Die braut - Dorfbrauerei Stegelitz GmbH

„Die braut“ in der Uckermark

Martin Rolshausen

„Die Uckermärker“, sagt Sarah Raimann, „sind nicht dafür bekannt, dass sie alles Neue umarmen.“ Um so faszinierender ist das, was die Berlinerin zusammen mit ihrem Freund Joe in Stegelitz aufgebaut hat: eine Dorfbrauerei. „Die braut“ nennt sich das Unternehmen. Seit Sarah braut, trinkt die Feuerwehr gerne Stout. Und wenn das kalt gehopfte Pale Ale verkostet wird, kommentieren auch konservative Uckermärker schonmal mit „wow“ und „krass“. „Diese Offenheit und Neugier ist schön“, sagt Sarah. Wobei das Ganze nicht nur eine Frage von wirklich gutem Bier, also hoher Qualität sei. „Es ist auch eine Sache der Vermarktung“, weiß die 47-Jährige.

Der Biergarten auf dem Hof ist ein wichtiger Ort für den Bierabsatz. Foto: Dorfbrauerei Steglitz

Natürlich sei am Anfang auch mal gesagt worden: „Craft Beer mag ich nicht.“ Eine Craft Brewery in der Uckermark? „Sind wir nicht, wir sind eine Handwerksbrauerei“, lautetet die Antwort. Alles gut. Und Pale muss man ja nicht als englischen Bierstil bewerben, sondern kann einfach sagen: „altdeutsches Helles, neu interpretiert“. Ebenfalls obergärig ist das Mörkš/Mörksch. Der, wie Sarah und Joe sagen, „märkische Ale Biertyp“ ist aus einem Rezept für Kölsch entstanden. Pils und je nach Saison Festbier sind natürlich auch im Angebot.

Aus Kölsch wurde Mörksch

Das zu Mörksch gewordene Kölsch war eines der ersten Biere, die Sarah und Joe gebraut haben. Als die beiden sich vor zehn Jahren kennengelernt haben, hatte sie den Hof in Stegelitz bereits gekauft. Die beiden haben angefangen zu brauen. Es war zwar ein Hobby, aber „eine Brauerei war schon immer ein Traum von mir, ich habe immer gebraut mit dieser Idee im Hinterkopf“, erzählt Sarah. Sie hat auch mal überlegt, eine Brauerlehre zu machen, aber sich dann doch dafür entschieden, in Eberswalde Ökolandbau und Vermarktung zu studieren.

Joe und Sarah mit einem Mörksch-Fass. Foto: Dorfbrauerei Steglitz

Während des Studiums kam sie auch zu dem Entschluss, aufs Land zu ziehen. Da hatte Sarah schon einiges erlebt. Nach dem Abitur, erzählt sie, hat sie viel ausprobiert: Sie hat in Berliner Clubs gearbeitet: als Türsteherin, an der Garderobe, als Managerin. Sie war Konzert- und Party-Veranstalterin – in Köln und in Berlin. Dann Familie und Kinder und die Entscheidung, doch noch zu studieren. In Eberswalde lernte Sarah Joe kennen. Er hatte Forstwirtschaft studiert, sich aber danach für die Gastronomie entschieden. Er betrieb die Studentenkneipe „Zur Haltestelle Eberswalde“. Das Lokal hat die Corona-Pandemie nicht überlebt.

Was ein Schiff im Suezkanal mit einer Brauerei in Stegelitz zu tun hat

Nach vier Jahren als Hausbrauer haben die beiden sich 2018 „ernsthaft drangemacht umzubauen“, erzählt Sarah. Es gab eine erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne und EU-Zuschüsse aus einem Förderprogramm für ländliche Regionen. Dass die eigene Brauerei dann erst im Spätsommer 2021 eröffnet werden konnte, lag nicht nur an der Pandemie. Die Gärtanks, die aus China geliefert wurden, befanden sich zum Beispiel in einem Container auf einem Schiff, das vor dem Suezkanal im Stau stand. Ein Frachter hatte sich dort Anfang 2021 quergestellt und verkantet. Was für die meisten Menschen in Deutschland einfach nur eine kuriose Meldung war, brachte in Stegelitz das Projekt von Sarah und Joe ins Stocken.

Drei der beliebten Biere von „Die braut“. Foto: Dorfbrauerei Steglitz

Sarah spricht von „einigen Stolpersteinen“, die aber das Projekt nicht zu Fall gebracht haben. Im Gegenteil: Sarah und Joe haben die Erfahrung gemacht, dass man zumindest in Berlin und Brandenburg zusammenhält. „Die Kollegen waren sehr hilfreich“, erinnert sie sich. Das junge Unternehmen hatte nicht das Geld, sich eine fix und fertige Brauanlage hinstellen zu lassen. Man hat die Bestandteile von verschiedenen Herstellern zusammengekauft. Da gab es viel Beratung von Brauerinnen und Brauern, die schon länger im Geschäft sind. Um die Kundinnen und Kunden, denen man angekündigt hat, bald eine Brauerei zu eröffnen, nicht zu enttäuschen, wurde erstmal bei Hops and Barley in Berlin gebraut.

Nachhaltige Entwicklung

Dass die Dorfbrauerei Stegelitz zweieinhalb Jahre nach ihrer Eröffnung im Geld schwimmt, kann man nicht sagen. Aber das haben Sarah und Joe auch nicht erwartet. Sie haben in Eberswalde an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung studiert. „Das ist der Spirit“, sagt Sarah. Verkauft wird hauptsächlich im Umkreis von etwa 40 Kilometern. Der Hauptausschank läuft im Sommer auf dem Hof selbst. Der ein oder andere Gastronom aus der Gegend hat „Die braut“-Bier am Fass oder in der Flasche. Und es gibt „einige Händler – solche, die verstanden haben, dass unser Bier in die Kühlung muss, und denen wir liefern, was wir können, nicht was sie bestellen“, erklärt die Brauerin. Dazu kommen Stände bei Veranstaltungen. Wobei: „Hier wohnen wenig Leute. Viel läuft saisonal, wenn die Urlauber da sind.“

Eberswalder Craft Beer Festival

Sarah und Joe verstehen sich mit ihrer Dorfbrauerei als Teil einer Entwicklung. Für eine Region, die so dünn besiedelt ist, sei hier einiges los. Es gebe eine erstaunliche Dichte an Handwerksbrauereien nördlich von Berlin. Mit zwei von ihnen veranstaltet „Die braut“ am 27. Januar das erste Eberswalder Craft Beer Festival: der Kati Hausbrauerei und den Bernauer Braugenosssen. „Wir fangen mal klein an und schauen“, sagt Sarah. Und sie ist sich sicher, dass die Uckermärker einige gute Vorschläge haben, wie man so ein Fest noch besser machen kann. Auch beim Ausschank auf dem Hof seien die Kundinnen und Kunden bisher immer sehr kreativ gewesen. Sarah mag die Menschen, sie mag die Uckermark. „Wir sind nicht hier, weil die Miete billiger ist als in Berlin“, versichert sie.

(12. Januar 2024)

Auf einen Blick

Das erste Eberswalder Mini Craft Beer Festival steigt am Samstag, 27. Januar, von 12 bis 22 Uhr, in der Kati Hausbrauerei (Coppistraße 3).  Mit dabei sind die Bernauer Braugenossen und die Dorfbrauerei Stegelitz. Es gibt Bier, Essen und Musik.  Der Eintritt ist frei.