MATT BRYNILDSON: Suche Pfirsich

Nina Anika Klotz

Matt Brynildson, Headbrewer bei Firestone Walker, war beim Hophunting im Yakima Valley in Washington. Brauer müssen nämlich einfach öfter mal raus aus dem Sudhaus, findet der Amerikaner

Firestone Walker

Man on a Mission: Matt Brynildson, Headbrewer von Firestone Walker

Matt Brynildson schnüffelt. Rubbelt. Schnüffelt wieder. Er geht zwei Schritte weiter. Schnüffelt. Rubbelt. Schnüffelt wieder. Und so vergeht ein ganzer Nachmittag im Yakima Valley.

Matt Brynildson, Headbrewer bei Firestone Walker in Kalifornien, Platz 16 der größten US-Craft Breweries, stiefelt durch das „Experimental Field“ der Yakima Golding Farms bei Toppenish in Washington. Es ist heiß, staubig und seine Schuhe sind ziemlich dreckig – aber das ist völlig egal, denn der Brauer ist auf einer Mission: Hopfen für seine Biere zu finden, mit dem vor ihm noch niemand gebraut hat. Weil er so neu ist. So neugezüchtet.

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Nichts als eine Nummer: Hopfenneuzüchtung auf dem Versuchsfeld der Golding Farm in Toppenish. (Foto: NAK)

An einem Ende des Versuchsfeldes ist jede einzelne Pflanze eine andere Sorte. Alle tragen Nummern statt Namen. Namen gibt es frühestens nach fünf Jahren, wenn sich die Neulinge bewährt haben und Brauer wie Matt Brynildson so einige gute Biere mit ihnen gebraut haben. Mosaic und Equinox haben hier, genau hier, vor Jahren als Nummern auf gelben Zettelchen angefangen, sagt Scott Garden, Technical Director des Hopfenanbau- und Handelsunternehmens Haas, Teil der deutschen Barth-Haas-Group.

Gemeinsam mit der Barth-Haas Group hat Marc Rauschmann, Braumeister und Kopf von Braufactum, eine Reise zur Hopfenernte in das Yakima Valley organisiert, das zweitgrößte Hopfenanbaugebiet der Welt und die Gegend, aus der die „Craft Beer Hopfen“, also Aromasorten wie Cascade, Citra, Chinook und so weiter stammen. Mit ihm unterwegs sind Aficionados, Hopfenprofessionals und Brauer. Brauer wie Matt Brynildson, der seit einer guten dreiviertel Stunde nun schon Dolden zwischen seinen Händen zerreibt und schnüffelt. „I get some pineapple here“, sagt er und krümelt hellgrüne Hopfenblätter auf den staubtrockenen Boden des Yakima Valley.

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Und ringsherum Wüste, Halbwüste, um genau zu sein: das Yakima Valley, WA. (Foto: NAK)

Und, schon was Interessantes gefunden?

Schon, aber es ist hart, von dem ausgehend, wie der Hopfen auf dem Feld riecht, zu sagen, wie er im Bier schmeckt. Dieses Versuchsfeld ist schon der Hammer, so viele Hopfen, die man sonst einfach nie in die Finger bekommt. Das ist schon sehr aufregend.

Suchst du denn etwas bestimmtes, ein konkretes Aroma zum Beispiel?

Ich weiß gar nicht genau warum, aber zur Zeit bin ich sehr auf Pfirsich. Wobei ich aber natürlich in erster Linie immer nach Hopfen suche, die einzigartig sind und mit denen wir Biere brauen können, die uns von den anderen unterscheiden.

Hier in den USA sind Fruit-IPAs ja ganz en vogue, Pfirsich könntest du ja auch einfach mit Pfirsichen in dein Bier kriegen.

Davon halte ich nicht viel. Das ist mir irgendwie zu einfach. Ich finde es eine größere Herausforderung, genau den Hopfen oder die Hopfenkomposition zu finden, mit der man das entsprechende Aroma erreicht. Aber das ist nur die Meinung eines einzelnen Brauer und jeder Brauer hat da seine eigene Meinung dazu. Grundsätzlich, fürchte ich, wird die Fruitbeere-Geschichte zumindest hierzulande eher zunehmen. Auch mein Boss drängt mich, so etwas zu machen, aber bisher konnte ich mich erfolgreich wehren.

Erlebt man auch Enttäuschungen, wenn man einen neuen Hopfen auf dem Feld riecht und mag, der sich im Bier dann aber gar nicht macht?

Wie der Hopfen sich im Bier macht, hängt in erster Linie davon ab, wie bzw. wann man ihn einsetzt. Wenn man ihn schon im Sudhaus verwendet, ihn also zur heißen Würze gibt, verändert sich sein Aroma sehr im Vergleich zu dem, was man auf dem Feld gerochen hat. Wenn man einen Hopfen aber zum Stopfen verwendet, kommt das, was man im frischen Hopfen riecht, schon eher auch im fertigen Bier zum Tragen. Da kann man Heureka-Momente erleben. Oder auch Enttäuschungen. Das ist aber ist nicht nur bei neuen Sorten so, das kann einem auch mit einem neuen Jahrgang einer bekannten Sorte passieren.

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Wie die wohl im Bier schmecken? (Foto: NAK)

Weil die Ernten sich von Jahr zu Jahr unterscheiden?

Ja, das ist einfach so. Ich glaube deshalb auch, dass es wichtig ist, seine Bierrezepte so zu gestalten, dass man unterschiedliche Hopfensorten verwenden kann, ohne dass die ganze Charakteristik des Bieres verloren geht. Single Hop Biere waren in der Vergangenheit der letzte Schrei, und sind eigentlich auch eine tolle Sache. Zumindest für den Konsumenten. Der lernt so überhaupt erst unterschiedliche Hopfensorten kennen. Ähnlich wie bei Reben im Wein bringt er bestimmte Aromen mit einzelnen Sorten in Verbindung. Da sagt der Kunde ja schon lange: Ich mag tropische oder florale Noten und genau deshalb entscheide ich mit für einen Sauvignon Blanc und nicht einfach für einen Weißwein. Aus der Sicht eines Brauers sind Hopfen-Mischungen aber einfach besser. Man kann konsistentere Bier machen. Und sich künstlerisch besser ausleben.

Du fährst also nicht nur wegen den neuen Sorten zur Hopfenernte.

Nein. Früher haben wir Brauer unsere Hopfen jedes Jahr mehr oder weniger aus dem Katalog bestellt. Name, Preis, Order. Aber irgendwie hatte ich das Gefühl, dass das zu wenig ist, dass wir da ein bisschen tiefer einsteigen sollten.

Und deshalb fährst du ins Yakima Valley?

Nicht nur dahin. Letztes Jahr war ich auch zur Ernte in der Hallertau. Wir machen ein Bier namens Easy Jack, ein Session IPA, mit Hüll Melon und Mandarina Bavaria, und deshalb dachte ich, schulde ich den deutschen Bauern einen Besuch.

Und wie fanden die das, wenn da der amerikanische Brauer kommt?

Gut! Ich habe natürlich allen auch Bier mitgebracht – um Vorurteilen über amerikanische Biere entgegen zu wirken. Aber auch abgesehen davon haben sich alle über den Besuch gefreut, glaube ich. Denn viele deutsche Hopfenpflanzer sagen, dass sie sehr selten direkt mit Brauern zu tun haben. Und eigentlich ist das ja schade.

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Die könnten’s sein: Dolle Dolden im Yakima Valley. (Foto: NAK)