Simon Siemsglüß hat mit der Buddelship Brauerei Hamburgs neuste Craft Brewery gegründet. Und so leise und nordisch-by-nature-entspannt er auch daher kommt – der Mann hat wirklich Ahnung und ziemlich Großes vor
Tiga hat versagt. Wieder einmal. Wobei man ihr zu Gute halten muss: Lange macht sie diesen Job ja noch nicht. Tiga ist erst seit ein paar Wochen Brauereiwachhund. Noch lässt der Thai-Ridgeback und Shar-Pei-Mischling jeden Besucher schüchtern mit dem Schwanz wedelnd in die Buddelship Brauerei spazieren, mitten hinein ins Sudhaus, zwischen Gärtanks, Abfüllanlage und Etikettiermaschine, wo der Chef des Hauses, Simon Siemglüß, gerade druckfrische Aufkleber einfädelt. Nordischer Typ irgendwie, riesengroß, schlaksig und mit Vollbart, Football-T-Shirt, entspannt und leise.
Vergangenen Winter fand der 38-Jährige die Halle auf dem Gelände einer ehemaligen Fischkonservenfabrik. In den Kühlkellern, wo der Fisch gelagert wurde, arbeiten heute Künstler, darüber, wo die Fische zerteilt und eingedost wurden, sind heute Werkstätten und kleine Unternehmen. Obwohl es hier, wie er erzählt, noch ordentlich nach Fisch gestunken hat, zog er im Januar mit seiner Idee ein. Der Idee, handwerklich gebrautes Bier zu machen. „Bier mit Charakter – unfiltriert und ohne Kompromisse“, wie es in seinem Slogan heißt. Also Craft Beer quasi. Aber den Begriff findet Siemsglüß irgendwie nicht so toll. „Das kommt mir für ein Bierland wie Deutschland etwas unnatürlich und teilweise ein bisschen überstrapaziert vor,“ sagt er, „aber inhaltlich ist das schon richtig: handwerklich, klein, vielfältig.“ Er selbst vermeidet das Wort dennoch. Ihm seien Begrifflichkeiten eher unwichtig, es soll ja ums Bier gehen. Damit ist Simon Siemsglüß auch nur quasi einer der vielen, die im Laufe des vergangenen Jahre beschlossen haben, ihre Idee vom Craft Beer brauen umzusetzen.
Wagt mehr als viele andere
Überhaupt unterscheidet sich Siemsglüß von den meisten dieser vielen. Vor allen Dingen dadurch, dass er gleich zu Beginn den richtig großen Schritt gegangen ist: Nachdem der Mietvertrag für die Ex-Fischhalle in Hamburg-Stellingen unterschrieben war, schlug er sich wacker in einer Behörden-Zulassungs-Genehmigungen-Sie-brauchen-da-bitte-noch-einen-Stempel-aber-ziehen-Sie-erst-einmal-eine-Wartemarke-Odysse und kaufte sich seine 10-Hektoliter-Brauanlage zusammen. Allein einer der großen Gärtanks hat 10.000 Euro gekostet, verrät er. Die anderen auch nicht viel weniger. Vermutlich steht hier ein fünf-, vielleicht sogar sechsstelliges Anfangsinvest. „Ich hätte gerne größer gestartet, aber mit 10hl komme ich die nächsten Jahre auch gut hin. Und zur Not muss die Anlage dann eben auch mal 24 Stunden durchlaufen“, sagt der Brauer. Aber langfristig wäre eine Größe von 30-40hl eine schöne Hausnummer – wenn es läuft. Und wenn nicht? „Dann ist nach zwei Jahren das Geld alle“, sagt er leise und grinst. Der Mann meint es also wirklich verdammt ernst. Und wirkt trotzdem absolut tiefenentspannt.
Vielleicht kann er das auch sein, weil noch etwas Siemsglüß von so manchem Craft-Beer-Glücksritter dieser Tage unterscheidet: Er hat sowohl das theoretische Hintergrundwissen als auch umfassende praktische Erfahrung. Craft Beer Erfahrung.
Buddelship Brauerei: Einmal Welt und zurück
Siemglüß bisheriger Lebenslauf führt zweieinhalb mal um den Globus. Die ganz kurze Version: Simon Siemsglüß kommt aus Hamburg und ist dahin zurück gekehrt. Die etwas längere: Einen Großteil seines Lebens hat Siemsglüß studiert und die Welt erkundet. Er hat vier Jahre in Montreal gelebt, wo er einen Abschluss in Economics gemacht hat, dann schrieb er sich für Internationale Politik ein, machte einen Master in London. Nebenbei entdeckte er Craft Beer für sich, 2008 ging er für den sechsmonatigen Certified Brewmaster Kurs an der Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei nach Berlin. Danach machte er ein halbes Jahr Praktikum am Nockherberg in München und ging dann für Paulaner nach China. Da blieb er ein Jahr, dann zog er noch einmal nach London, wo er einen Job als Brauer bei der Zerodegrees Gasthausbrauerei annahm. Das war 2010, also genau zu jener Zeit, in der Craft Beer in UK groß wurde, als The Kernel und Camdem Town Brewery aufmachten. 2011 studierte er dann noch einmal, und zwar Brauen und Destillieren an der Heriot-Watt-University in Edinburgh – „Das Weihenstephan von Großbritannien“, wie er sagt – und schloss im Herbst 2012 mit einem Master ab. Danach zog er nach Hongkong, wo seine Freundin zu Hause ist, und wollte dort eine Brauerei starten. In Asien, vor allem Shanghai, Beijing, Hongkong und Singapore, gehe nämlich einiges in Sachen Craft Beer, sagt Siemsglüß. Mehr als in Deutschland sogar. „Allerdings war das alles dann doch ziemlich kompliziert, so dass ich irgendwann gesagt habe: Komm, dann gehste lieber nach Hause.“ Und das hat er getan. Seit Mai 2014 braut Simon Siemglüß nun sein eigenes Bier in Hamburg-Stellingen, seit Juni ist das Bier der Buddelship Brauerei im Handel.
Momentan braut er zwei Mal pro Woche, der Rest der Zeit (einschließlich vieler Nächte) geht für Abfüllen, Buchhaltung, Vertrieb und das ganze Zeug drauf. Sein Sortiment teilt der Mann, der zehn Jahre in der Fremde gelebt hat und nun doch wieder heimgekehrt ist, auch dem entsprechend auf: Zum einen hat er da die Biere der Serie „Heimathafen“, das ist ein Pils (heißt „Mitschnagger“), ein Rotbier, ein (eher cremig und wenig Röstaromen) und ein Weißbier („Blanker Hans“). Unter der Überschrift „Auf See“ braut er ein belgisches Saison, ein Pale Ale, IPA („Great Escape“) und ein Baltic Porter.
Auch das ist ganz schön viel für einen, der gerade erst angefangen hat. Aber wie gesagt: Simon Siemsglüß von der Budelship Brauerei meint es ja auch ernst und hat sein Craft Beer Handwerk gelernt. Ganz im Gegensatz zu Tiga, der Brauereiwachhündin, die Besuchern zum Abschied fiepen hinterherläuft und sich noch mal zwischen den Ohren kraulen lässt.
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- Buddelship Brauerei
Simon Siemsglüß , Hamburg
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- Bekannteste Biere:
„Mitschnagger“ (Pilsener), „Great Escape“ (India Pale Ale), „Blanker Hans“ (Weißbier)