Craft Beer Bar Berlin

CRAFT BEER BARS: Berlin? Reichlich!

Nina Anika Klotz

Und dann gibt es in Berlin auch immer wieder spektakuläre Pop-Up-Craft-Beer-Bars. So wie etwa die „Ja!OK.“-Bar im Herbst letzten Jahres. Da, wo der alte Osten noch recht alt und ostig ist, poppte im Oktober eine neue Bar mit besseren Bieren auf. Wir haben nachgefragt, wer und was eigentlich hinter „Ja!OK“, einer temporären Craft Beer Bar in Berlin, steckt

Craft Beer Bar Berlin

Der Mann hinter der Bar ist zugleich der Mann hinter der ganzen Idee: Stefan Krueger. (Foto: StP)

Wenn es in Berlin kalt wird, dann als erstes in der Karl-Marx-Allee. Ein zugiges Pflaster, das Ex-Pracht-Boulevard hier im Osten. Gefühlt mindestens so breit wie der Fernsehturm hoch. Und laut: 28-spurig donnert der Ost-West-Verkehr hier durch. Ziemlich ungemütlich, wenn man mal ehrlich ist. „Ja, die Lage…“, seufzt Stefan Krueger, während er hinaus in die Sonntagabendämmerung schaut. „Es gibt kaum Laufkundschaft hier.“ Nur Laufschrittkundschaft, aber die ist ja keine Kundschaft. Wer die Karl-Marx-Allee entlang hastet, der muss wohin. Zum Bummeln oder Flanieren gar ist das hier einfach nichts. Man muss die „Ja!OK“-Bar schon bewusst anstreben.

Was genügend Berliner Besseres-Bier-Trinker tun. Seine ersten Fässer Craft Beer hat Krueger, der Mann hinter „Ja!OK“, ohne Probleme leer gekriegt. Immerhin ist das ja eine Pop-Up Bar, gekommen, um nicht zu bleiben, die muss man mitnehmen, so lange sie noch ist. Und das ist nur bis Anfang November. Dann ist die erste Craft Beer Bar auf Karl-Marx-Allee schon wieder Geschichte. Von außen sieht man das Provisorische: Da ist einfach eine schwarze Gummiplane über den eigentlichen Namen dieser Bar, „KM-Pianobar“, gehängt. Drinnen sieht es allerdings alles recht professionell aus: 15 kleine Zapfanlagen, drei große Hähne mit Berliner Craft Beer (Vagabund und Berliner Bierfabrik) und hinter dem allem verdeckt eine große Schiefertafel das 08/15-Schnapsregal. Darauf stehen 15 verschiedene Craft Beers. In Worten: Fünfzehn. Und das ist nur die Karte für Woche Zwei. Letzte Woche gab es andere Biere. Und nächste Woche auch. Da hat offenbar jemand ganz schön Arbeit in die Organisation gesteckt. Und entsprechend geschafft sieht er auch aus. Geschafft, aber happy.

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Fünfzehn Hähne. F-ü-n-f-z-e-h-n! (Foto: StP)

Stefan Krueger, erzähl doch mal: Was ist hier los? Warum diese zeitweilige Craft Beer Bar in Berlin?

Also: Vor zwei Jahren hat mir ein Freund in Kalifornien mein erstes IPA der Stone Brewing Company in die Hand gedrückt. Und das war einfach richtig geil. Seitdem hat mich das Thema Craft Beer nicht mehr losgelassen und ich habe überlegt, was ich daraus machen könnte. Ich bin ja schon ein Geschäftsmann. Deshalb habe ich überlegt: Bar? Flaschenshop? Vertrieb? Irgendwie zufällig habe ich dann letzten Sommer die Möglichkeit bekommen, einen Craft Beer Stand auf der Berliner Biermeile zu machen. Genau hier auf der Karl-Marx-Allee. Und da dachte ich: OK, jetzt gründe ich eine Vertriebsfirma. Ich finde nämlich, wir brauchen in Deutschland einen anständigen Vertrieb für Craft Beer. Ein Vertrieb, der etwas strukturierter ist. Ich will den kleinen Brauern in Deutschland helfen, ihre Absatzmärkte zu vergrößern. Auch international, Export ist ein ganz wichtiges Thema für deutsche Craft Brewer. Und ich habe da auch schon ein paar ziemlich gute Kontakte. Gleichzeitig will ich die richtig geilen Sachen nach Deutschland holen. Ende Juli ging meine Firma Beergeeks Distribution an den Start. Und die Pop-Up Bar ist eine Art Auftaktveranstaltung dafür.

Was für ein Geschäftsmann warst du denn, bevor du ins Craft Beer Business kamst?

Ich habe früher einmal Industrieelektroniker bei Siemens gelernt, hatte aber keinen Bock, die nächsten 40 Jahre morgens um Acht in der Firma zu sein und abends um Vier wieder nach Hause zu gehen. Ich reise unheimlich gern, habe überall auf der Welt Freunde und brauche da mehr Freiheit. Seit 2004 bin ich deshalb auch selbstständig. Angefangen habe ich mit einem Internet-Café, dann hatte ich einen Speicherkartenverkauf, dann habe ich Minibikes und später Quad-Ersatzteile vertrieben. Außerdem verkaufe ich seit drei Jahren recht erfolgreich deutsche Kosmetik in den Staaten. Das hat sich so ergeben. Ich habe mal Penaten-Creme mitgenommen nach Amerika, und die über eBay verkauft. Wobei ich mich jetzt gern nach und nach ganz auf Craft Beer verlegen will. Von meinem  280m²-Lager für die Quad-Ersatzteile habe ich jetzt schon 60 m² in eine Kühlzelle umgewandelt und will das bald ganz zu einem Bierlager machen.

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Für vier Wochen ist die KM-Pianobar die Ja!OK-Craft Beer Bar. (Foto: StP)

Das heißt, du willst also der bisher „missing link“ sein zwischen den Craft Beer Machern, die unter Umständen irgendwo in der Provinz versteckt sitzen, und den Craft Beer Aficionados, die sich vornehmlich in den Städten tummeln. Das große Problem dabei ist ja die Logistik. Ist einfach sauteuer Bier durch die Gegend zu schicken, oder nicht?

Ich arbeite in Deutschland und Europa mit dem Speditionsunternehmen Nagel, dem größten Frischedienstleister in Deutschland. Das wird alles gekühlt verschickt. Und ich habe ganz gute Preise von denen bekommen. Damit komme ich pro Flasche auf unter zehn Cent Transportkosten. Außerdem will ich innerhalb von Berlin eine gekühlte Auslieferung auf die Beine stellen und bin da an einem eigenen Kühltransporter dran. Ich sehe mich als jemand, der die Craft Beer Leute mit den „normalen“ Leuten zusammenbringt. Ich glaube nämlich, dass wir, die wir schon von diesen Virus infiziert sind, rausgehen und den Leuten Craft Beer näher bringen müssen. Nur so kriegen wir nächstes Jahr wenn wir wollen an der Tankstelle ein IPA.

Der Weg zu den „normalen Leuten“ führt oft über die Gastro. Das ist das andere Ende deines Unternehmens, richtig? Wie läuft es da? Oft hört man, vielen Wirten ist Craft Beer zu teuer…?

Auch das geht. Ich habe da Kontakte, werde was mit dem Hopfenreich machen, der Monterey-Bar, kriege Anfragen von Leuten, die Craft Beer Bars machen wollen und Bezugsmöglichkeiten suchen. Außerdem partnere ich für mein Pop-Up-Konzept „Ja!OK“ mit dem New Yorker DJ und Musik-Producer Marc-Allan Gray, der ein Harvard Diplom in Molekularküche hat, der hat auch noch ein paar Beziehungen in die Kneipenszene, aus denen sich Sachen ergeben könnten. Ich glaube, dass Events und Sachen wie diese Pop-Up der Schlüssel sind, das Thema Craft Beer in die Gastro zu bringen.

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Oder auch: Alles klar!? (Foto: StP)

Warum „Ja!OK“?

Der Name JA!OK. ist eine Phrase und die Antwort auf zum Beispiel die Frage: Sollen wir ein Craft Beer Pop-up machen und Leuten gutes Bier und Essen nahe bringen ? JA!OK. Oder: Wollen wir heute gutes Bier trinken ? JA!OK.

Craft Beer Bar Berlin

Stefan Krueger ist ein echter Berliner, dessen Familie noch vier Monate vor dem Mauerfall einen Ausreiseantrag bewilligt bekommen hat. Kurz lebte er danach im Westen der Stadt, heute wieder im Osten, im Herzen von Friedrichshain. (Foto: StP)