craft beer haendler brausturm

BRAUSTURM BIERVERLAG: „Reisen macht Bier nicht besser“

Nina Anika Klotz

Max Marner, einer der beiden Gründer des Brausturm Bierverlags und Craft Beer Haendler aus Hamburg, erklärt, was den Weg des Bieres aus dem Gärtank ins Glas bisweilen lang und kompliziert macht.

Was für ein hübsches, altes Wort für so ein neues Business: Bierverlag.
Brausturm Bierverlag.
Dahinter stecken mit Max Marner und Ronald Siemsglüß (ja, verwandt. Verbrüdert sogar mit Simon Siemsglüß von der Buddelship Bauerei) ein Einzelhandelskaufmann, ein BWLer und zwei Hobbybrauer-slash-Bierenthusiasten-slash-Craft-Beer-Lover, die seit geraumer Zeit Deutschland mit Craft Beer versorgen. Nordisches Craft Beer vor allem: Mikkeller, To Øl, Nøgne Ø und so weiter.
Mit Sitz in Hamburg unternimmt der Brausturm Bierverlag Import und Distribution von Craft Beer. Was keine ganz leichte Sache ist, wie Max bei einem kurzen zwischen Kaffee-Stopp auf einer Bierverteilungstour durch Berlin erzählt.

Als Bierverlag macht ihr also was?

Wir sind ein Fachhandel für Craft Beer. Wir bringen das Bier von der Brauerei in Bierläden, Bars, Online Shops und klassische Supermärkte. Zum Beispiel kaufen wir direkt bei Mikkeller ein, beauftragen eine Spedition, die das Bier in Kopenhagen abholt und nach Hamburg in unser Lager bringt. Dort werden die Flaschen verkehrsfähig gemacht, indem wir sie korrekt deklarieren: Pfandaufkleber, Sticker mit deutschen Zutaten, „vertrieben durch…“ und so weiter. Dann beliefern wir unsere Kunden, die sich bei uns ihre Lieferung aus verschiedenen Bieren aus unserem Sortiment zusammenstellen.

Warum setzt ihr dabei vor allem auf ausländisches Craft Beer?

Wir haben einfach gesehen: Auf Großhandelsseite ist kaum ein Händler, der sich Gedanken macht über die Deklaration und die Pfandregelung und wie das Produkt überhaupt verkehrsfähig wird in Deutschland. Da gibt es noch viel Regelungsbedarf. Allein das Thema Dosenbier, also Craft Beer in Dosen mit DPG Labels. Da hat sich bis vor kurzer Zeit noch keiner Gedanken gemacht mit Ausnahme von Fritz Wülfing der das Thema als erster angegangen ist, wie so oft! Gleichzeitig ist es immer noch nicht einfach  in Deutschland wirklich exotische Biere zu bekommenund wir nutzen da unsere Kontakte im Ausland, um dies zu schaffen. Wir glauben, dass das deutsche Bier gut ist, aber wenn es um extravagantere Bierstile geht, können auch die deutschen Craft Brewer noch etwas lernen. Das Niveau in Dänemark, Schweden oder auch in den USA ist in der Breite auf jeden Fall noch deutlich höher. Die sind in Sachen Craft Beer auf einem sehr hohen Level unterwegs. Hier in Deutschland wird ja in vielen Fällen noch jeder Sud, der gebraut wird, auch verkauft. Da wird selten mal was weggeschüttet, weil es doch nicht gelungen ist, weil es einen Fehler hat, oder einfach nicht schmeckt.

craft beer haendler

A long way gone: Die besten Craft Beers haben oft den längsten Weg hinter sich. Was das „beste“ oft wieder relativiert, wie die Braustürmer meinen. (Foto: StP)

Was sind die größten Herausforderungen als Craft Beer Haendler?

Nummer Eins Qualität und Nummer Zwei die Verfügbarkeit. Ein Großteil des importierten Biers kommt ungekühlt nach Deutschland. Das macht es ehrlich gesagt ganz schön schwer, wirklich besondere Biere zu bekommen, die nicht kleine Mängel haben. Vor allem Wärme und Bewegung auf dem Seeweg bekommen Bieren nicht besonders. Außerdem kann auf einem langen Transportweg viel schief gehen. Will man etwa Rogue importieren, bekommt aber in Oregon keinen zügigen Seetransport, muss die Lieferung erst per Laster durch die Wüste von Nevada nach Texas. Macht das Bier nicht besser. Deshalb setzen wir auch vorrangig auf Craft Beer aus Dänemark, Schweden, England und auch Deutschland: Einfach, weil das die kürzeren Wege sind. Da haben wir dann immer noch das Problem der Verfügbarkeit: Die richtig guten Sachen sind eben oft richtig rar. Das gleiche Bier, das auch zwanzig andere Großhändler in ihrem Sortiment haben, wollen wir nicht. Da fängt dann irgendwann immer einer an, den Preis zu drücken und das zieht sich dann bis zur Brauerei. Im Craft Beer Onlinegeschäft passiert das schon. Wir wollen die außergewöhnlichen Sachen – aber die zu bekommen ist gar nicht immer einfach. Was man im Ausland gerade merkt ist, dass alle extrem den deutschen Markt im Auge haben und interessiert sind, hierhin zu kommen. Wir bekommen jeden Tag zwei Emails von Brauereien, die einen Händler suchen, der ihr Bier in Deutschland vertreibt.

Und wie wählt ihr dann aus, mit wem ihr zusammenarbeitet?

Zu einem gewissen Grad sind das persönliche Kontakte. Und dann gibt es Marken, bei denen sieht man: Die haben Potential beziehungsweise stellt sich bei denen die Frage nicht mehr. Wenn mir beispielsweise einer eine Palette Russian River anbieten würde, würde ich die natürlich kaufen. So ein Craft Beer wird man immer los. Am Anfang waren wir etwas konservativer bei der Auswahl der Brauereien. Da haben wir noch überlegt, „craft“ für uns zu definieren, mit Sachen wie dass die Brauer eine eigene Brauerei haben müssen oder nur einen bestimmten Ausstoß produzieren. Irgendwann haben wir dann aber gesagt, das ist eigentlich Blödsinn. Man kann das nicht so starr definieren, sondern muss sich die Personen und Geschichten hinter den Bieren ansehen. „Just Craft“ steht ja mittlerweile auch überall drauf.

Und auf der anderen Seite, der Kundenseite? Bierfachhändler habe ich verstanden. Wen beliefert ihr noch? Kann/muss/soll Craft Beer nicht auch aus den Spezialläden raus, breiter verfügbar werden?

Wir beliefern ausgewählte Supermärkte in Hamburg und haben dafür ein Craft Beer Regal anfertigen lassen. Alle Craft Brewer, die in diesem Edeka-Regal stehen, finden es gut, dass sie da sind und auch einem breiteren Publikum zugänglich gemacht werden. Dies aber eben ohne Preisdiskussionen und dem üblichen Spiel der Großhändler von Rückvergütung bis WKZ und so weiter. Wir stehen dafür, dass Craft Beer nicht das gleiche Schicksal droht wie Industriebier. Vermutlich wird es irgendwann Craft Beer auch im klassischen Getränkefachgroßhandel und großen Getränkemärkte geben. Uns schockt das allerdings nicht, denn was wir machen, kann der Getränkefachgroßhandel nicht darstellen: Wir haben ein Grundsortiment von 100 Artikeln, der Großteil aber sind Specials, die wir per Newsletter alle zwei Wochen bekannt machen. Die Kunden rufen das dann direkt ab und nach ein paar Wochen ist alles wieder ausverkauft. Ein großer Getränkehändler kann nicht so schnell Artikel ein- und dann wieder auslisten, das ist zu aufwendig  in der Artikelpflege und Verwaltung und die Mengen wären nicht interessant für die Großen.