Schall und Rauch, Träume, Schäume – die Bierschaum ist ein zu Unrecht oft vernachlässigtes Thema. Dabei ist er doch eigentlich sprichwörtlich die Krone! Und prägt den Gesamteindruck eines Bieres. Doch wie entsteht eigentlich Bierschaum, wieso ist für uns Deutschen eine Schaumkrone so wichtig und warum zum Teufel verbietet die EU, Bier aus einem Steinkrug zu trinken? Unser Autor Dennis „Bier-Baron“ Fix erklärt’s.
Was sind die Voraussetzungen, damit ein Bier schäumt?
Fangen wir vorne an. Damit Bierschaum entsteht, braucht es im wesentlichen zwei Faktoren: Eiweiß und Kohlensäure. Hat das Braumalz einen Eiweißgehalt von 11 Prozent und das fertige Bier eine ausreichende Karbonisierung, entsteht ein fester, weißer Schaum. Aber auch der Hopfen trägt zur Schaumqualität bei. Die isomerisierten Bitterstoffe des Hopfens senken die die Oberflächenspannung des Bieres und ermöglichen so die Blasenbildung. Das Ergebnis: eine schöne, länger anhaltende Schaumkrone.
Welche Funktion hat eigentlich der Bierschaum?
Wir Deutschen lieben unsere Schaumkrone. Er soll uns zeigen wie frisch ein Bier ist, ob es schon schal ist oder vielleicht zu lange am Tresen stand. Am besten schön üppig, lang anhaltend und feinperlig. Doch der Schaum ist nicht nur schön, sondern auch nützlich. Er verhindert zum einen das Überschwappen von Bier. Tests zeigten, dass bereits fünf CO2-Bläschen übereinander das Schwappen beim Tragen des Bieres um 70% verringern. Bei einer Schaumkrone von mehreren Zentimetern ist es fast unmöglich das Bier über zu schwappen. Zum anderen liegt er als Aromadecke auf dem Bier und verhindert, dass flüchtige Gerüche aber auch CO2 zu schnell aus dem Bier entweichen können.
Andere Länder, andere Schaumparties
Wir in Deutschland sind mit unserer beliebten „Blume“ auf dem Bier so ziemlich die einzigen Schaumschläger in der EU. In England, Niederlande und anderen Biernationen wird der Schaum mit einem Bierabstreifer entfernt, manchmal sogar heraus „gelöffelt“. Warum? Zum Einen gilt der sich über den Glasrand wölbende Schaum einfach nicht als schön und zum anderen passt so mehr Bier ins Glas und man muss sich vor dem Trinken nicht durch eine dicke Schaumwand schlürfen, was z.B. den Engländern besonders wichtig ist. Ein Pint-Glas wird in der Regel randvoll serviert. Da ist kein Platz für Schaum.
No matter what shape or color – you are beautiful!
Schaum gibt es in verschiedenen Farbvarianten und mit unterschiedlicher Perlage, je nach Farbe und Menge der verwendeten Malze. Ist das Bier sehr dunkel, ist der Schaum etwas cremefarbener. Hat es dazu noch mehr „Wumms“ und einen schweren Körper, ist der Schaum auch schon mal sehr feinperlig und fast ölig. Einen fast Café-Crema-artigen Schaum findet man z.B. auf dem Guinness im Irish Pub. Dieser kommt dann allerdings nicht mehr von der Kohlensäure, also dem Kohlenstoffdioxid, sondern vom Stickstoff. Ein Gasgemisch aus 70% Stickstoff und 30% CO2 sorgt für eine cremige, feste Schaumkrone und bleibt oft länger im Glas als das Bier selbst. So genannte „Nitro“-Biere nutzen diese Technik und bilden ebenfalls einen solchen Schaum. Allerdings bleibt bei solchen Bieren die Spritzigkeit auch mal auf der Strecke, da sich weniger Kohlensäure im Bier befindet.
Mal mehr und Mal weniger Schaum
Für manche Bierstile ist der Schaum wesenshaft und typisch, für andere vernachlässigbar. Aber Biere so ganz ohne Schaum sehen dann doch meistens nicht so toll aus. Während man ein Pils, ein Kölsch oder ein Weizen gerne mit viel Schaum serviert, kommt ein englisches Brown Ale oder ein belgisches Sauerbier mit weniger aus. Möchte man den stiltypischen Schaum, sollte man einiges beachten. Das Bierglas spielt eine große Rolle bei der Schaumentwicklung. Manche haben unten eine raue Stelle, an der sich die Kohlensäure löst und immer wieder neuen Schaum nachproduziert. Belgische Trappistengläser, der Duvel-Kelch und einige Weißbiergläser, sind mit so etwas ausgestattet. Hatte man das früher nicht zur Verfügung warf man einfach ein paar Reiskörner ins Bier um den selben Effekt zu erzielen. Das Bierglas sollte vorher kurz mit klarem Wasser ausspült werden. Einmal, um eine übermäßige Schaumbildung zu verhindern – das Bier wird dadurch schneller schal – und zum anderen, um mögliche Spülmittelreste zu beseitigen. Diese lösen die Oberflächenspannung der Bläschen und das sorgt für ein Trauerspiel im Bierglas. Direkt ins feuchte Glas eingeschenkt kann sich die optimale Schaumkrone entfalten.
Das „EU-Verbot von Bier in Steinkrügen“
Vor einiger Zeit kursierten Berichte darüber im Netz: Die EU soll erlassen haben, dass Steinkrüge nicht mehr für schäumende Getränke zu verwenden sind. Dies muss sogar auf dem Boden des Kruges stehen. Diese Behauptung ist sowohl wahr als auch falsch. Falsch ist sie deshalb, da die EU kein Gesetz beschlossen hat, sondern eine Richtlinie einführte, welche den Konsumenten vor etwaigen Betrug im Wirtshaus schützen soll. Gerade durch den Schaum auf dem Bier könne man nicht nachvollziehen ob das blickdichte Gefäß auch bis zum Eichstrich gefüllt ist. Möchte ein Gastwirt ein Bier in einem Steinkrug servieren, müsse er dem Gast ein „Messbehältnis“ zur Kontrolle dazu stellen. Wahr ist die Behauptung allerdings deshalb, weil sich die deutsche Gesetzgebung dazu entschieden hat, diese Richtlinie als konform zu betrachten, obwohl sie sich hätte dagegen entscheiden können. Und daher muss man sich jetzt auch hier daran halten. Privat kann man jedoch immer noch tun was man will. Und daher trinke ich jetzt erstmal ein Helles aus einem angefeuchtetem (!) Steinkrug.