Von einem der auszog: Chris Sullivan kommt aus Oregon, USA, und braute in Bayreuth, Berlin und Würzburg Bier. Am allerliebsten Lagerbier.
Es gibt Bierfranken und es gibt Weinfranken. Würzburg ist die Hauptstadt von Weinfranken, wenn man so möchte. Alle Lokale hier haben hervorragende Weinkarten, voller regionaler Superweine. Weil: Wer hat, der hat. Bier landet da schon mal bei den Säften.
Insofern: Es hätte in Franken möglicherweise bessere Flecken gegeben, ein Bier-Business zu starten. Aber wer kann sich schon aussuchen, wo einen das Schicksal hinverschlägt.
Chris Sullivan hat es einmal um den halben Globus und dann noch quer durch Deutschland gewirbelt, ehe er in Würzburg Smash Brewing gründete, sein ganz eigenes Craft Beer Projekt.
SMaSH – das steht für Single Malt and Single Hop. Der Name ist Programm. So braut Chris alle seine Biere: eine Sorte Malz, eine Sorte Hopfen. Keeping it simple. Den Start machte er mit seinem Herbipolis Retro Lager: Angelehnt an den lateinischen Begriff für Würzburg ist es eben genau das, ein Bier für Würzburg. Die Wein-Stadt am Fuße der Würzburg. Weil das hier noch fehlte. Tatsächlich prangt da die mittelalterliche Burg auf dem Etikett.
Pfui! Ist da Saft drin?
Chris Sullivan versucht die Leute mit einer Geschichte abzuholen und verzichtet auf den Begriff „Craft“. „Ich wollte mit einem Bier anfangen, dass der Regionalität entspricht und was nicht zu weit weg davon ist, was der normale Kunde unter Bier versteht“. Mit seinem Bier im Glas soll der Gast eben nicht sagen: Ist das Fruchtsaft?
Früher ist mal jemand ausgerastet auf einer seiner ersten Craft Beer Messen. Damals stand Chris noch an einem Stand von Maisle and Friends und schenkte Pale Ale aus. Das sei doch kein Bier, tobte der Trinkende. „Da habt ihr Maracujasaft reingemischt!“
Bis vor Kurzem noch hatten Fruchtaromen für die meisten Biertrinken im Bier nichts verloren und auch wenn das heute mehr Leute akzeptieren, geht Chris einen geduldigeren Weg. Muss er in Würzburg, in Franken, in Deutschland einen geduldigeren Weg gehen. Der Amerikaner hatte sein Bier-Coming of Age in Portland. Of all places! Wenn Chris in Würzburg an Halloween in seinem Skelett-Kostüm durch die Stadt joggt, fragen sich die Leute auch: Ist der bekloppt? In Portland wundert sich keiner, wenn regelmäßig tausend nackte Radler durch die Stadt düsen.
Chris Sullivan,der in Oregon aufwuchs, sit für sein Ingenieursstudium nach Portland gezogen. Dort am Thema Craft Beer vorbei zu kommen, war unmöglich. Er beginnt, selber zu brauen. Was die wirklich herausfordernden Biere sind, das merkte er dabei schnell. Lagerbiere hatte er zwar schon als Jugendlicher im Sommerurlaub in Franken bei seinen Großeltern probiert, die nachzubrauen war aber ein tricky. Ihm fehlt einfach der Kühlschrank, um ein reines untergäriges Bier bei der richtigen Temperatur gären zu lassen. Er weiß, dass sich die großen Craft Brauer da auch lange nicht so richtig ran trauten. „Die haben einen Riesenrespekt vor Helles und Pils“. Bei den Lagerbieren könne man echt wenig verstecken. Der hohe technische Anspruch, die Temperaturstufen bei verschiedenen Gärverfahren – das sei sowas wie ein „Sleeping Giant“ für sie gewesen.
Deutschland, one-way
Nach seinem Studium fängt er an als Ingenieur bei Siemens zu arbeiten. Der Bezug zu Deutschland durch seine fränkische Mutter bringt ihn dazu, einen Austausch am Standort in Erlangen zu machen. „Und dann bin ich einfach nicht mehr zurück“, sagt Chris und grinst breit.
Mit seiner Arbeit war er zwar ganz zufrieden, aber irgendetwas fehlte ihm. „Ich kam irgendwann an den Punkt, wo ich gemerkt habe, dass ich mal wieder meine Brauanlage brauche“, erinnert er sich. Er schreibt sich erstmal einfach so für ein Braustudium bei Doemens in München ein.
Bei einem Biergartenbesuch stolpert er dann zufällig über das Bier von Maisel and Friends. Und als er online sieht, dass die gerade jemanden suchen, überlegt er nicht lange und bewirbt sich. Jeff Maisel mag diesen mutigen Amerikaner mit seiner aufgeschlossenen und selbstbewussten Art. „Fast forward und ich war Braumeister von Maisel and Friends“, sagt Chris und ist auch heute noch selbst überrascht von diesem steilen Start.
Auf der Versuchsanlage kann er sich richtig austoben und neue Biere entwickeln. Den Anfang macht das erste Weizen-IPA von Maisel und auch bei den anderen Sorten, die er braut gibt es nicht das typische deutsche Einerlei. Und mit seinem eigenen Bierprojekt Outlawd Collaborations braut er später mit den Österreichern von Bierol ein Porter mit gerösteten Haselnüssen, das Going Hazelnuts.
Bayreuth-Berlin-Würzburg
Ehe er sich versieht, steht er mit fünf Leuten in der leeren Halle des alten Berliner Gaswerks, in der später einmal Stone Brewing sein Sudhaus und das eigene Restaurant eröffnen wird. Jeff Maisel wusste, dass Chris wohl nicht für immer in Bayreuth bleiben würde. „Meine Kreativität war vielleicht einfach zu verrückt“, sagt er. Aber auch in der Hauptstadt hält es ihn nicht lange, dafür dauert ihm die Baustelle doch länger als ihm lieb ist und aus den wilden Suden auf der Pilotanlage wird auch nichts.
Erst zurück in Franken kommt er wieder richtig an, während er hauptberuflich mit der Firma Huppmann auf der ganzen Welt unterwegs ist, um Sudhäuser für Craft Brauer zu planen und bauen. Nebenberuflich ist jetzt endlich für den Amerikaner die Zeit gekommen, das eigene Bier-Unternehmen zu gründen – Smash.
Einen Fehler macht Chris Sullivan dabei nicht: den amerikanischen mit dem deutschen Markt für Craft Beer zu vergleichen. Das machten hier nämlich viele: „Man sieht US-Brauereien wie Stone, die in den 90er Jahren angefangen haben und bisher einen riesigen Erfolg haben, was selbst traditionelle Familienbrauereien hier Deutschland nicht geschafft haben über zehn Generationen“, sagt er. Und die denken dann, dass viel Kohle im Craft Beer Geschäft ist. Stimmt aber halt leider nicht wirklich.
Von seinem Smash Brewing Project kann auch er noch nicht alleine leben. „Ich würde nicht sagen, dass Craft Beer in Deutschland die allerbeste Investmentidee ist“, sagt er. Trotzdem ist er ein großer Fan der deutschen Craft Beer Bewegung: Die Deutschen seien einfach so detailverliebt. „Genau das hält mich nämlich hier in Deutschland, das was sie hier aus Craftbeer gemacht haben“.