Lichtgeschmack Titel

BIERFEHLER: Lichtgeschmack

Thomas Redders

Lichtgeschmack, wer kennt’s nicht? Einmal die Zunge in die Sonne strecken, schon umspielt euch dieser typische Geschmack. Natürlich nicht! Die Sonne in Berlin schmeckt ganz anders, als die am Bodensee. Aber mal im Ernst: Was hat Lichtgeschmack mit Bier zu tun? Licht kann im Bier ein als Lichtgeschmack bekanntes Aroma erzeugen: das skunky flavor. Stinktier. Schwefel. 3-Methyl-2-buten-1-thiol. Und das ist eine uralte Nummer. Schon 1875 hat Prof. Dr. Carl Lintner den Lichtgeschmack erstmals beschrieben.

Was ist Licht eigentlich?

Licht ist der für uns Menschen der ziemlich kleine sichtbare Teil der elektromagnetischen Strahlung. Dieses Licht kann in Wellenlängen aufgeteilt werde. Jede Wellenlänge des sichtbaren Lichts hat eine andere Farbe. Für den Lichtgeschmack ist vor allem das Licht zwischen 350 und 500 nm verantwortlich.

Lichtgeschmack Licht

Der Mensch sieht das Licht ungefähr in einer Wellenlänge von 380 bis 780 nm. (Grafik: Wikipedia: Electromagnetic spectrum with light highlighted.)

Wie entsteht der Lichtgeschmack im Bier?

Also, erstmal muss klar gestellt werden, dass es nicht DEN Lichtgeschmack gibt. Licht kann viele Aromen erzeugen. Fast immer aber – so auch in diesem Artikel – steht Lichtgeschmack im Zusammenhang mit Bier für das Aroma von 3-Methyl-2-buten-1-thiol (MBT), da dies einen extrem niedrigen Geschmacksschwellenwert von nur etwa 4 Nanogramm pro Liter hat.

Da der Lichtgeschmack in ungehopften Bieren nicht auftritt, hat man schon früh festgestellt, dass da ein Zusammenhang mit dem Hopfen bestehen muss. Konkreter noch, mit den Isohumulonen (Iso-Alpha-Säuren). Ebenfalls hat man festgestellt, dass Riboflavin (besser bekannt als Vitamin B2) eine Rolle spielt.

Die „einfachere“ Erklärung, wie es zu MBT kommt ist die folgende: Isohumulonen werden unter Einfluss von einem Teil des sichtbaren Licht und unter UV-Einfluss (350 bis 500 nm) mit tatkräftiger Unterstützung durch das angeregte Riboflavin zu MBT umgewandelt. Die Wellenlänge zwischen 350 und 500 nm ist deshalb besonders gefährlich für den Biergeschmack, da das Riboflavin hier in den für den Prozess ausschlaggebenden angeregten Triplett-Zustand kommt. Die kompliziertere und natürlich viel detailliertere Erklärung würde hier den Rahmen sprengen. Hier trotzdem ein Bild davon:

Lichtgeschmack pathway

Der etwas kompliziertere Weg vom Isohumulon zum MBT. (Grafik: De Keukeleire et al.: Beer Lightstruck Flavor: The Full Story.)

Die Flasche

Wisst ihr, wie man erkennt, ob in der Brauerei die Marketingabteilung mächtiger ist als der Brauer? An der farblosen Bierflasche! Und an der grünen! Und an der blauen! Warum? Wegen des Lichtgeschmacks. Während braune Flaschen das sichtbare Licht bis 500 nm noch gut absorbieren, kann es durch farblose Flaschen einfach durchdringen. Und auch grüne Flaschen sind nicht wirklich gut. Sie absorbieren zwar Licht bis ungefähr 400 nm, aber der besonders energiereiche Teil (das blaue Licht zwischen 400 und 500 nm) kann auch grünes Glas durchdringen. Ähnlich, aber noch etwas stärker ist es bei blauen Flaschen.

Lichtgeschmack Flaschenfarbe

Braune Flaschen weisen das Licht im relevanten Bereich besser ab! (Grafik: Sturgeon, B. E.: Light Absorption by Various Beer Bottle Glass.)

Jetzt habt ihr auch eine Erklärung dafür, warum gerade besonders hopfige Biere gerne in Dosen gefüllt werden.

Niemand will ein Stinktier-Bier

Es gibt eine ganze Reihe von chemischen Methoden, Lichtgeschmack zu verhindern, die aber fast alle teuer, nicht „natürlich“ und nicht reinheitsgebotsgetreu sind. Man kann zum Beispiel die Iso-Alpha-Säuren reduzieren – die reduzierte Form ist lichtstabiler – oder Inhibitoren wie bestimmte Polyphenole oder Tryptophan hinzufügen. Die einfachsten und besten Methoden zur Vermeidung von Lichtgeschmack, kann aber jede und jeder einfach Zuhause beachten:

  • Dunkel lagern
  • Braune Flaschen kaufen
  • Dosen kaufen
  • lieber die Kiste aus der Mitte der Palette nehmen

Das alles ist natürlich nur dann wirklich sinnvoll, wenn die Marketingabteilung nicht schon alles verbockt hat.


Dieser Artikel ist Teil unserer Serie „Bierfehler – Wenn’s mal daneben geht“.
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