BOXING CAT BREWERY: In China fällt ein Sack Malz um

Nina Anika Klotz

Vom schnell geexten Dosenbier zum doppelt gehopften Pumpkin Ale: Craft Beer wird in China mehr und mehr Thema. Michael Jordan, Braumeister der Boxing Cat Brewery in Shanghai, über eine kleine aber durchaus erfolgreiche Revolution

Komm doch näher, wenn du dich traust! Eine kampflustige Katze in China: Die Boxing Cat Brewery in Shanghai. (Foto: StP)

Sagt Mao, äh, Miau: Die Boxing Cat Brewery in Shanghai. (Foto: StP)

Ach, die Craft Beer Welt ist ein Dorf. Just als wir mit dem Amerikaner Michael Jordan in Shanghai sprechen, blubbert in seinem Braukessel der Boxing Cat Brewery ein Single Hop Ale, das der Braumeister erstmals mit dem Mandarina Bavaria Hopfen aus der Hallertau einbraut.

Ähnlich wie der Mandarina ist auch Jordan selbst schon ordentlich rumgekommen. Mit zwanig Jahren im Craft Beer Geschäft könnte er fast schon als ein Urgestein durchgehen. Angefangen hat alles – wie bei so vielen – mit einem Hobby. Während er an der University of Oregon Bio und Chemie studierte, wurde er Homebrewer, nach Abschluss des Studiums begann er als Brauer zu arbeiten. Er erlebte die erste große Craft Beer Welle in und um Portland herum hautnah mit, war drei Jahre Lead Brewer bei den Widmer Brothers, ging nach Dänemark um eine Familienbrauerei zu führen und bekam schließlich das Angebot als Braumeister nach China zu gehen und dort für eine der ersten und womöglich die führende Craft Brewery zu arbeiten: Boxing Cat Brewery in Shanghai.

Er hat sich diesen Schritt gut überlegt. Denn China ist ja nun nicht die erste Destination, die einem bei Craft Beer in den Sinn kommt. Auf einer ersten Reise nach Shanghai aber stellte der Amerikaner fest: Sie mag zwar noch auf eher kleinen Trippelfüßen vorankommen, aber die chinesische Craft Beer Revolution hat definitiv begonnen. „Im Grund erlebe ich jetzt noch einmal, was in Oregon vor zwanzig Jahren geschehen ist“, erzählt Michael Jordan währen sein Mandarina Ale vor sich hinbrodelt.

Der Amerikaner Michael Jordan erlebt gerade zum zweiten Mal in seinem Leben als Brauer den Aufstieg von Craft Beer. (Foto: Boxing Cat Brewery)

Der Amerikaner Michael Jordan erlebt gerade zum zweiten Mal in seinem Leben als Brauer den Aufstieg von Craft Beer. (Foto: Boxing Cat Brewery)

Gibt es in China denn überhaupt so etwas wie eine Bierkultur?

Bierkultur… also eine Kneipen-Kultur wie in Deutschland, England oder auch den USA gibt es nicht. Und die einzige chinesische „Bierkultur“, die mir einfiele, geht so, dass man eine große Flasche Bier in winzige Gläser füllt und diese eins ums andere ext. Das macht man im Allgemeinen mit leichtem Lager, das wenig Alkohol und wenig Geschmack hat. Um ehrlich zu sein, ist es vor diesem Hintergrund gar nicht einfach, den Chinesen zu erklären, dass Bier auch ganz anders getrunken werden kann, dass es unterschiedliche Farben, einen ganz anderen Geschmack und deutlich mehr Alkohol haben kann. Wir haben also noch viel zu tun, eine gute Bierkultur hier einzuführen. Aber wir haben ja auch gerade erst begonnen.

Klingt als wäre da an Craft Beer also eigentlich noch gar nicht zu denken. Was machst du denn dann überhaupt in Shanghai?

Nun ja, Craft Beer in Shanghai ist schon ein heißes Thema. Liegt an dieser Stadt und ist natürlich zum Teil getrieben von den vielen Expats, die hier leben und arbeiten. Als ich vor vier Jahren anfing hier als Braumeister zu arbeiten, waren unsere Kunden zu 80 Prozent Ausländer, allenfalls 20 Prozent  Chinesen. Inzwischen ist das Verhältnis eher 55 zu 45. Das zeigt deutlich, wie interessiert die Chinesen, oder sagen wir: ein Teil der Shanghaier, an besseren Bieren sind.

Gibt es denn schon so etwas wie eine Craft Beer Szene in China?

Ja, aber sie ist noch ziemlich klein. Noch ist Craft Beer in Shanghai nicht zuverlässig verfügbar, weder im Lebensmitteleinzelhandel noch in der Gastronomie. Die Regelungen und Zollbestimmungen zur Einfuhr ausländischen Craft Beers sind ziemlich tricky und es gibt nur ein paar Hand voll chinesischer Craft Breweries. Aber: Genau deswegen fangen immer mehr Chinesen, die einmal auf den Geschmack gekommen sind, an, selbst Bier zu brauen.

Ganz ähnlich wie damals zu Beginn der Craft Beer Revolution in den USA.

Genau, irgendwie schon. Und sicherlich werden auch aus den chinesischen Homebrewern die einen oder anderen Craft Brewer werden – allerdings ist auch das ziemlich kompliziert: So darf man in China zum Beispiel nicht einfach nur eine Brauerei betreiben, man muss dazu immer auch einen Brewpub haben. Gerade für Neueinsteiger ist das ein riesiges Hindernis, nicht nur, dass das die Startkosten extrem erhöht. Es erfordert ja auch ein ganz anderes Skill-Set. Wer eine Brauerei eröffnen will, kennt sich ja nicht automatisch auch in der Gastronomie aus. Der Vertrieb ist auch streng reguliert. Wir von Boxing Cat dürfen unser Bier bis heute in keinem anderen Laden als unseren eigenen Bars ausschenken. Das alles macht es sehr schwer für Craft Breweries in China – aber es ist nicht unmöglich.

Heimweh? Fehlt dir irgendwas aus Oregon da in Shanghai?

Du meinst außer den Bergen und frischer Luft? Ja. Mir fehlt die Craft Beer Szene Oregons irgendwie. Ich fliege ein bis zwei mal im Jahr nach hause und sehe dann schon immer ein bisschen wehmütig, wie prächtig sich die Szene dort entwickelt hat. Die Kameradschaft unter Brauern, wie es sie dort und vermutlich auch bei Euch in Deutschland gibt, fehlt mir in China. Denn so spannend es auch ist, zu sehen, wie hier eine neue Szene entsteht, bedauere ich es doch irgendwie, dass es kein wirklich gutes Craft-Brewer-Netzwerk gibt. Man hängt hier nicht mit Kollegen rum, trinkt deren Bier und überlegt gemeinsam, was man noch so machen könnte. Aber vielleicht kommt das ja noch.

Shanghai

Shanghai bei Nacht. Alles schön bunt hier. Bald auch die Bierlandschaft. (Foto: StP)