BRAUKUNSTKELLER: Der feine Unterschied

Nina Anika Klotz

Mit dem Braukunstkeller war Alexander Himburg einer der ersten deutschen Craft Brewer.  Statt sich seither von dunkel nach hell, über Stout, Sauerbier und Gose quer durch die Bierbreite zu brauen, setzt der Hesse eher aufs Detail.

Der Braumeister begrüßt mit Küsschen. Die Mädchen. Eins rechts. Eins links? Bitte, auch das. „Manche wollen auch drei“, sagt er. „Aber das sind meistens die Älteren.“ Er grinst. Ha! Zwei Punkte fürs Brauer-mit-Charme-Konto. Und jetzt ein Bier, bitte. Denn dafür ist Alexander Himburg, Gründer des Braukunstkeller, noch viel berüchtigter. Weit über den Odenwald hinaus. Der 33-jährige Hesse braut ganz außergewöhnliches Bier. Betörend. Sagen manche. Nicht nur Mädchen, wohlgemerkt.

„Meine vier ‚Standard‘-Biere sind extrem“, erklärt er. „Eines ist recht süß, eins sehr herb, eins ist sehr fruchtig und eins ist eben auch sehr normal, sehr ausgewogen.“ Und das, obwohl wir hier eigentlich drei Mal vom gleichen Bier reden. Drei IPAs macht er serienmäßig plus ein Pale Ale. Der große Unterschied steckt im Detail, in den Zutaten. Über die wird der Chameur zum Feingeist. Er kann dazu richtig philosophieren.

Stichwort: Terroir

Zum Beispiel erzählt Alexander Himburg, wie sehr er daran glaubt, dass die Bedeutung von „Terroir“ beim Hopfen in Zukunft eine große Rolle spielen wird. „Irgendwann wird man Aromahopfen genauso selektiv auswählen können wie Rebsorten. Wie beim Wein wird es die gleiche Sorte von verschiedenen Hanglagen und unterschiedlichen Böden geben. Das wird ein großes Thema. Ist momentan noch niemand dran. Selbst die meisten Hopfenpflanzer wissen noch nichts davon.“ Er will sich dieses Jahr mal dahinterklemmen und ein Bier mit derselben Hopfensorte aus verschiedenen Böden einbrauen. Und er ist sicher, dass man den Unterschied schmecken wird. Deutlich.

Braukunstkeller

Brett vor dem Stand, Braukunstkeller-Logo inklusive (Foto: StP)

Die „Wood Kollektion“ des Braukunstkeller war auch so eine Detail-Liebe-Sache: Dafür hat er vor einiger Zeit ein und dasselbe Bier, ein Red IPA, eine Woche lang mit je unterschiedlichen Woodchips lagern lassen. Raus kamen fünf ziemlich unterschiedliche Biere mit ihren jeweils speziellen Noten von Akazie, Kirschbaum, Buche, Sandelholz und Maulbeerbaum. Demnächst plant Alex eine „Single Barrel Kollektion“. Die leeren Fässer sind gerade in seiner Brauerei in Michelstadt angekommen: amerikanischer Whisky, schottischer, ein Tequila-Fass, Rotwein, Rum, ein Blend.

Anderes Stichwort: Dosenbier

Michelstadt. Fachwerk-Postkarten-Beauty in Südhessen, ungefähr gleich weit weg von Frankfurt, Mannheim und Darmstadt. Seit fünf Jahren Himburgs Wahlheimat. Geboren ist er in Berlin, Abi hat er an einem Gymnasium mit ernährungswissenschaftlicher Ausrichtung gemacht, Bio und Chemie Leistungskurs. Danach fing er an, Biologie zu studieren. Zwei Semester. „War nicht so mein Ding. Ich hatte das Gefühl, dass ich dabei überhaupt nichts praktisch lerne.“ Lieber wollte er etwas mit seinen eigenen Händen herstellen, sagt er. Die Brauerlehre war eine Idee, die nach dem Ausschlussprinzip entstand. Wenn also nicht das Studium, was dann? „Bierbrauer war da noch der coolste Beruf.“

Frisch von der Black Pearl: Braukunstkeller in Hamburg (Foto: StP)

Frisch von der Black Pearl: Braukunstkeller in Hamburg (Foto: StP)

Ausbildungsplatz in einer großen, industriell arbeitenden Brauerei fand er schnell, die Erkenntnis, dass das auch nicht das war, was er suchte, auch: „Am ersten Tag sind wir sechs Azubis nach der Arbeit in die Tankstelle gegenüber und haben uns eine Dose Bier von unserer Brauerei gekauft, haben angestoßen, einen Schluck genommen und uns alle erstmal blöd angeschaut: So, das machen wir jetzt also die nächsten drei Jahre.“ Von Terroir und Holzveredelung konnte da mal so gar keine Rede sein.

Das kam dann alles später, 2012, als der Alex anfing, auf der 300-Liter-Anlage eines Nachbarn sein eigenes Bier zu brauen und zu verkaufen. Es folgten harte Monate mit den längsten Brautagen ever, an denen er drei Sude hintereinander weg braute. Im Sommer 2013 ergab sich dann eine etwas bequemere Lösung: Seitdem braut Alex in der deutlich größeren Michelstädter Brauerei.  Alteingesessenes, mittelständisches Unternehmen, eigentlich, dessen neuer Pächter aber ein moderner Mann ist, der Himburg hier recht frei walten lässt. „Ich sorge für die Auslastung seiner Maschinen und gebe ein paar neue Impulse, er hält mir finanziell den Rücken frei“, sagt Alex. Nur so hat er jetzt wieder mehr Zeit, über die Feinheiten seiner Biere die Stirn in Falten zu legen und zu sinnieren, der feingeistige Brauer aus dem Odenwald.

Alexander Himburg, Braukunstkeller

Bester Teil des Jobs: Selber trinken. (Foto: Stefan Peters)

Im Februar 2015 waren wir bei Alexander Himburg in Michelstadt um bei Brauen des Sondersudes für die Braukunst Live, eine Kollaboration von Braukunstkeller und der Kreativbrauerei Kehrwieder, zu zuschauen. Hier die Reportage dazu. 

 

Auf einen Blick


Braukunstkeller

Alexander Himburg, Michelstadt/Odenwald
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Bekannteste Biere:

  • Amarsi IPA
  • Mandarine IPA
  • Laguna IPA