Das Team der Brauerei Bierol in Tirol.

Es hat „Bäähhmmm!!!“ gemacht

Martin Rolshausen

„Bäähhmmm!!!“ Wenn Lisa Luginger-Bichler dieses Wort ausspricht, klingt das, wie wenn ein Flugzeug die Schallmauer durchbricht. In dieser Geschichte wird die Schallmauer einige Male durchbrochen.  

Das erste Mal war 2009. Da, erzählt Lisa, habe sie in den USA ihr erstes IPA getrunken. „Bäähhmmm!!!“ habe es da gemacht. Bei Christoph, den sie da noch nicht kannte, sei das ähnlich gewesen. Christoph hat eine Weile in den Staaten in der Gastronomie gearbeitet. Das Bier dort hat ihn überrascht. Positiv überrascht, denn eigentlich hatte das US-Bier ja keinen so guten Ruf wie das daheim in Österreich. Aber vor allem das IPA war ein Knaller.  

Bierol setzt für sein stark gehopftes Bier auf die Dose. Foto: Bierol

Zurück zuhause in Tirol gab es kein IPA. Aber eine kleine Brauerei. Peter Bichler, Christophs Vater, hatte 2004 auf seinem Bauernhof im Örtchen Schwoich am Fuße des Scheffauer im Tiroler Unterland eine kleine Brauerei eröffnet. Die Brauerei stand leer, weil der Vater sich für ein Leben auf der familieneigenen Alm entschieden hatte. Christoph fing zusammen mit den Schulfreunden Max und Marko an, das zu brauen, was ihn in Amerika fasziniert hatte. „Er hatte keine Brauerausbildung. Er hat sich das alles selbst beigebracht“, schwärmt Lisa. Davor wurden auf dem Stöfflhof lediglich Helles und Weizen gebraut, sagt sie. Sie kennt das selbst allerdings nur aus Erzählungen, weil sie damals noch nicht Teil der Familie war. 

Der wurde sie erst nach dem nächsten ganz großen „Bäähhmmm!!!“. Das war 2015, Ende Mai beim Craft-Beer-Festival im Schloss Maretsch in Bozen. Da war das erste Tiroler IPA bereits auf dem Markt, auch das erste Stout, die erste fassgelagerte Abfüllung. Bierol, so hat Christoph seine Brauerei genannt, war in Österreich bereits ein Begriff.  Die Bayerin Lisa traf in Bozen auf den Tiroler Christoph. Der bot ihr ein Bier an – die Nummer eins aus dem Sortiment: „The Padawan“. 

Das Bier sei „nicht nach Star Wars benannt“, betont Christoph. Die Namensgleichheit sei ein „reiner, wenn auch keinesfalls unerwünschter Zufall“. Padawan ist die Abkürzung für „Pale Ale doing alright without a name“. Der Name ging 2014 als Sieger aus einem Online-Voting hervor. Bierol hat damals eine Bezeichnung für sein bis dahin namenloses Pale Ale gesucht. Lisa war skeptisch. Sie lebte damals in Franken, „dem El Dorado der Bierkultur“, wie sie dem Tiroler mit dem milchigen Bier im Glas erklärte. Was konnte da schon Besseres aus dem Nachbarland kommen? Dann hat sie das mit Haferflocken, Mosaic- und Citra-Hopfen gebraute Pale Ale probiert. Und es hat wieder „Bäähhmmm!!!“ gemacht. „Den Mann muss ich heiraten“, habe sie gedacht, erinnert sich Lisa.  Und ergänzt: „Zum Glück haben wir uns dann auch ineinander verliebt.“ 

Lisa und Christoph sind nicht nur bei Bierol ein gutes Team, sondern auch privat ein Paar. Foto: Martin Rolshausen

Seit einigen Jahren sind Lisa und Christoph nun verheiratet. Bierol ist längst ihr gemeinsames Projekt. Gerade sind die beiden dabei, die Brauerei zu vergrößern. Von 2000 auf 4000 Hektoliter will Bierol seine Produktionsmenge steigern. Die neue Halle ist aber bereits so gebaut, dass die Anlage auf 10.000 Hektoliter erweitert werden kann. Die neue Dosenabfüllanlage steht bereits, ist aber noch nicht in Betrieb. Vor allem für die stark gehopften Biere ist die Dose Christophs erste Wahl. So langsam funktioniere sie auch in der Gastronomie. 

Der Flaschenfüller wird dennoch nicht verschrottet. Die „Farmhouse“-Serie, die zweite Haupt-Produktreihe neben den stark gehopften Biere, funktioniere auch ganz gut in der Flasche. Das mit Gerste, Dinkel, Roggen, Weizen und Hafer gebraute Saison zum Beispiel. Oder das dunkle Saison mit roter Beete. Die wird wie andere Zutaten auf dem eigenen Hof und den dazugehörigen Feldern angebaut. Früher kam von dort auch die Gerste. Inzwischen wird die aber eingekauft. Mit dem Getreide vom eigenen Hof zu arbeiten, klinge zwar gut, sagt Christoph. Aber die Gerste durch die Gegend zu fahren, um sie mälzen zu lassen, sei eben dann doch nicht wirklich nachhaltig. Deshalb verwendet Bierol nur die Zutaten vom Hof, die nicht gemälzt werden müssen, dazu gehört unter anderem auch der Hafer.  

Der Taproom in Schwoich ist modern eingerichtet und ist Teil des ehemaligen Bauernhofs, zu dem auch die Brauerei gehört. Foto: Bierol

Christoph ist es wichtig, wieder ins Bewusstsein zu rufen, „dass Bier wie Wein ein landwirtschaftliches Produkt ist“. „Der Bezug zur Landwirtschaft ist etwas verlorengegangen“, ist sein Eindruck. Wer zu Bierol in den Taproom kommt, der ein von Christophs Schwester Caroline Bichler geleitetes Haubenlokal ist, spürt den Bezug direkt. Nicht nur, weil gleich neben dem Eingang eine Kuh aus einem Bilderrahmen schaut. Man merkt, dass man auf einem Bauernhof ist. Eine Weile, sagt Sander Luimes, ein Niederländer, der bei Bierol für die Finanzen und den Vertrieb zuständig ist, habe man sogar Schweine gehalten und mit Treber gefüttert. Die finde man jetzt als Bacon im Restaurant.  

Wer etwas Landluft schnuppern und faszinierendes Bier trinken möchte, ist im Bierol-Taproom immer willkommen. Wer Party mag, sollte am 2. September dort auftauchen. Dann wird mit einem Fest die Erweiterung gefeiert. Das wieder einer werden, so ein „Bäähhmmm!!!“-Moment. 

(18. Mai 2023)