Die Pubs, so wird es überliefert, waren schon immer die Wohnzimmer der Briten. Als im 17. Jahrhundert auf der Insel Theater geschlossen wurden, weil sie der puritanischen Bewegung ein Dorn im Auge waren, wurden Pubs auch zur Bühne. „Die Schauspielerinnen und Schauspieler zogen mit ihren Stücken und ihrer Musik durch die Kneipen“, erzählt Eliana Opel von den Musikfestspielen Potsdam Sanssouci. Die Spaßverderberinnen und Spaßverderber haben die theatralische, teilweise komische Kunst nicht unter Kontrolle gekriegt, sondern lediglich eine neue Art der Party initiiert.
Die Potsdamer Musikfestspiele knüpfen in diesem Jahr an diese britische Kneipenkultur an und präsentieren als erste Open-Air-Veranstaltung der Saison am 8. Juni ab 21 Uhr „The Alehouse Sessions“. „The Alehouse Boys“, ein Barockensemble, werden – das ist das Versprechen – dabei alles geben: Spielen, singen, alle zum Mitsingen bringen, schauspielern, tanzen, improvisieren, Slapstick produzieren und dabei Bier trinken. „Auf der Bühne wird Guinness getrunken und natürlich wird auch fürs Publikum Guinness angeboten – aber nicht nur“, sagt Eliana Opel. Klar: Guinness ist neben der norwegischen Botschaft in Berlin einer der Sponsoren dieses Events.
Norweger entdeckt britische Kultur
Die Norweger sind mit dabei, weil es Anfang des Jahrtausends einer der ihren war, dessen Interesse an dieser speziellen britischen Barockkultur geweckt wurde und der sie neu belebt hat: Bjarte Eike. Als er sich mit seiner Virtuosentruppe „Barokksolistene“ aus Norwegen 2007 daran machte, mit gleichgesinnten Schweden und Briten die quicklebendige Musikwelt der Londoner Tavernen des 17. Jahrhunderts einzufangen, zeigte sich bald: Mit einem normalen Konzert war es nicht getan.
Interaktion zwischen Spielern und Publikum
„Das Markenzeichen dieses Projekts ist die Interaktion zwischen Spielern und Publikum auf der Bühne. Wenn es in einen historischen Kontext gestellt werden muss, lässt sich das Projekt vom Shakespeare-Theater inspirieren, wo es eine direkte Kommunikation zwischen Bühne und Saal gab – zwischen der erzählten Geschichte und den Ereignissen im Saal. Dies steht in krassem Gegensatz zum Drama des 19. Jahrhunderts mit dunklen Sälen, in denen man auf die „Götter“ auf der Bühne schaut. Letzteres hat die klassische Mainstream-Industrie vollständig übernommen“, erklärt Bjarte Eike
Der feuchtfröhliche Jungsabend wird gesprengt
Seit 2007 ist die Gruppe unter der Leitung von Bjarte Eike unterwegs. Für den 8. Juni kündigt die Potsdamer Musikfestspielleitung etwas Besonderes an: „Diesmal wird der feuchtfröhliche Jungsabend gesprengt, denn für die Deutschlandpremiere der neuesten Version haben die fabelhaften Alehouse Boys vier Girls eingeladen.“ Zusammen bringen sie Celtic Folk und folkigen Barock, zünftige Shanties, herzergreifende Gesänge und wilde Dance Tunes auf die Bühne am Alten Markt in Potsdam.
Die Musikfestspiele Potsdam Sanssouci
Die Musikfestspiele Potsdam Sanssouci sind ein Festival mit Musik aus Mittelalter, Renaissance, Barock, Klassik und Romantik. Seit einigen Jahren öffnen sie sich auch dem Jazz, der Weltmusik und der Neuen Musik. 80 Veranstaltungen stehen im Juni auf dem Programm. Wer wissen will, was Bjarte Eike alles herausgefunden hat über britische Kneipenkultur, der findet hier seinen Beitrag „Die Alehouse Sessions – die lange Geschichte„.
Karten
Karten gibt es hier.
(Das Bild oben zeigt, wie engagiert die Musiker bei den Alehouse Sessions sind… Foto: Martina Zuzana Simkovicova)
(Das Bild im Artikel zeigt Bjarte Eike mit der Fidel und einem Pubbesucher. Grafik/Foto: bpk, DeAgostini, New Picture Library / Elisabeth Nord)
(3. Mai 2024)