,,Į sveikatą‘‘ – ein Hoch auf die litauische Craftbier-Szene

Judith Fretz

Amerikanisches Craftbier, Craftbier-Kreationen aus den Niederlanden, Belgien oder auch aus Deutschland. Daran denkt man wohl zunächst, wenn es um das Thema Craftbier geht. Doch wie sieht es inzwischen eigentlich mit Craftbieren aus dem Osteuropäischen Raum aus? Klar, Bier aus Polen, wie das der Browar Pinta oder auch die Rebel Brewery aus Tschechien sind den meisten Bierliebhabern inzwischen ein Begriff, doch Craftbier aus den baltischen Staaten ist und bleibt meist noch ein schwarzer Fleck auf der Bierlandkarte Europas. Doch das soll in Zukunft nicht so bleiben! 

Zum Ende des letzten Jahres durften wir bei einem Biertasting der etwas anderen Art dabei sein. In der litauischen Botschaft in Berlin versammelten sich nicht nur fünf junge aufstrebende Craftbier-Brauereien aus Litauen, sondern auch zahlreiche sowohl deutsche als auch litauische Bierliebhaber, um die interessanten Bierkreationen aus Litauen zu probieren. Die Veranstaltung gab den meist noch recht kleinen und unbekannten Craftbier Brauern die Möglichkeit sich dem deutschen Markt vorzustellen. Organisiert wurde die Veranstaltung durch die Landwirtschaftsattachée Eivina Žižiūnaitė-Allbaz der litauischen Botschaft in Berlin in Zusammenarbeit mit dem Bierfachhändler Die Bierothek®

Zu Beginn der Veranstaltung hielt der litauische Botschafter Ramūnas Misiulis eine spannende Rede über die Geschichte und Gegenwart der litauischen Bierkultur. Aber auch aktuelle Probleme, wie die Bewerbung von Bier in Litauen, wurden aufgegriffen. 

Der litauische Botschafter Ramūnas Misiulis bei seiner Rede in der litauischen Botschaft in Berlin.
(Foto: Judith Fretz)

Das 2018 verhängte Werbeverbot für alkoholische Getränke in den Medien Litauens ist nur einer der vielen Gründe, die es den noch meist kleinen Craftbier Brauereien erschweren neue Konsumenten zu erreichen, denn damit entfällt einer der wichtigsten Kanäle, um neue Kunden zu akquirieren. Hintergrund für dieses Verbot ist der massive Alkoholkonsum in Litauen, denn der baltische Staat zählt zu den trinkfreudigsten Ländern weltweit mit einem durchschnittlichen pro Kopf Konsum von reinem Alkohol von rund 18,2 Litern jährlich. Dadurch sah sich die litauische Regierung gezwungen, die positive Darstellung von Alkohol aus den litauischen Medien zu verbannen, um den Alkoholkonsum der Bevölkerung zu minimieren.  Seither ist keine Bewerbung von Alkohol in Fernsehen, Printmedien oder über Social Media möglich. Vor allem in der jungen und modernen Craftbierszene, die viele ihrer Konsumenten über Social Media erreicht ein wahrer Nachteil gegenüber den internationalen Konkurrenten. Um so mehr freute sich der Botschafter, aber natürlich auch die Brauer selbst, über die Craftbier-Veranstaltung in Berlin.

Anschließend stellten sich die Brauereien selbst den Gästen vor und erzählten uns ihre Geschichte. Geschichten, wie die von Darius, der mit Innovation und vielen neuen Ideen, die in dritter Generation geführte Familienbrauerei Joalda dem heutigen Standard anpassen will, um somit auch international Exportieren zu können. Oder auch Augustinas Vegys der Brauerei Green Monster, dessen Leidenschaft für das Brauen seines Mango Milkshake APA, einem Milkshake Pale Ale Style Bier, schlägt. Mit dem Satz „Enough talking, we let our beers speak for themselves” eröffnen die Brauer ihr Tasting in der litauischen Botschaft. Über 30 Biere stehen den geladenen Gästen zum Probieren zur Verfügung. Herrliche Sours, kräftige Stouts aber auch ganz klassische IPAs finden wir auf den reichlich gefüllten Tischen. Und hinter jeder Flasche versteckt sich auch die passende Geschichte, die uns die Brauer liebend gerne erzählen.

 

Eine Auswahl der über 30 verschiedenen Biere aus Litauen.
(Foto: Judith Fretz)

Die Brauer aus Litauen waren sichtlich erfreut über die Chance ihre Biere auch dem deutschen Konsumenten vorstellen zu dürfen und so kam es zu vielen interessanten Gesprächen wie beispielsweise mit den Brauern der Kuro Aparatura. Simonas und Andrius überzeugen mit einer vielfältigen Auswahl an spannenden Bierkreationen und empfehlen uns vor allem ihr beliebtes Burbulosé. Denn der Geschmack des Cherry Sour Bière de Champagne fiel auch bei den internationalen World Beer Awards 2022 der Kommission positiv auf, woraufhin sie dem Burbulosé Bronze in der Kategorie Sauer- und Wilbiere verliehen. Das mit Kirschen aromatisierte und mit Champagnerhefe vergorene Sour, hält was es verspricht. Durch die dreifache Fermentierung des Cherry Sour Bière mit Bakterien, Bierhefe und Sekthefe entsteht eine dezente Champagnerfarbe und ein angenehm säuerlicher Geschmack. Durch die reichlich zugefügte Menge an Kirschen, entstehen sowohl Wein- als auch Beerennoten. Dank der Zugabe von Meersalz wird die Säure der Kirschen angenehm kontrolliert. 

Die Jungs der Brauerei Kuro Aparatura präsentieren den geladenen Gästen ihre Auswahl an Bieren.
(Foto: Judith Fretz)

Spannend waren auch die außergewöhnlichen Biere der Brauerei Dundulis. Die Philosophie der Brauerei ist eine enge Verbundenheit zur Natur, worauf Povilas Žukauskas, Inhaber der Brauerei, auch bei der Auswahl seiner Produkte achtet. Deshalb sammelt er ausgewählte Naturprodukte, wie lokale Kräuter, Blumen und Früchte und braut diese in sein Bier ein. Povilas ist der Meinung „Weniger ist mehr“. Er braut in seine Biere diverse Kräuter und Gewürze typisch für die baltische Region ein und lässt uns an seinen mitgebrachten Gläschen schnuppern. Von Birkenknospen über Holunderblüten bis hin zu Heublumen hat er alles dabei und erzählt uns von seiner Leidenschaft seinem Bier das Gewisse etwas zu verleihen. Das ist ihm auf jeden Fall gelungen, denn sein aromatisches Kita Puse oder auch das mit süß-säuerlichen litauischen Gartenkirschen aromatisierte Vysniokas, welches seinen intensiven Geschmack durch die lange Reifung in Eichenfässern entwickelt, hinterließen mächtig Eindruck bei den meisten Gästen. Besonders im Gedächtnis blieb uns aber sein aromatisches Birkenbier 31. Um den 31. Jahrestag der Republik Litauen gebührend zu feiern, braute die Dundulis Brauerei das Birkenbier 31: antiimperinis lietuviskas lageras, welches die Stimmung der ersten Jahre der Freiheit verkörpern soll. Das 31 wird mit einem erdig-blumigen Hopfen, der sich durch subtil ausgedrückte Bitterkeit auszeichnet und mit duftenden Birkenknospen gebraut. Die fruchtige, helle Malzwürze wird mit einer Lagerhefe aufgegossen und dann auf traditionelle Weise vergoren. Diese Methode gilt als typisch für die Brauart dieser Zeit. Es handelt sich dabei um eine authentische Methode der Fermentierung, wodurch ein wunderbar sanftes naturtrübes Bier entsteht.

Die litauische Bierszene bietet eine große Bandbreite an spannenden und handwerklich optimal gebrauten Bierspezialitäten und steht seinen internationalen Konkurrenten in nichts nach. Wünschenswert wäre es für die litauischen Brauer natürlich, dass die bisherigen Gründe, die ihnen den internationalen Verkauf erschwerten, nach und nach aus dem Weg geschafft werden, um endlich die Möglichkeit des europaweiten Exports zu vergrößern. Ein erster Schritt in die richtige Richtung zeigt sich auf jeden Fall durch das Interesse der litauischen Botschaft am Vorantreiben der eigenen Bierkultur im Ausland. Hoffen wir, dass die litauischen Bierkreationen künftig für uns nicht nur eine leckere Erfrischung im nächsten Urlaub in den baltischen Staaten bleiben, sondern vielleicht auch bald den Weg zu ins in die Regale finden – verdient hätten sie es allemal.