Urban Chestnut Deutschland

URBAN CHESTNUT BREWING COMPANY: Erster!

Nina Anika Klotz

Aus der Hallertau in die USA und jetzt wieder zurück: Florian Kuplent bringt mit der Urban Chestnut Brewing Company eine amerikanische Craft Brewery nach Deutschland – und zwar bevor Stone und Brooklyn Brewery da sind

Vor fünfzehn Jahren zog Florian Kuplent in die USA. Aus Liebe. Seine Frau ist Amerikanerin, sie bekam einen Job an der US-Ostküste, er, der Diplom-Ingenieur und Weihenstephan-Brauwesen-Absolvent aus Bayern, ging mit. Acht Jahre arbeitete er bei Anheuser-Busch, bis er sich 2010 gemeinsam mit seinem A-B-Kollegen selbstständig machte und die Urban Chestnut Brewing Company in Saint Louis, Missouri, gründete.

Die machte im letzten Jahr hier und da in der deutschen Craft Beer Szene von sich reden. Oft, weil sie eine der besten Berliner Weisse überhaupt braut. In St. Louis, Missouri, wohlgemerkt. Und, weil es Urbans Chestnut Biere mal im Berliner Hopfenreich gab, weil sie mal im Münchner Biervana im Regal standen, kurz, weil das amerikanische Bier immer mal wieder in Deutschland auftauchte. Man hätte also schon ahnen können, dass Florian Kurplent und seine Biere vielleicht so eine winzigkleines Heimweh plagt.

Und trotzdem war die Ankündigung Anfang 2015 dann doch überraschend, dass Urban Chestnut aus Saint Louis, Missouri, eine Brauerei in Wolnzach in der Hallertau gekauft hatte und dort bald Bier für den deutschen Craft Beer Markt brauen wird.

Wieso, weshalb, warum und mit welchen Hindernissen und Hürden erzählt der Brauer im Interview.

Urban Chestnut Deutschland

Urban Chestnut in Deutschland bald öfter frisch vom Hahn. (Foto: NAK)

Wie finden sie das denn in Wolnzach, dass im ehemaligen Bürgerbräu jetzt mit Urban Chestnut Deutschland „so eine amerikanische Brauerei braut“?

Wir hatten gestern eine Verkostung in Wolnzach, ich hatte da viele typisch amerikanische Biere dabei, ein IPA und einen Porter und so weiter. Und ich muss sagen, wenn man den Leuten etwas über diese Biere erzählt sind die meisten sehr offen diese zu probieren: Was machen wir anders, warum schmecken diese Biere anders, warum hat der Hopfen eine besondere Bedeutung und so weiter. Viele deutsche Biertrinker haben einfach noch nie von solchen Bieren gehört, oder diese getrunken. Ich glaube, die Leute haben Interesse, aber man muss ihnen diese Spezialbiere behutsam nahe bringen.

Trotzdem wolltest du mit einem eigenen Standort hierher.

Ja, ich beobachte die Entwicklungen der deutschen Craft Beer Szene schon seit einiger Zeit, ich war vor zwei Jahren auf der Braukunst Live, war in Berlin, habe mir verschiedene Sachen in München und Umgebung angeschaut und immer gedacht: Es wäre schon spannend da mitzuspielen. Vor einem Jahr haben wir angefangen, Urban Chestnut Bier nach Deutschland zu exportieren, in geringem Maße. Aber direkt hier zu brauen wäre noch besser.

Aber warum, wenn es doch hier noch so wenig Craft Beer Kenner gibt und du doch in den USA den ganzen gigantischen Craft Beer Markt hast, der Euch mit der Urban Chestnut Brewing Company offen steht?

Es stimmt, dass der deutsche Biermarkt nicht einfach ist, das sollte man auch nicht unterschätzen. Bierpreise und Margen in Deutschland sind schon traurig, wenn ich vergleiche, was wir in den USA dafür kriegen. Pfand ist ein Thema, das in den USA keine Rolle spielt, womit man sich Flaschenrücknahme und Flaschen waschen spart. Und auch in Sachen Finanzierung ist es einfacher, in den USA eine Brauerei zu gründen. Die deutschen Geldgeber sind etwas konservativer, ob das nun Banken sind oder private Investoren. Es ist nicht einfach, Geld für eine neue Brauerei zu bekommen. Natürlich sind auch die Marktbedingungen etwas anders, der Markt ist noch nicht so entwickelt, es hat sich noch nicht so bewiesen, dass das wirklich funktioniert. Aber auf der anderen Seite, habe ich das Gefühl, Deutschland ist heute da, wo die USA vor 15 Jahren waren. Es herrscht eine Art Aufbruchsstimmung, die Euphorie ist vergleichbar. Und da möchte ich dabei sein. Außerdem werden wir das Bier, das wir in Deutschland brauen, auch in die USA exportieren, zur Risikoabsicherung und weil unsere Verleger dort sehr interessiert daran sind, deutsches Bier von uns zu bekommen. Wir haben damit dann zwei Standbeine.

Urban Chestnut Berliner Weisse

Schön deutsches Bier: Das Urban Chestnut Ku’Damm ist eine gefeierte Berliner Weisse. (Foto: NAK)

Das heißt, ihr werdet bei Urban Chestnut Deutschland vor allem deutsche Biere brauen?

Ja, auch. Bei Urban Chestnut in den USA haben wir zwei Serien: Die „Revolution Series“ sind Biere, die ein bisschen experimenteller sind, mit ungewöhnlichen Zutaten, fassgereift, verschiedene Hefen und Hopfensorten kombiniert und so weiter. Die „Reverence Series“ sind eher klassische Biere. Das ist quasi die alte Welt, bayerische, tschechische, belgische Biere. Bei Urban Chestnut Deutschland werden wir passend dazu auch ein, zwei klassische, bayerische Biere machen. Darüber hinaus wollen wir aber auch hopfenbetontes brauen, etwa ein IPA oder ähnliches. Dazu planen wir außerdem saisonale Sachen und wenn davon etwas besonders gut läuft, kann man überlegen, es ins Sortiment aufzunehmen.

Wie kam es zu der Brauerei in Wolnzach?

Vor allem sehr schnell: Ich habe im Dezember 2014 gehört, dass Bürgerbräu schließt, bin dann in der ersten Januarwoche nach Deutschland geflogen, habe mit dem Insolvenzverwalter geredet, innerhalb von zwei Tagen ein Angebot abgegeben und der Rest ist Geschichte. Jetzt muss noch Papierkram erledigt werden, das Team vollständig und die eine oder andere Sache an den Geräten umgebaut werden, aber ab Mitte Mai, denke ich, werden wir brauen können.

Und damit hast du Greg Koch und der Brooklyn Brewery und allen anderen, die da in den Startlöchern stehen und den deutschen Craft Beer Markt tackeln wollen, eins ausgewischt, weil du einfach – zack – schneller warst.

Schaut so aus.

Heißt das, damit geht deine Zeit in den USA zu Ende, kehrst du nach Deutschland zurück?

Nein, ich werde schon in den USA bleiben. Ich lebe dort seit 15 Jahren, meine Frau ist Amerikanerin und wir haben zwei Kinder. Ich werde wohl eher alle zwei Monate einmal hierher kommen. Aber ich hoffe tatsächlich ein bisschen, dass meine Kinder so ein bisschen mehr von ihren deutschen Wurzeln mitkriegen, wenn wir dann vielleicht auch mal im Sommer alle zusammen etwas länger in der Hallertau sein können.

Urban Chestnut Deutschland

Was fehlt hier? Richtig: Bier! (Foto: NAK)

 

Auf einen Blick


Urban Chestnut Brewing Company

Florian Kuplent und David Wolfe, St. Louis, Missouri und Wolnzach, Bayern
in Mikrobrauer-Map anzeigen

Bekannteste Biere:

  • Urban Chestnut Zwickl
  • Ku'Damm (Berliner Weisse-Style)
  • Hopfen (Bavarian IPA)