Flying Turtle Beer

FLYING TURTLE BEER: Uralt mit Flügeln

Nina Anika Klotz

Ein Mann aus Detroit, eine Höllenmaschine, ein brandneues Label und ein alter Bekannter: Flying Turtle Beer geht in Berlin an den Start

Hätte man sich ja denken können. Nichts läuft in dieser Stadt ohne den Craft Beer Don! Natürlich steckt hinter Berlins neuestem Craft Beer Dings kein geringerer als der Thorsten Schoppe. Wieder mal hat er sein Sudhaus zur Verfügung gestellt (und sein Know-How und seine Erfahrung, seine Zeit und sein Herzblut irgendwie auch) und hat einem Braunovizen die ersten Sude und damit den Start in die Craft Beer Welt ermöglicht.

Der Novize, das ist Dan Stein. Geboren in Detroit, Michigan, früher mal Besitzer einer Web-Development-Firma in Chicago, zog dann für acht Jahre nach Genf in der Schweiz, wo er für NGOs, im humanitären Bereich und für einen Pharmakonzern gearbeitet hat. Vor vier Monaten ist Dan Stein hier in Berlin angekommen. Mit der fixen Idee im Kopf, in die noch so junge aber wie er findet eben auch sehr reizende, deutsche Craft Beer Szene einzusteigen.

Auf dem Berlin Craft Beer Fest im Friedrichshainer RAW-Gelände, organisiert und veranstaltet von den Machern des Hopfenreichs und des Badehaus Szimpla, präsentierte er erstmal sein Craft Beer Lable „The Flying Turtle“. Dabei zapfte der Amerikaner ein Pils und ein Pale Ale aus einer ziemlich verrückten Höllenmaschine: Einem halb elektrischen Beer-Bike im Look eines Otto-Liliennthal-Fluggerätes. Oder so ähnlich.

Flying Turtle Beer

Bier, Bike und Bärte am mobilen Stand von „The Flying Turtle“ auf dem Berlin Craft Bier Fest Ende Mai. (Fotos: StP)

Warum, Dan? Warum Craft Beer, warum eine Fahrrad-Zapfanlage, warum mit dem Thorsten Schoppe?

Warum das alles, quasi. Berechtigte Frage. Zumal, wenn man sich das einmal ganz pragmatisch überlegt: Ich hatte bis vor Kurzem noch einen ziemlich soliden, gut bezahlten Job in Genf. Den habe ich aufgegeben für ein innovatives, nicht dienstleistungsbasiertes Business. Bei solchen Geschäftsmodellen muss man immer erst einmal viel Geld investieren, um überhaupt anfangen zu können. Dann muss man unglaublich lange viel und vor allem umsonst arbeiten, um das Unternehmen ins Laufen zu bekommen. Und selbst dann wird man noch ewig ohne zu verdienen weitermalochen, weil man erst die Leute, die für einen arbeiten, bezahlen muss, ehe überhaupt mal etwas hängen bleibt. Das heißt, am Ende gibt man für so eine Idee wahnsinnig viel Geld aus. Wenn ich vor einem Jahr gewusst hätte, was ich heute weiß, hätte ich bestimmt gezögert, das alles zu machen, den Job zu kündigen und ins Craft Beer Business einzusteigen. Aber ich bin  gottfroh, dass ich das damals alles nicht wusste. Denn jetzt lebe ich meinen Traum.

Ok, der Traum war also als Quereinsteiger und Gypsy Brewer ein Unternehmen zu starten. Warum gerade hier in Berlin?

Das habe ich fast ein Jahr lang abgewogen. Seit ich den Entschluss gefasst hatte, dass ich was in Sachen Craft Beer machen wollte, habe ich überlegt, ob in der Schweiz, wo ich die letzten acht Jahre gelebt habe, oder in Berlin. Die Schweiz ist an sich natürlich ein toller Markt, da gibt es viel Geld und da kann man schnell viel verdienen. Aber was mir an der deutschen Craft Beer Szene sehr gefällt ist, dass sie zwar klein sein mag, aber alle kooperieren irgendwie miteinander. So hat es in den USA ja auch angefangen. Das Craft Beer Movement hat ganz viel mit der Gemeinschaft der Leute, die es antreiben, zu tun.

So wie du ja nun auch mit Thorsten Schoppe kooperierst?

Genau. Klar, Thorsten ist der Brauer von uns beiden. Ich komme mehr aus dem Bereich Business und Zahlen, habe zwar immer wieder und auch stets sehr gern in der Gastronomie gearbeitet, aber am Ende betrachte ich mich als einen jener Generalisten, die alles ein bisschen und nichts so richtig können. Thorsten also ist der Fachmann, ich sage ihm, was für Biere ich gerne machen würde, er erklärt, wie und was geht und was nicht. Am Ende kommt ein Produkt heraus, das wir zusammen auf dem Weg dahin entwickelt haben.
Wir wollen aber in Sachen Kooperation noch viel weiter gehen.  Mittelfristig. Wenn wir mal über das reden, was in 18 Monaten sein könnte: Thorsten und ich möchten eine lokale, kleine Brauerei in Berlin aufbauen, die zum einen eine Schule für Homebrewer sein soll. Thorsten gibt ja jetzt schon Homebrewer-Kurse in seiner Brauerei am Südstern und er liebt das. Die neue Brauerei wäre so etwas wie ein experimentales Braulabor, nur so ein eineinhalb bis zwei Hektoliter Sudhaus, in dem Homebrewer sich ausprobieren und vernetzen können. Ein „Knowledge-Sharing-Space“, so zu sagen.  Zum anderen wollen wir die überschüssige Kapazität dieser Anlage dann jenen Homebrewern zur Verfügung stellen, die den nächsten Schritt gehen wollen und ihre Biere auch mal auf dem Markt bringen wollen. Gypsy Brewer könnten sich da einmieten. Damit wollen wir diesen Community-Gedanken vertiefen und klar machen, dass es in der Craft Beer Welt darum geht, Wissen zu teilen und zusammenzuarbeiten.

Flying Turtle Beer

Kommt zu den Trinkern: Die Schildkröte per Propeller, das Flying Turtle Beer mittels Beer-Bike (Fotos: StP)

Und warum „Flying Turtle“?

Das ist eine Metapher: Da ist einmal die Schildkröte, die steht für das Traditionelle, das Uralte, Langsame. Und ihr verleihen wir Flügel, nehmen ihr damit das Ehrfurchtsvolle und machen sie leicht und innovativ. Immer, wenn man zwei Dinge zusammenbringt, die eigentlich nicht zusammen passen, bekommt man etwas Magisches, Überraschendes und Großartiges.

OK. Und dann noch das Bike. Das Beer-Bike. Das Ding kann richtig fahren, hat einen kleinen Elektromotor und Platz für zwei dreißig Liter Fässer mit Zapfanlage oben drauf. Warum und wo kommt die Idee dazu her?

Aus meinem verrückten Kopf und Herzen! Ich wollte einen außergewöhnlichen Weg finden, Craft Beer zu den Leuten zu bringen. Ich wollte quasi eine Brücke bauen. Denn mir ist klar geworden, dass Craft Beer in Deutschland immer noch nur eher vereinzelt auftaucht, Verfügbarkeit ist ein Problem und ich möchte diese Biere eben ein Stück weiter greifbar machen. Im Grunde geht es ja darum, den Leuten zu zeigen, was Craft Beer ist und mit dem Bike komme ich ihnen dafür einfach entgegen geradelt.

Flying Turtle Beer

Blue Rubber Thumbs Up: Dan Stein und einer seiner Ausschankhelfer am kuriosen Zapf-Fahrrad (Foto: StP)

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  • Bekannteste Biere: 
    Flying Turtle Pils, Flying Turtle Pale Ale