WILDWUCHS BRAUWERK: Made in Hamburg. With love.

Nina Anika Klotz

Heimat ist da, wo das Herz ist. Und der eigene Sudkessel. So zumindest im Fall von FriedrichFiete“ Matthies, der nach einigen Stationen nun endlich zurückgekehrt ist in seinen Heimathafen. Und das noch dazu mit einer eigenen Brauerei. Zu Besuch im Wildwuchs Brauwerk in Hamburg

Der Hamburger Jung‘ hat gute Gründe gehabt, zurück zu kommen. Der erste ist das Wetter. Das Wetter? Das Hamburger Wetter? Betonhimmel und Dauerniesel von oben, unten, allen Seiten? „Siehst du ja, die Sonne scheint immer!“ Tut sie heute tatsächlich. Ausnahmsweise, OK. Die Mühe, das Grinsen unter seinem schicken Elbsegler zu verstecken, macht Fiete sich gar nicht erst. Wir sehe also: Erstens, der Mann hat Humor. Und zweitens, er fühlt sich wohl hier.

Nicht, dass er sich während der letzten Jahre unwohl gefühlt hätte. Nachdem er mit 15 ein Praktikum bei Holsten gemacht hatte, wusste er, dass er Brauer werden wollte. Nach dem Abitur absolvierte er die Ausbildung zum Brauer und Mälzer bei der Hanseatischen Brauerei Rostock. Weiter ging es nach Berlin für den Diplom-Braumeister und schließlich über Frankreich, Spanien, nochmal Hamburg und zu guter Letzt Bleckede, zurück nach Hamburg. Denn: Zuhause ist es eben doch am schönsten.

Wildwuchs Eingang

Willkommen bei Wildwuchs in Wilhelmsburg. (Foto: TR)

Und dann liefert er auch noch ein paar ganz einfach nachvollziehbare Gründe, warum es für ihn und seine Brauerei Hamburg sein musste: „Hamburg ist einfach meine Heimat. Hier bin ich groß geworden, aufgewachsen, meine Familie ist hier ansässig, ich habe hier Freunde, Verwandte und Bekannte.“ Man merkt, dass gar nicht die Stadt seine Hauptmotivation war, zurück zu kommen. Und das stellt er dann auch nochmal klar: „Auch Hamburg ist nicht perfekt. Es gibt viele Städte in Europa und auf der ganzen Welt, in denen ich bestimmt genauso gut leben könnte – wenn nicht meine ganze Familie hier wäre!“ Also los, die Brauerei muss nach Hamburg.

Die Nadel im Hafenbecken

„Kurz nachdem ihr uns in Bleckede besucht habt (Anm. d. Red.: November 2014), haben wir angefangen zu suchen. Erst haben wir nur nebenbei die Augen aufgehalten, dann immer mehr. Wir haben bestimmt zwei Jahre intensivst gesucht und uns regelmäßig Objekte angeguckt, auch die Ideen immer wieder die hin und hergeworfen: Investiert man in die Brauerei in Bleckede und holt sich in Hamburg nur ein entsprechendes Kühllager? Baut man eine eigene Brauerei?“ Und schlecht war Bleckede ja eigentlich auch nicht, betont Fiete: „Wir haben uns in Bleckede nicht nicht zuhause gefühlt. In Bleckede war es wie in einer Mietwohnung – und jetzt ist es ein eigenes Haus.“

Nun ist es aber in Hamburg (und wahrscheinlich in den meisten Städten) gar nicht so einfach, mal eine eigene Brauerei aufzumachen. Im Gegenteil. Erstmal eine geeignete Halle finden. Da wird sich zwischen Harburg und Langenhorn, Finkenwerder und Rahlstedt, schon was auftreiben lassen. Egal, ob im Hafen, im Wohngebiet, oder im Industriegebiet, so eine Brauerei passt doch überall – könnte man meinen. Aber so einfach war das nicht. Fiete erklärt: „Im Hafen waren wir nicht hafenkonform genug, im Wohngebiet waren wir zu laut, zu stinkig und hier (Anm. d. Red.: im Industriegebiet) zu leise und nicht stinkig genug.“

Die beste Lösung: Arbeitsweg mit Vorzügen

Mit Unterstützung bei den Nutzungsänderungen konnte schließlich aber noch die passende Halle gefunden werden. 580 Quadratmeter, unweit des Jaffe-Davids-Kanals in Hamburg-Wilhelmsburg. Südlich der Elbe. Also für viele Hamburger schon Norditalien. Nicht für Fiete, der in Finkenwerder – auch südlich der Elbe – aufgewachsen ist. Und so führt der Arbeitsweg täglich über die Köhlbrandbrücke, hinüber in die Brauerei. Strahlend erklärt er: „Wenn man den Blick über den Hafen auf die Stadt schweifen lässt, ist das jedes Mal wieder eine Augenweide.“

Wer trotzdem denkt, dass Wilhelmsburg eine Notlösung ist, hat sich ziemlich getäuscht. Der Stadtteil im Süden der Hansestadt galt lange als Problemviertel: Hochhäuser, Industrie, trotzdem hohe Arbeitslosigkeit. Aber die Elbinsel ist schon seit Jahren im Wandel. Wenn man von der S-Bahn Haltestelle Richtung Wildwuchs Brauwerk läuft, fallen sofort die vielen Baustellen, aber genauso die neuen, teils architektonisch ziemlich spannenden Neubauten, auf. Wilhelmsburg ist von Wasser umgeben und durchzogen. Fiete fasst das so zusammen: „Das hier ist mit Abstand die beste Lösung, die wir hätten finden können.“

Die Brauerei

Die Halle war gefunden, fehlte „nur“ noch das Sudhaus, die Gär- und Lagertanks. Und da hat sich Wildwuchs im Vergleich zu Bleckede deutlich verbessert. Die Ausschlagmenge hat sich verdoppelt, auf jetzt 20 Hektoliter. Die Anlage kam aus Österreich, von Mavim, nagelneu. Und noch einen großen Vorteil hat der neue Standort: „Wir haben hier das Büro, wir haben hier den Ausschank, die Produktion, das Rohstofflager, das Vollgutlager, die Abfüllung“. Endlich alles an einem Ort, endlich alles in Hamburg.

Sudhaus Wildwuchs

Das neue 20 Hektoliter Sudhaus. (Foto: TR)

Und die Halle hat es wirklich in sich. Der Ausschankraum ist gemütlich, es gibt acht Zapfhähne, zusätzlich Flaschenbiere und ein paar alkoholfreie Getränke. Betritt man die Produktion, bekommt man sofort einen Blick über das Sudhaus zur Rechten, sowie die Gär-und Lagertanks zur Linken. Die kleine, modifizierte und fast schon historische Abfüllanlage steht dazwischen und versucht der ansonsten modernen Anlage Folge zu leisten.

Gärkeller Wildwuchs

Der Gärkeller und die kleine Abfüllanlage. (Foto: TR)

Der Startschuss

Nachdem dann auch die letzte Genehmigung vorlag, konnte Anfang diesen Jahres endlich der erste Sud – Wildwuchs Bio-Bier made in Hamburg – gebraut werden. Mit einem Schmunzeln verrät Fiete dann aber noch: „Ein paar Probesude haben wir aber vorher schon getätigt.“

Das Bio-Bier ist erstmal vor allem für Hamburg – egal ob für Bars, Restaurants, Bio-Märkte oder Privatpersonen. Es geht um den lokalen Markt, es soll ökologisch sinnvoll bleiben.

So entstand jetzt auch, in Zusammenarbeit mit der Regionalwert AG Hamburg, die sich für regionale, ökologische und bürgernahe Landwirtschaft einsetzt, ein neues Hopfenprojekt. Das Wildwuchs Brauwerk, die selber einen Mini-Hopfengarten mit 18 Pflanzen bewirtschaften, haben sich mit einem Landwirt aus Schleswig-Holstein zusammen getan und wollen demnächst einen Hektar Hopfen im Norden der Republik bepflanzen. Das ist natürlich erstmal eine überschaubare Fläche, aber der Hamburger erklärt die Idee: „Wir wollen motivieren, dass sich Landwirte in Norddeutschland auch mal dem Thema widmen.“

Wildwuchs Brauwerk

Stolzer Brauereibesitzer: Fiete Matthies. (Foto: TR)

Hamburg, hier sind wir!

Jetzt ist der Grundstein gelegt, trotzdem gibt es noch eine Menge Arbeit für das Wildwuchs Brauwerk. 3000 Hektoliter sind erstmal das Ziel. Aber auch Hamburg muss noch etwas zulegen, steckt was gutes, handwerkliches Bier angeht, abgesehen von ein paar Ausnahmen, noch ziemlich in den „Kinderschuhen“. Es gibts zwar inzwischen Anlaufpunkte, es sind auch gerade wieder ein paar dazugekommen, aber da geht noch was.

Und so hundert Prozent zuhause angekommen ist Fiete auch noch nicht: „Wir sind unserem Ziel der eigenen Brauerei ein Stück näher gekommen, doch noch gehört sie nicht uns, sondern der Bank. Wenn das alles abgezahlt ist, dann fühle ich mich richtig heimisch.“

 

>>> Und wer sich für die Vorgeschichte interessiert, wie das war, da in Bleckede, der wird auf der nächsten Seite fündig!

Auf einen Blick


Wildwuchs Brauwerk

Fiete Matthies, Hamburg
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Bekannteste Biere:

  • "Fastmoker" (Pils)
  • "Bock O'Range" (Bock)
  • "Bock O'Vin" (Bock gereift 3 Monate im Holzfass)

Hopfenhelden's Choice:

  • "Fastmoker" (Pils)