C/O HOPS: Vom Craft Beer Monopol

Nina Anika Klotz

Die Leute im Norden können einiges in Sachen Craft Beer. Pelle Stridh etwa ist Gründer, Herausgeber und Chefredakteur eines Craft Beer Magazins, das sich sehen lassen kann: C/O Hops. Im Interview spricht er über den schrägen Biermarkt seines Heimatlandes und darüber, warum Craft Beer in Schweden trotzdem so gut funktioniert.

Pelle Stridh von c/o Hops

Kennt sich aus: Pelle Stridh interessiert sich seit den Achtzigern für Craft Beer in Schweden. 2009 gründete er „Allt om Öl“ („Alles über Bier“), 2013 das Printmagazin „C/O Hops“. Er ist Vorsitzender der skandinavischen Bier-Autoren-Gilde und befasst sich besonders gern damit, welches Bier zu welchem Essen passt. (Foto: C/O Hops)

Vor ziemlich genau einem Jahr brachte Pelle Stridh zum ersten Mal das überaus hübsche Craft Beer Magazin „C/O Hops“ heraus. Es ist ganz stark anzunehmen, dass das Heft mindestens so schlau wie hübsch ist. Leider erscheint es bislang nur auf Schwedisch. Ein Blick hinein lohnt sich trotzdem, erstens, weil es wie gesagt wirklich sehr, sehr hübsch gestaltet ist und zweitens, weil man geschriebenes Schwedisch mit etwas Fantasie ja durchaus verstehen kann. (Hier die wichtigsten Vokabeln: öl = Bier, topp = hervorragend, craft beer = Craft Beer.) Gerade arbeitet der 49-Jährige an der sechsten Ausgabe des Magazins.

„In erster Linie wollten wir ein Magazin machen, dass selbst ‚craft‘ ist, ein Stück Kunsthandwerk. Zweitens sollte es nicht nur etwas für die Craft Beer Geeks sein. Deshalb haben wir ein recht breites Themenspektrum: Ob man sich jetzt für Homebrewing interessiert, das Thema Food and Beer Pairings, Reisen rund um Bier – kommt alles darin vor. Und was mir ganz wichtig ist: Alle Artikel sind exklusiv, nichts davon ist jemals in anderen Medien erschienen“, sagt der Herausgeber. Selbst ist er kein Journalist, sondern Business Architekt, Berater mit Fokus auf IT und Geschäftsentwicklung. Das wunderschöne Heft macht er gemeinsam mit dem Art Director Johan Holm nach Feierabend. Eine Art Hobby. Zeitfressendes, gigantisches aber auch glücklich machendes Hobby.

„Man kann wohl sagen, dass ich ein Bier-Autor bin“, sagt Pelle Stridh. Seit 1987 interessiere er sich für Bier und 2009 hat er mit „Allt om Öl“ (Alles über Bier) Schwedens wichtigsten Bierblog gegründet. Mittlerweile gibt es in Schweden rund 140 Craft Breweries. Und das, wo das Thema Alkohol und der ganze Biermarkt gar nicht so unkompliziert da oben sind.

Bei „Alkohol in Schweden“ denke ich als erstes:  sauteuer. Dann fallen mir Booze Cruises auf der Ostsee ein und dann Schnaps. Trotzdem hat sich in Schweden eine ziemlich famose, große Craft Beer Szene entwickelt. Wie passt das zusammen?

Nun ja, groß ist relativ. Auch wenn man heute das Gefühl hat, dass Craft Beer in Schweden riesig ist, macht es unterm Strich doch nur gerade mal zwei Prozent des Gesamtbierkonsums aus. 98 Prozent des Bieres, das hierzulande getrunken wird, sind internationale Light Lager und so Zeug. Bis wir da sind, wo die Amerikaner in Sachen Craft Beer heute sind, ist es noch ein weiter Weg.

Und trotzdem ist es erstaunlich, dass sich überhaupt so eine Szene entwickelt hat, in einem Land, das Alkohol so streng reglementiert und so stark besteuert.

Das stimmt: Der schwedische Biermarkt hat seine ganz speziellen Eigenheiten. Das fängt damit an, dass man in Dänemark schwedisches Bier viel, viel billiger einkaufen kann als in Schweden. Deshalb heißt es auch, dass 99 Prozent des exportierten schwedischen Bieres irgendwann von Schweden zurückimportiert werden.
Allerdings ist die Sache mit den Steuern nur das eine. Das andere ist das  „Systembolaget“, das staatliche Unternehmen, dass das Monopol auf den Verkauf von Alkohol hierzulande hat.  Das heißt: Natürlich kann man in Schweden Craft Beer in Restaurants, Pubs und Bars trinken, will man es aber in der Flasche kaufen, gibt es nur die Systembolaget-Läden dafür.

Das ist in der Tat sehr speziell. Das muss die Entwicklung der Craft Beer Szene doch schwer beeinträchtigt haben, oder nicht?

Ja und nein, das Sysstembolaget hat sowohl Vor- als auch Nachteile für kleine, lokale Brauer ebenso wie für die Craft Beer Trinker, glaube ich. In den 1980ern gab es bei Systembolagte  37 verschiedene Sorten Bier. Das war natürlich öde. Heute aber gibt es ungefähr 1500. Und das ist für den Kunden natürlich toll. Wenn Systembolaget beispielsweise beschließt, ein gutes, amerikanisches Craft Beer in sein Sortiment aufzunehmen, kriegt man diese Marke gleich in allen Hunderten Läden in ganz Schweden, auch in der kleinsten Gemeinde noch. In Deutschland mag es vielleicht immer besser sortierte Bierläden geben, aber eine so breite Auswahl haben die dann doch oft nicht und man muss für ein bestimmtes Label dann weiter zu einem anderen Shop fahren.

Gilt das auch für schwedisches Craft Beer?

Im Grunde schon. Kleine Schwedische Craft Brewer müssen sich nicht um Versand und Logistik und so weiter kümmern, sobald sie bei Systembolaget gelistet sind. Wenn ich hier in Stockholm etwas von einer kleinen Craft Brewery in Göteborg höre, deren Bier ich mal probieren will, kann ich ganz einfach im Onlineshop von Systembolaget bestellen – und zwar auch mal nur ein oder zwei Flaschen. Den kleinen Brauer kostet der Versand nichts, das übernimmt Systembolaget.

Klingt nach einem immensen Vorteil, wo doch Logistik für kleine Brauer in Deutschland echt ein Problem ist. Zudem sind die Kunden in Schweden hohe Preise gewohnt, was auch ein Plus ist. Wo ist der Nachteil?

Was mehr und mehr Craft Brewer, aber auch Mikrodestiller, Whiskeymacher und die paar Winzer hier in Schweden, beklagen, ist, dass sie ihre eigenen Produkte nicht bei sich vor Ort verkaufen dürfen. So ein paar Flaschen in einem kleinen Shop bei der Brauerei anbieten zu können, das wäre schon gut. Es gibt sogar eine ziemlich angesagte Craft Brauerei, die aus Protest entschieden hat, dass sie nur für den Export produziert. Die Stimmen werden definitiv lauter und es kann schon sein, dass die Craft Beer Bewegung das Systembolaget verändern wird.

Craft Beer Schweden

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