Man kann Craft Beer ja riesengroß und weltherrschaftsmäßig denken, man kann diverse Märke erobern wollen und wachsenwachsewachsen. Man kann Craft Beer aber auch ganz bescheiden als ein lokal verwurzeltes Produkt von hier für hier sehen. So macht das Dirk Paul, der Braumeister und Gründer von elbPaul aus Hamburg.
Wobei man da natürlich gleich einhaken muss: Mit etwas Glück findet der Nicht-Hamburger elbPaul Biere auch in seiner Stadt. Natürlich füllt Paul in Flaschen ab, hübsche, seltene Flaschen, langhalsig und mit Plopp-Verschluss (Kropfhals mit Lochmund und Bügelverschluss, wie der Fachmann so wirklich unschön dazu sagt). Aber seinen Hauptmarkt sieht Dirk Paul in der Heimat. Angefangen hat er mit 17.000 Litern im Jahr, letztes waren es 45.000, wenn 70.-80.000 Liter werden, kann er gut davon leben, sagt Dirk Paul.
Dirk Paul ist volle Pulle Hamburch, so mit „legga“ und „Digga“, „nä!?“, allem und so weiter. Wenn er redet, hört man gedanklich irgendwie gleich Hafen und die Möwen im Hintergrund. Deshalb dachten wir, lassen wir ihn doch einfach reden. Also bitte, Dirk Paul über Craft Beer vom elbPaul:
„Ach, Craft Beer. Irgendwie ist das ja wie mit Foodtrucks. Jedes Mal, wenn ich vorm Baumarkt am Grill-Imbiss vorbeilaufe und sehe, aha, ein halbes Hähnchen, denke ich: „Uh, ein Foodtruck.“
Ganz ehrlich: Ich versuche von diesem Begriff Craft Beer Abstand zu nehmen. Denn man muss doch zugeben: Man erfindet das Feuer ja nicht neu – sondern braut halt Bier.
So ein richtiger Brauer
Ich bin so ein richtiger Brauer, nä. Habe eine Ausbildung gemacht, ganz klassisch, nachdem ich mein Studium geschmissen hatte. War bei Neumarkter Lammsbräu, wo ich so als Stift angefangen habe. Danach bin ich zwölf Jahre in einer Gasthausbrauerei in Nürnberg hängen geblieben, ich war in Kulmbach und bin dann bei Gröninger hier in Hamburch gelandet.
Irgendwie konnte ich mich da nicht so richtig austoben. Ich habe immer wieder gefragt, ob ich nicht mal ein Schwarzbier machen könnte – aber ging nicht.
Also habe ich mir 25.000 Euro von meinem Vater geliehen und im April 2010 mit meinem damaligen Chef Thorsten was Eigenes gegründet.
Dann gab es, da bin ich ganz ehrlich, jede Menge Höhen und Tiefen. Vor drei Jahren, da war ich beinahe pleite, da hatte ich noch 150 Euro auf dem Konto und wenn ein Kunde da nicht gerade rechtzeitig 120 Euro überwiesen hätte, wäre ich am nächsten Tag bankrott gewesen.
Insofern bin ich stolz, dass es inzwischen so gut läuft, dass ich auch einfach mal einen Transporter kaufen konnte. Und den abbezahlen konnte. Noch letztes Jahr musste ich mir Gedanken machen: Kaufe ich jetzt Bierdeckel oder einen neuen Zapfkopf? Jetzt kann ich einfach beides nehmen.
Ich habe die Gesetze des Marktes kennengelernt: Wenn man viel Geld hat, wollen alle auch viel Geld von einem haben, wenn man keins hat, will keiner mit einem arbeiten. So sind Leute auf- und wieder abgesprungen, hatte wir fast Immobilien für eine eigene Braustätten und waren dann doch wieder Gypsies und so weiter.
Und dann, als ich schließlich mein erstes Bier, ein Märzen vom Fass, bei meinem Kunde Null anzapfte und die Leute gefragt habe: „Wollt Ihr mal mein Märzen probieren?“, saßen die da und sagten: „Nä, wir wollen kein Märzen. Gib mal lieber ein Bier.“
Nach dem ganzen Unfiltrierten lieber mal ’ne Dose Holsten
Das ist OK, ich verstehe das irgendwie auch. In meiner Zeit in der fränkischen Gasthofbrauerei konnte ich das ganze Unfiltrierte irgendwann nicht mehr trinken. Ich muss das zugeben: Ich bin da auch mal nachts zur Tankstelle gelaufen, um mir eine Dose Holsten zu holen.
Insofern habe ich ziemlich schnell beschlossen, ein Pils zu brauen. Ein schönes, nordisches Pils. Unbedingt filtriert, ganz wichtig. Klar ist Pils zu brauen anspruchsvoll, aber ich sach mal: Ich habe das ja gelernt, ich bin Meister.
Es gibt mittlerweile so komplizierte Biere. Und ich bin echt kein komplizierter Typ. Ich mag Biere nicht, die vom ersten Schluck an so einen breiten, schweren Geschmack im Mund verbreiten. Wo andere eine schwarze Beere riechen, da rieche ich einfach nur legga – oder halt auch nich.
Wenn ich höre, 18 Malz- und 20 Hopfensorten – wer kann denn da noch was rausschmecken? Es mag Leute geben, die sagen, ach, du machst ja nichts Besonderes. Aber ganz ehrlich? Ich hätte sogar mal richtig Lust, ein schönes Export zu machen.
Elbpaul ist Bier von hier, für hier
Mir ist wichtig, dass mein Bier keine weiten Strecken machen muss. Ziel deshalb in zwei bis drei Jahren eine eigene Brauerei mit kleinem Ausschank. Da gibt es Braukurse und Bierseminare und wenn man Hochzeit feiert, oder die Scheidung, kann man Bier dafür bei uns brauen.
Am liebsten würde ich nach Hamburg-West. Da komme ich her, da würde ich gern hin, Altona und weiter raus. Man braucht nicht unbedingt die A-Lage, Brauereien sind noch selten genug, dass Leute auch in eine B-Lage kommen.
Bis dahin stehe ich zur Zeit noch drei, vier Abende die Woche im Squasch-Center in der Eimsbüttler Chaussee hinter dem Tresen, wenn man mich mal auf ein Bier antreffen will. Die haben auch immer elbPaul am Fass.“
Auf einen Blick
elbPaul
Gründer & Braumeister: Dirk Paul
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