Solidaritäts-Bier für die Ukraine

Martin Rolshausen

Bier hat Bedeutung – über das Durstlöschen hinaus. Nico Döring und seine Mitstreiter vom Atelier Vrai (einigen auch bekannt als Atelier der Braukünste) glauben sogar „daran, dass Bier nicht einfach nur ein Getränk ist, sondern auch etwas bewegen kann“. Und zwar nichts Geringeres, als „die Welt ein bisschen besser machen“. Denn für die Brauer des Atelier Vrai ist „Craft Beer eine kulturelle Bewegung, bei der es um Genuss, hochwertige und besondere Rohstoffe, Kreativität, Vielfalt, fairen Umgang, Nachhaltigkeit, außergewöhnliches Design und Menschen mit Leidenschaft geht“. 

Die Vermutung oder gar die feste Überzeugung, dass Bier als gutes Mittel zur Gestaltung einer besseren Welt taugt, ist nicht neu. Es gab in den 80er Jahren Bierfreundinnen und Bierfreunde, die innerhalb dessen, was man damals Friedensbewegung nannte, aus dem biblischen Traum „Schwerter zu Pflugscharen“ die Forderung „Schwerter zu Zapfhähnen“ ableiteten. Nicht neu, wenn auch weiter aktuell ist die Ansage, die zum Beispiel Kölner Wirte auf Bierdeckel und Brauer auf T-Shirts druckten: „Kein Bier für Nazis!“ 

„Freiheit. Frei denken. Frei sein“, das ist dem Atelier Vrai wichtig. Deshalb haben die Brauer im hessischen Heidelbach bereits im vergangenen Jahr kurz nach dem russischen Überfall auf die Ukraine ein Soli-Bier-Projekt gestartet. Für Januar hatte man eine Einladung zum gemeinsamen Brauen in der Ukraine, erinnert sich Nico. „Wir konnten da aber nicht und wollten dann etwas später hinfahren“, sagt er. Man habe damals noch gewitzelt: „Mal sehen, wer zuerst dort ist, wir oder Putin.“ Wie das ausgegangen ist, weiß man inzwischen. Kurz nach Kriegsbeginn kamen dann aber befreundete ukrainische Brauer nach Deutschland, um mit den Freunden hier gemeinsam zu brauen. Das Bier wurde also Solidaritäts-Bier verkauft. „Innerhalb weniger Wochen konnten wir einen vierstelligen Betrag an Not leidende Menschen spenden“, sagt Nico.

„Mit diesem Bier möchten wir Solidarität und Freundschaft zu symbolisieren. Es soll aber auch eine ständige Erinnerung sein, dass wir niemals die Schrecken des Krieges ignorieren und wir die Menschen, die darunter leiden, nicht vergessen dürfen.“

Nico Döring, Atelier Vrai

Nun, eineinhalb Jahre später, waren wieder Brauer aus der Ukraine zu Gast. Im Bamberger Brauhaus Binkert, in dem auch das Atelier Vrai seine Biere braut, kam man zu Collaboration Brews zusammen. Wobei es diesmal nicht nur darum ging, mit dem Verkauf der Biere Geld für Hilfsprojekte in der Ukraine zusammenzukriegen. Es geht auch darum, Aufmerksamkeit zu erzielen. Der Krieg sei Normalität geworden – zumindest für die Menschen, die nicht in der Ukraine leben, erklärt Nico. „Viele haben sich mittlerweile an die schrecklichen Bilder gewöhnt.“ 

Deshalb hat das Atelier Vrai drei ukrainische Brauereien nach Bamberg eingeladen. Mit dabei waren auch die Brauer von Blech.Brut. Drei Biere sind entstanden: ein „Pils New Zealand“ als Collaboration Brew von Blech Brut mit den ukrainischen Brauereien Zen Brewery und PZDK Brew und ein Smoothie-Sour mit roten Früchten als Gemeinschaftsprodukt von Atelier Vrai und Didko. Diese Biere kann man über die Shops der Brauereien ab sofort kaufen.

Das dritte Bier ist ein ganz besonderes: ein Imperial Stout. Es wurde in Whiskyfässer gefüllt und soll darin lagern, bis der Krieg vorbei ist. „Mit diesem Bier möchten wir Solidarität und Freundschaft zu symbolisieren. Es soll aber auch eine ständige Erinnerung sein, dass wir niemals die Schrecken des Krieges ignorieren und wir die Menschen, die darunter leiden, nicht vergessen dürfen“, erklärt Nico. Das Bier wird also erst in Flaschen abgefüllt , „wenn endlich Frieden in der Ukraine herrscht“. Bis dahin sei es aber noch ein langer Weg . Weil die Menschen in der Ukraine aber jetzt Hilfe brauchen, kann man bereits jetzt Anteilscheine kaufen. „Sobald der Krieg zu Ende ist, wird in Flaschen abgefüllt und die werden dann an die, die Anteile gekauft haben, verschickt. Das ist eine Art Friedensanleihe“, sagt Nico. Das Bier ist auf 800 Flaschen limitiert.

Bier wird abgefüllt, sobald der Krieg vorbei ist

Für ein Imperial Stout, also ein obergäriges dunkles Starkbier, haben sich die Brauer entschieden, weil es gut lagerbar ist. Das Atelier-Vrai-Team erklärt: „Mit der Erfahrung von 5 gestandenen Craft-Brauern und den Profis von der Brauerei Binkert wurde am Ende mit 10 verschiedenen Pilsner, Röst- und Karamellmalzen der Mälzerei Weyermann ein Alkoholgehalt von über 14 % erzielt. Für den Extrakick an Aromen und Geschmackskomplexität lagert das Soli-Bier nun in mit Whisky vorbelegten Holzfässern der Destillerie SLYRS bei optimalen Temperaturen.“ 

Das Geld für die Anteilsscheine sei gut investiert, verspricht Nico. Der Reinerlös aus dem Verkauf wird zu 100 % an verschiedene ukrainische Hilfsorganisationen gespendet. Und Bierliebhaberinnen und Bierliebhaber bekommen ganz besondere Produkte.