Arbeit und Genuss verbinden sollten.

Mit dieser Biersmarck GmbH baut Fritz Wülfing nun also sein eigenes Nest und wird in Bonn eine Ale-Mania Brauerei eröffnen. „Da kann ich dann mit dem Fahrrad hinfahren“, sagt er. Und freut sich. Man kann sich gut vorstellen, dass Jimmy Carter damals, im Oktober 1978, solche glücklichen Hobby-gets-serious-business-Brauer im Sinn hatte, als er das Homebrewing legalisierte.
Und der Bismarck hätte sein Bier sicher auch mal probiert, bei der harten Bier-Spätschicht im Parlament.

Ale-Mania Fritz Wülfing

Bier steht klar im Vordergrund, aber entscheidend ist trotzdem, wer’s gemacht hat: Fritz Wülfing, unscharf, bei den Craft Beer Days 2013 in Berlin (Foto: StP)

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  • Bekannteste Biere: 
    IPA Mania, Gose Mania, Imperial Red Ale