Bierol

BIEROL: Die Outlaws von Schwoich

Nina Anika KlotzIm Portrait

In den Tiroler Bergen brauen Maximilian Karner und Christoph Bichler unter dem Namen Bierol Bier. Craft Beer. Ganz ohne Diplom oder Meisterbrief und ohne irgendwelche Regeln. Ein Ausflug in die Bier-Anarchie von Schwoich

Bierol

Bierol-Brauer Maximilian Karner und sein Kupferkessel-Double im Stöfflbräu in Schwoich. (Foto: StP)

Hier leben sie also, die Gesetzlosen.
Das Tal der Outlaws in Schwoich, Tirol.
Wobei: So wild-westig schaut das hier gar nicht aus, an so einem Samstag Mittag. Auf dem Parkplatz in der Dorfmitte fahren ein paar Mädchen Rollschuh, daneben streicht ein Mann mit Bauch seinen Balkon, um zwölf jault die Feuerwehrsirene einmal auf und auf dem Fußballplatz machen sich die Schwoicher All-Stars warm.
Wir sind hier nicht weit weg von Kufstein, am Fuße des Scheffauers, der mit seiner weißen Spitze aus den grünen Hängen um Schwoich heraus ragt, in der Nähe vom Wilden Kaisers in Österreich.
Felix Austria – Land of the Free.

Bierol als Partner der „Outlaw’d Collaborations“

Zumindest in Sachen Bier ist Österreich ein beneidenswert liberaler Flecken Erde. Reinheitsgebot? Aber geh, ned bei uns! Hier können Brauer so kreativ brauen, wie sie wollen, ohne sich hinterher noch kreativere Namen für ihre Biere (bzw. ihre bierähnlichen, alkoholhaltigen Getränke auf Gerstenbasis) ausdenken zu müssen. Deshalb hat es Chris Sullivan, Amerikaner und Ex-Maisels-and-Friends-Brauer, jetzt Stone-Deutschland-Mitarbeiter, auch hierher verschlagen, als er auf der Suche nach Brau-Partnern für seine „Outlaw‘d Collaborations“-Beer-Series war. Er suchte eine Brauerei, die verrückte Sachen mit ihm machen würden. Etwas wie ein Haselnuss Porter, zum Beispiel. Mit kiloweise echten, gerösteten Haselnüssen.

In Maximilian Karner und Christoph Bichler fand er seine Brothers in Crime. Die beiden 23 und 24 Jahre alten Österreicher betreiben seit Anfang 2014 eine gefeierte Craft Beer Brauerei in Schwoich, direkt hinter dem Fußballplatz, eingerahmt vom dunkelgrünen Bergrücken rechts und links. Mittlerweile sind sie mit Marko Nikolic als Sales Manager zu dritt, im Sommer wird ein Praktikant aus Brasilien das Team aufpeppen. Ein richtiges, kleines Start-Up also, dieses Bierol. Und gefeiert, weil Karner und Bichler auf dem Craft Beer Fest Wien nur ein paar Monate nach ihrer Gründung mit ihrem „Mountain Pale Ale“  den People’s Choice Award absahnten. Der erste Preis war die Listung im Sortiment eines österreichweit operierenden Getränkegroßhändlers. Läuft also bei Bierol.

Schwoich – city that never sleeps

Max Karner sitzt im perfekten Outlaw-Outfit im Biergarten des Braugasthauses Stöfflbräu (Vollbart, Tattoo, US-Craft-Brewery-Cap) und erzählt von der verrückten Nacht, in der der Sullivan auch genau hier saß und mit ihm und dem Christoph ein Bier erfand. Ja, erfand. Das könne man schon so sagen, findet er, weil ein Hazelnut Porter wie das ihre, das habe es zuvor noch nie gegeben. „Wir sind hier bis um Zwei in der Nacht gehockt und haben das Rezept geschrieben“, erzählt er. Es gab diverse Probleme zu besprechen: Fett ist ein Schaumkiller- was also tun mit den fettigen Nüssen? Cara-Malze? Welche, wie viel? Geschmack? Fragen? Über? Fragen? – Hilft ja alles nichts. Wie so oft im Leben: Man musste es einfach ausprobieren. Das Wichtigste war den Brauern, dass was rauskommt auch schmeckt. „Morgens um Sechs haben wir dann direkt weiter gemacht, 25 Kilo Haselnüsse gecrusht und geröstet und losgebraut.“

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In der braven Gaststube des Stöfflbräu wird ein wildes Bier ausgeschenkt. Und gebraut. (Foto: Stp)

Die drei Brauer wollten es gleich richtig wissen und hauten einfach mal bei jedem Brauschritt Nüsse in ihr Bier, das „Going Hazelnuts Porter“. Und lernten schnell und schmerzhaft aus ihren Fehlern: Nüsse in der Maische sind pain in the ass beim Abläutern. Nüsse im Whirlpool machen Sinn. Und Nüsse um Tank? Kann man machen.

Jura, Kellnern, Bier

Learning by doing ist bei Bierol ohnehin Programm:  Weder Christoph noch Maximilian haben Brauen gelernt. „Bis vor ein paar Jahren habe ich noch nicht mal Bier getrunken“, sagt Max. Stattdessen hat er bisschen Jura studiert, ein bisschen als Mechatroniker gearbeitet und schließlich gekellnert. Hier im Stöfflbräu. „Aber das geht echt an die Substanz. Immer das Rein- und Rausgerenne.“ Er war also sofort für etwas Neues zu haben, als Christoph, ein alter Schulfreund von ihm, Ende 2013 mit dieser Craft Beer Idee ankam. Könnte man doch machen: Die erste Craft Brewery im Unterinntal. In ganz Tirol!

Christoph Bichlers Vater gehörte ja ohnehin diese prächtig kupfer-glänzende 10 hl-Brauanlage im Stöffelbräu, aus der bis dato eher unspektakuläre Bierstile, also eigentlich nur Märzen und Weißbier geflossen sind. Den beiden Jungs war klar, dass diese Kessel hier aber noch mehr können, als hier in der Gaststube ziemlich gut auszusehen. Christoph fing an, die Nächte mit Bierrezept-Recherchen im Internet zu verbringen. Und dann – eben, wieder genau das – probierten sie es halt einfach aus. „Das ist irgendwie schon lustig, dass mein erstes Bier, dass ich je gebraut habe, gleich 10 Hektoliter war“, sagt Max.

Bierol

Ein Bier-Start-Up made in den österreichischen Bergen. (Foto: StP)

Das Bieroler „No. One“ ist eine Art softer Einstieg für alle, Brauer und Trinker gleichermaßen: Ein saftiges Lager, kaltgehopft mit internationalen Aromahopfen. Anders, aber doch eigentlich für den Normalo-Biertrinker, nicht zu ungewohnt. „Der heimatverbundene Exot“, sagen die Bierols dazu.

Mamas Liebling(sbier)

Genauso das zweite Bier, das „Funky Wheat“, ein 3,8%-leichtes Weißbier. Überfordert keinen. Und trotzdem: Hier im Dorf geht das Bierol-Bier nicht. „Unsere wichtigsten Märkte sind die Städte, Wien und Innsbruck, zum Beispiel “, sagt Max. „In Schwoich kommen wir nicht an. Die ersten, die Jüngeren vor allem, kommen ganz vereinzelt mal und sagen: Das schmeckt ja eigentlich gar nicht so schlecht, was ihr da macht.“ Oder auch die Mama vom Max. Die mag das Haselnuss-Bier. Auch wenn sie sonst kein Bier trinkt.

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Everybody’s darling: das Mountain Pale Ale von Bierol. (Foto: StP)

Zum Standard-Repertoire von Bierol gehören das bereits erwähnte, gefeierte „Mountain Pale Ale“ und „Padawan“. Nix Starwars, übrigens. Der Name ist ein Akronym und steht für: „Pale Ale Doing Alright Without a Name“. Amero-crafty-gehopft-gestopft mit Magnum, Mosaic und Citra. Für den Sommer haben Max und Christoph sich ein Double IPA vorgenommen. Da wollen sie dann mal den recht neuen Lemon Drop Hopfen ausprobieren. Und  – auch das wieder nur in der freien Bierrepublik Österreich so einfach machbar – ein Imperial Smoked Oatmeal Stout, das sie in Holzfässern lagern wollen. „Was dann in dem Fass mit dem  Bier passiert, kann man ja nie so genau sagen.“ Und wieder: Man muss es eben ausprobieren.

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Aussagekräftige Wandmalerei im Gasthaus Stöfflbräu, der Heimat von Bierol. (Foto: StP)